Kolumne: Und die Moral von der Geschicht' ...
 
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Kolumne: Und die Moral von der Geschicht' ...

Autor: Holger M. Pohl

 

Manchmal denke ich, es gibt Dinge, die gibt’s gar nicht. Nur um dann festzustellen, es gibt sie doch. Manche überraschen mich, manche verärgern mich … es existieren da viele Nuancen und Schattierungen. Manche amüsieren mich einfach auch nur. Und nicht nur mich alleine.

 

Bekanntermaßen bin ich allem gewogen, was die Phantastik vorwärts bringt. Wobei die Betonung auf vorwärts liegt. Von daher ist gegen ein gutes SP oder Indie-Buch nichts einzuwenden. Dass ich sie nicht lese, das hat andere Gründe. Unter anderem den, dass ich bislang noch erfolgreich um E-Books herumgekommen bin. Aber nun erscheint ja nicht alles, was nach Phantastik aussieht, ausschließlich als E-Books. Manches … sehr vieles erscheint als Print. Ich könnte es also lesen. Aber ich kann nicht alles im Leben lesen, selbst wenn ich mein Leben lang nichts anderes tun würde als lesen. Also muss ich die Spreu irgendwie vom Weizen trennen. Und Spreu ist für mich auf alle Fälle alles und zu jeder Zeit, was bei Verlagen erscheint, die man ungestraft Pseudo-Verlage nennen darf. Und so wenig, wie ich etwas aus diesen Häusern lese, so wenig werde ich dort etwas veröffentlichen.

 

Aber nehmen wir einmal an … stellen wir uns einfach einmal vor … lassen wir unserer Phantasie freien Lauf … ich in meinem jugendlichen Leichtsinn wäre doch auf einen dieser Verlage hereingefallen. Kann ja passieren und Alter schützt vor Torheit nicht. Nun, man könnte mir vorwerfen, ich hätte ja vorher recherchieren können. Erfahrungsberichte über DKZV gibt es wie Sand am Meer. Das Dumme ist nur, dass mir die Taste mit der Aufschrift Recherche noch unbekannt war. Und in vielerlei Hinsicht auch noch unbekannt ist. Sonst … aber das ist schon wieder eine andere Geschichte. Jedenfalls bemühen wir doch einfach mal unsere Phantasie und stellen uns vor, ich hätte in einem solchen Verlag veröffentlicht. Und wundere mich nun, warum trotz aller himmelblauen Versprechungen des Verlages nichts geht. Niemand will mein Buch haben. Am Thema kann es sicher nicht liegen.

 

Es kann auch nicht an meinem Schreibstil liegen, denn der ist perfekt! Für die Fehler im Buch kann ich nichts, die hat der Verlag einfach nicht korrigiert. Wobei mir einfällt: Hatte ich das Korrekturpaket überhaupt gebucht? Egal! Ich jedenfalls kann nichts dafür! Und für den horrenden Preis, den der für mein Buch - oder Büchlein - berappen soll, kann ich auch nichts. Oder ist es meine Schuld, wenn den Leser eine Seite meines Buches mehr als 1,6 Cent kostet? Den Preis mache doch nicht ich, den hat der Verlag gemacht! Nun ja, hätte ich mich vorher erkundigt - oder meinen Vertrag gelesen - dann … aber ich habe nicht, weil der Verlag mir so tolle Dinge versprochen hat! Und recherchieren … aber das hatten wir schon. Aber ich habe und finde immer eine Ausrede … oder sage gar nichts … oder lösche irgendwelche Dinge, die mir nicht gefallen.

 

Aus Frust, weil nichts geht und ich einfach nichts verkaufe, gründe ich eine Facebook-Gruppe. Anderen soll es nicht so gehen wie mir, darum dürfen sie dort einfach ihre unveröffentlichten Geschichten abladen und kommentieren lassen. Ich stehe dann immer mit knappem Rat und wenig Tat zur Seite. Und warne natürlich vehement vor DKZV im Allgemeinen und meinem Verlag im Besonderen. Ich bin ja ein hilfreicher Mensch - einerseits!

Aber da war noch was, da war noch was …? Ah ja! Mein Buch verkauft sich dadurch natürlich trotzdem nicht besser. Und Werbung darf ich in meiner ersten Gruppe ja keine machen. Was also tun?

 

Andererseits … was für Faust galt, muss doch für mich auch gelten! So die Sache mit den zwei Seelen, meine ich. Ich werfe nämlich einfach meine Moral über Bord ... oder übergebe sie meiner anderen Seele! Ich gründe eine zweite Gruppe, in der jeder sein Buch bewerben kann, wie er will. Und ich natürlich auch meines! Yeah, that’s it! Ich schlage damit zwei Fliegen mit einem Buch: Einerseits schimpfe ich in der ersten Gruppe über meinen Verlag, der so ganz fürchterlich böse ist und überhaupt und sowieso! Damit werde ich meiner innersten Pflicht gerecht und warne junge AutorInnen wie mich vor solch üblen Pseudo-Verlagen! In meiner zweiten Gruppe wiederum bewerbe ich mein Buch, denn da darf ich werben, egal für was, egal woher. Hauptsache geworben! Und zwar so oft es irgendwie geht. Wen interessiert das bisschen Doppelmoral?

 

Dass ein Autor sein Buch bewirbt ist legitim. Ich gestehe auch einem DKZV-Autor zu, dass er sein Buch bewirbt. Aber einerseits gegen diesen DKZV zu wettern; ihn bei jeder sich bietenden Gelegenheit an die Wand zu klatschen; vor ihm zu warnen und ihn schlecht zu machen … aber andererseits mein dort entstandenes Machwerk zu bewerben … das ist für mich einfach Doppelmoral und Heuchelei! Man könnte es auch mangelndes Ehrgefühl nennen. Meine Ehre als Autor würde es mir einfach verbieten, für dieses Buch und damit den Verlag auch noch zu werben. Entweder ich mache das eine oder ich mache das andere, aber nicht beides: meinen Verlag beschimpfen und ihn gleichzeitig bewerben. Aber wenn ich schon keine eindeutige Moral habe, warum sollte ich dann so etwas wie Ehrgefühl haben?

 

Was das ganze nun mit Phantastik zu tun hat? Es zeigt sich eben wieder einmal, dass die amüsantesten Geschichten das Leben selbst schreibt. Und das ist doch phantastisch, oder? Die Frage ist eben nur, ob das die Phantastik vorwärts bringt. Das beworbene Buch tut das auf alle Fälle nicht. Aber zumindest der Preis ist phantastisch. Oder Horror. Aber das ist auch Phantastik!

 

Ich bin gespannt, welche phantastischen Geschichten ich noch erleben darf. Vorsichtshalber habe ich aber meinen Sonderbeauftragten mit der Sache betraut. Er hält mich auf dem Laufenden!

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Kolumne

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240418084811dc2bad4c
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Erstellt: 18.02.2015, zuletzt aktualisiert: 26.06.2022 18:51, 13847