Kolumne: Totschlagargumente zum Ersten!
 
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Kolumne: Totschlagargumente zum Ersten!

Autor: Holger M. Pohl

 

Wie ich hier und dort schon mal sagte, die Welt ist größer als die Phantastik. Es gibt nicht nur Foren und Blogs, sondern auch Social Networks, in denen meiner einer sich herumtreibt. Facebook etwa. Doch gleichgültig, ob Forum, Blog oder Social Network, ich begegne immer wieder herrlichen Totschlagargumenten, die mich sprachlos machen. Nein, nicht weil ich nichts dazu zu sagen hätte, sondern weil ich einfach sprachlos bin.

 

So ein Satz ist etwa: “Ich liefere etwas für wenig Geld (oder manchmal auch umsonst) und dafür darf es von minderwertiger oder schlechter Qualität sein!”

 

Schauder und Sorry, aber so ein Satz lässt die Nackenhaare des ernsthaften Autors in mir zu Berge stehen! Denn wenn man ihn interpretiert, sagt er das Folgende: Warum soll ich mir großartig Mühe geben, ich gebe es ja eh günstig oder umsonst her? Der Leser bezahlt wenig oder sogar nichts, also soll er sich doch nicht so haben!

Qualität hat ihren Preis oder im Umkehrschluss: Was keinen Preis hat, hat keine Qualität und darf fehlerhaft sein.

Entschuldigung, aber sind wir Autoren, ob professionell oder nicht, uns nicht ein ganz klein wenig mehr wert? Können wir für unsere Leser nicht ein ganz klein wenig mehr an Respekt erübrigen? Oder anders gesagt: Was sind das für Autorinnen oder Autoren, die ein derartiges Selbstverständnis von ihrer Arbeit und dem Respekt gegenüber Lesern haben?

 

Wenn man diese Einstellung kritisiert, dann windet einem auch schon das nächste Totschlagargument entgegen: “Aber es geht doch um die Geschichte, wenn die stimmt, dann darf man die Fehler nicht so eng sehen.”

 

Ja, es geht um die Geschichte, doch es geht auch um die Art, wie sie erzählt wird, und um die Weise, wie sie transportiert wird. Man kann das eine nicht vom anderen trennen, auch wenn manche davon träumen. Ein Autor, der etwas auf sich hält, will nicht nur eine gute Geschichte gut erzählen; nein, er will (oder sollte das zumindest wollen) dies auch in der bestmöglichen handwerklichen Qualität tun. Selbst dann, wenn es noch gar nicht ans Veröffentlichen geht, sondern zunächst einmal nur um eine Leseprobe, die er der lesenden Öffentlichkeit hinwirft.

Er möchte zeigen, dass er sein Handwerkszeug beherrscht. Und das ist nun einmal (sofern man originär in Deutsch schreibt) die deutsche Sprache in Schrift. Rechtschreibung und Grammatik sind ein Teil, ein anderer Teil ist der Stil. Wer sich als Autor an dieser Stelle generell Fehler zugesteht - und ich rede jetzt nicht von dem einen oder anderen Fehler, der immer wieder vorkommt (auch ihn diesem Text werden Fehler sein) - in der Form, dass das nicht so schlimm ist, weil ja die Geschichte zählt, der hat als Autor seinen Beruf oder auch sein Hobby verfehlt. Meine unbescheidene aber harte Meinung.

 

Doch schon steht das nächste Totschlagargument bereit: “Aber dazu ist doch der Lektor da, um meine Rechtschreibung und Grammatik zu korrigieren!”

 

Nun, einmal davon abgesehen, dass das zeigt, dass der Verfasser nur eine geringe Ahnung davon hat, wer im Verlauf des Schreibprozesses bis hin zu einer Veröffentlichung was macht (und irgendwie passt das zum Bild: Ich habe keine Ahnung wie man schreibt, aber ich schreibe.) und Lektorat mit Korrektorat verwechselt, ist das eine sehr hanebüchene Einstellung.

Autoren sind Künstler (Ja, doch, sind wir!). So wie etwa Komponisten, Drehbuchschreiber oder Maler. Erwartet man aber von einem Produzenten, dass er eine handwerklich miserable Komposition verbessert, ehe er sie einem Musiker gibt? Erwartet man von einem Galeristen, dass er ein handwerklich miserables Bild verbessert, ehe er es in seiner Galerie ausstellt? Erwartet man von einem Regisseur, dass er ein handwerklich miserables Drehbuch verbessert, ehe er sich daran macht, sich über die Verfilmung Gedanken zu machen? Doch wohl eher nicht.

