Krabat von Otfried Preußler (Hörspiel)
 
Zurück zur Startseite


  Platzhalter

Krabat von Otfried Preußler

Hörspiel

Rezension von Oliver Kotowski


Rezension:

Krabat ist ein Waisenjunge von etwa elf Jahren, der mit zwei weiteren Jungen während des Dreißigjährigen Krieges im Kurfürstentum Sachsen betteln geht. In den Nächten um die Weihnachtszeit herum träumt Krabat davon, dass ihn eine seltsame Stimme zur Mühle bei Schwarzkollm ruft. Diese Stimme ist so verlockend, dass Krabat heimlich hingeht. Dort fragt ihn ein düsterer Mühlmeister, ob er ihn das Müllern – oder auch alles andere lehren solle; Krabat erahnt, dass er einen Meister der Schwarzen Magie vor sich hat, und will sein Schüler sein. Zunächst ist das Leben auf der Mühle für den Jungen sehr schwer – er muss pausenlos schwere Säcke schleppen, aus geschlossenen Räumen den Mehlstaub fegen und dergleichen mehr. Und stets ist der Meister unzufrieden. Zum Glück für Krabat ist da der Altgeselle Tonda, der mit kleinen Zaubern Krabat unterstützt: Eine kleine heimlich gemurmelte Formel und der Staub ist fort oder die Säcke wiegen nicht mehr als eine Feder. Zu Ostern wird Krabat schließlich in die Bruderschaft aufgenommen – von da an geht ihm die Arbeit in der Mühle immer leicht von der Hand, und er lernt aufregende Zauberformeln. Doch Tonda wirkt häufig traurig und mahnt gelegentlich zur Vorsicht: Nicht alles in der Mühle geht ohne Schaden ab. Und es gibt auch manches Rätsel zu lösen – was etwa ist aus Krabats Vorgänger geworden? Warum will der Meister nicht, dass Fragen gestellt werden? Nach und nach lernt Krabat die finsteren Seiten des Lebens in der Mühle kennen.

 

Krabat ist natürlich die (schon 2010 erschienene) Hörspielfassung des gleichnamigen Romans von Otfried Preußler, der zuletzt 2008 verfilmt wurde. Dabei handelt es sich im Kern um eine Entwicklungsgeschichte oder genauer gesagt: einem Abschnitt einer Entwicklungsgeschichte (denn die Geschichte ist eher novellenhaft). Es geht um den Jungen Krabat, einen Waisen, der seinen Pflegeeltern davon gelaufen war, dann ziellos und bettelnd durchs Land zieht, beim Meister aber einen Platz angeboten bekommt: Der Meister bietet Krabat große Macht an, doch diese erfordert einen hohen Preis – Krabats Seele, die sich in der Freundschaft zu Tonda und anderen Mühlburschen und später in der Liebe zur unbekannten Kantorka manifestiert.

Verknüpft ist dieser Plot mit den Spannungsquellen der Wunder- und der Rätselgeschichte. Natürlich wirken Meister und Schüler gelegentlich Magie, die sich vor allem aus dem (ost-)deutschen und sorbischen Sagenschatz speist. Hinzu kommen die Rätsel, die um den Meister und die schwarze Mühle kreisen.

Ein großes Lob ist Judith Ruyters auszusprechen, die sich für die Dramaturgie verantwortlich zeichnet: Der Plotfluss hat stets die richtige Geschwindigkeit, niemals gibt es eine Länge, niemals wirkt etwas überhastet – es ist schlicht perfekt.

 