Warum erwartet also ein Autor, dass ein Lektor sein handwerklich miserables Manuskript verbessert, ehe er sich daran macht, die Geschichte zu verbessern?

Ja, auch ein Produzent oder ein Regisseur werden vielleicht kleine Mängel verbessern (ein Galerist eher weniger). Die Betonung hierbei liegt auf Kleine! Sie werden aber weder die ganze Komposition noch das ganze Drehbuch umschreiben, wenn es einfach eines ist: handwerklicher Müll!

Weshalb also sollte das ein Lektor tun? Warum sollte der Lektor für den Autor das Buch schreiben?

 

Wobei man sich ja den erst einmal leisten wollen sollte, denn …“Ich würde mir ja einen Lektor oder Korrektor gerne leisten, aber ich muss doch erst das Buch veröffentlichen, damit ich Geld habe!”

 

Ja, es ist schon ein Kreuz mit diesem schnöden Mammon. Hätte man, dann würde man ja, aber weil man nicht hat, kann man nicht. Aber veröffentlichen tut man dann trotzdem (und hier sind wir über die Weiche auf das Selbstveröffentlichungsgleis).

Ein Autor, der bei einem Verlag veröffentlicht, ist nur in sehr, sehr geringem Umfang Unternehmer. Ein SP ist das in sehr viel größerem Ausmaß. Und jeder Unternehmer weiß: man muss erst investieren, ehe es ans verdienen geht. Lektorat und Korrektorat sind solche Investitionen. Spart man sich diese, dann spart man am falschen Ende. Denn glaubt mir: der Leser ist nicht ganz so tolerant wie man gemeinhin denkt. Und mit Leser meine ich nun jene, die für das Werk Geld ausgeben sollen. Ich meine damit nicht die Leser, die aus dem Umkreis des Autors kommen und alles gut und toll finden, was der Verfasser so verfasst, selbst wenn es leere Seiten wären. Wer Geld für etwas ausgibt, der will dafür eine Gegenleistung.

 

Und damit schließt sich der Kreis: “Wenn etwas günstig oder umsonst ist, dann darf es Fehler haben!”

 

Das Gesamtpaket ist entscheidend. Oder, weil wir Autoren uns zu Recht auch als Künstler sehen, das Gesamtbild. Dabei spielt es keine Rolle, was wir schreiben; ob wir Prosa oder Lyrik verfassen; ob wir so genannte hohe Literatur oder einfach nur triviale Unterhaltungsliteratur schreiben (wollen); ob wir eine Kurzgeschichte oder einen Roman aus der Tastatur fließen lassen. All das spielt keine Rolle. Es zählt das Gesamtbild unseres Schaffens. Sich hier von vorneherein Fehler zuzugestehen und dies mit einem “Ist ja günstig, daher darf es Fehler haben” abzutun, lässt mich wirklich zutiefst am Selbstverständnis eines Autors zweifeln. Oder an der Ernsthaftigkeit. Auch wenn es nur ein Hobbyautor ist. Betreibt er das als Hobby für sich daheim und die Leser rekrutieren sich aus dem Verwandten- und Freundeskreis und die Sache bleibt im heimeligen Kämmerlein, dann ist es mir egal. Wenn aber dieses Werk das Licht der lesenden Öffentlichkeit erblickt, dann ist es mir nicht mehr egal. Oder doch, denn ich lese es nicht. Mag es auch noch so günstig sein (oder gar umsonst). Ich lese nun einmal gerne Bücher, bei denen ich nicht mit dem Rotstift hantieren muss, weil ich ab dem ersten Satz erkenne, dass der Verfasser sein Handwerkszeug nicht beherrscht. Ich möchte eine Geschichte von Anfang an entdecken und nicht erst, nachdem ich den Fehlermüll beiseite geräumt und mir zusammengereimt habe, wie das nun alles so gemeint ist, was sich zwischen Fehlerbergen versteckt. Und manchmal schlage ich dann Leseproben einfach zu. Es lohnt sich nicht, sie mit Argumenten tot zu schlagen …

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Erstellt: 06.04.2014, zuletzt aktualisiert: 26.06.2022 18:51, 13496