Die Zahl der Sprecher ist für ein Hörspiel dieser Länge relativ klein – das Booklet verzeichnet fünfundzwanzig Namen. Dabei übernehmen zwei Sprecher zwei Rollen, was allerdings ob der Kürze der Rollen und der Länge der zwischen den Auftritten vergehenden Zeit nicht auffällt. Wie bei Radio-Produktionen nicht unüblich, wurde bei den Sprechern vielfach auf Schauspieler zurückgegriffen – viele von ihnen sind mir als Hörspielsprecher nicht geläufig. Zentral ist Max(imilian) Mauff, der Krabat seine Stimme verleiht. Als Schauspieler hat er es bei IMDb zu vierunddreißig Einträgen gebracht, von denen der bekannteste wohl Die Welle ist; als Hörspielsprecher ist er mir nur in zwei weiteren WDR-Produktionen bekannt, doch seine Sache macht er auch so sehr gut. Am besten gefallen hat mir die Interpretation Krabats Gegenspieler, der Meister, der von Michael Mendl eingesprochen wurde. Mendl ist wiederum eher als Schauspieler bekannt – etwa als Knacki Viktor Czernetzky in 14 Tage lebenslänglich oder als Bundeskanzler Willy Brandt in Im Schatten der Macht – doch ein paar Hörspiele hat er auch vorzuweisen: Der Novembermann, zwei Folgen der Petra-Delicado-und-Fermín-Garzón-Serie oder Räuber Hotzenplotz. Der Sprecher des Altgesellen Tonda ist Wanja Mues; sein bisheriger Höhepunkt wird wohl die Rolle in Roman Polanskis Der Pianist sein, doch in Deutschland ist er vermutlich bekannter für seine Auftritte in Krimi-Serien wie Tatort. Als Hörspielsprecher ist er mir nicht bekannt. Nic(olas) Romm spricht den trottelig auftretenden Juro; Romm ist wohl am bekanntesten aus Michael "Bully" Herbigs Wickie und die Starken Männer, und ein weiteres seiner (bei Phantastik-Freunden) bekannteren Werke ist der Vampirfilm Wir sind die Nacht. Zudem hat er an einigen WDR-Hörspielen mitgewirkt, wie etwa der Vertonung von Mark Z. Danielewski genialem Das Haus. Auch wenn zum Namen Laura Maire stets die Rolle der Jule Thüroff aus der TV-Serie Verdammt verliebt genannt wird, ist sie auch in puncto Hörspiel keine Unbekannte: Man kann sie aus dem ausgezeichnetem SWR-Hörspiel Das Gespenst von Canterville oder als Pippi Langstrumpf aus der gleichnamigen Reihe von Oetinger Audio kennen. Doch auch die hier Ungenannten bieten eine gute Performanz – hinsichtlich der Sprecherriege gibt es keinerlei Grund zum Klagen.

 

Die Inszenierung ist zurückhaltend modern. Es gibt im engeren Sinne keinen Erzähler, allerdings übernimmt Mauff mit der Figur des Krabat bisweilen dessen Funktion – hier ist der Regie ein großes Lob auszusprechen, denn das Verhältnis von Figurenrede und Erzähltext (in Krabats Rede verpackt) passt perfekt. Die Geräusche sind relativ dicht, aber stets treffend gesetzt; sie werden gelegentlich dramaturgisch (so zeigen ein Klopfen und Knarzen das Eintreten in die Mühle an), zumeist aber untermalend verwendet. Die Musik ist orchestral, meistenteils spielt aber ein Instrument zurzeit, wobei düstere und klagende Töne dominieren. Hinsichtlich der Tonschichten wird selten über zwei oder drei hinausgegangen; dabei gibt es interessante Effekte: Etwa wenn nur ein Stürmen und eine traurige Harfe zu hören sind, dann erzeugt dieses eine eigenartige Stimmung von Einsamkeit. Auch hier gilt: Die Inszenierung von Krabat ist wunderbar gelungen.

 

Fazit:

Der Betteljunge Krabat gelangt zur Schwarzen Mühle und beginnt beim Müller die Zauberei zu lernen – doch diese fordert einen hohen Preis. Krabat ist im Kern eine Entwicklungsgeschichte, die jedoch sehr geschickt mit Elementen der Abenteuer-, Rätsel- und Wundergeschichte angereichert ist. Handwerklich gilt überdies, dass es ein wahres Meisterstück ist. Sehr fein wird die Balance zwischen Zugänglichkeit und Anspruch gewahrt: So wird Krabat zu einem Kinderhörspiel, bei dem sich Erwachsene nie langweilen müssen. Großartige Leistung!

 

Nach oben

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024032820034836903f84
Platzhalter

Hörspiel:

Krabat

Autor: Otfried Preußler

Regie: Angeli Backhausen

Produktion: Westdeutscher Rundfunk

Label: DAV Hörspiel

Erschienen: November 2010

Umfang: 3 CDs, ca. 180 min

ASIN: 3862310183

Erhältlich bei: Amazon

 

Sprecher (Auswahl):

Max Mauff

Michael Mendl

Wanja Mues

Nic Romm

Laura Maire

 


Platzhalter
Platzhalter
Erstellt: 08.01.2012, zuletzt aktualisiert: 24.03.2024 10:01, 12312