Im Vorgespräch zur Lesung erklärte Niklas dieses Wunder an Kontinuität auf überraschende Weise: Karlas Roman war eher fertig, sodass er ihr die perfekte Übergabe schreiben konnte.
Alle Werke aus der »D9E«-Reihe lagen auf einem exklusiven Büchertisch aus und durften auch käuflich erworben werden. Immerhin ist die Reihe inzwischen bei Band 11 angelangt und nimmt somit schon etwas Platz in Regal und Buchhandel ein. Von Niklas, dem technischen Guru der Reihe, stammen allein schon drei Romane.
Der Hannoveraner litt zunächst unter Kopfschmerzen, verbarg diese jedoch professionell, zumal das Otherland seine Star-Gäste auch gleich für ein Zusatzfeature einband. Sie mussten kurz zwei Buchempfehlungen in eine Kamera sprechen.
Das Otherland will nämlich im Juli, parallel zum Start von TOR-Deutschland, einen eigenen Youtube-Channel releasen und sammelt dafür bereits fleißig Beiträge.
Sachkundige Vorstellung durch Simon Weinert und Jakob Schmidt
Jakob erklärte kurz das Konzept der Shared Universe Serie »Die Neunte Expansion«.
Hochkonzentrierte D9E-Power
Dann durfte auch schon Niklas starten.
Er las die ersten sechs Seiten (nach dem »Was bisher geschah …«).
Dabei beleuchtet er eine Figur näher, die in seinem ersten Band, Das Haus der blauen Aschen nur am Rande vorkam.
Michail Alkenbahn hatte damals nämlich der Protagonistin Farne das universitätseigene Forschungsraumschiff vor der Nase weggeschnappt und nun hängt er im langweiligsten Teil des Universums rum, lediglich die unnahbare Studentin Eliga bringt etwas Spannung ins Einerlei.
Doch inmitten eines Nebels wartete die Überraschung und ein fieser Cliffhanger. Für die LeserInnen und auch für uns.
Niklas, ein Zombie und Karla
Nun hatte Karla ihren großen Auftritt. Sie wies auf ein wesentliches Feature der Reihe hin: Für überlichtschnelle Fortbewegung nutzte man hier den Mengerschwamm und genau das spielt in ihrem Roman »Ein neuer Himmel für Kana« , dem elften D9E-Band, eine ganz besondere Rolle.
Da sie nicht von vorne lesen wollte, erklärte sie zunächst grob die Struktur ihres Romans. Einer von zwei Handlungssträngen handelt von einer Karman-Einheit, einer Figur, die Niklas eingeführt hat. Karman ist ein Android, in dessen Hirn man einst das Bewusstsein eines Menschen hochgeladen hatte.
Karla Schmidt
Im Inneren des Planeten Kana wurden rätselhafte Schiffe entdeckt. Die Menschen erhoffen sich eine Hilfe gegen die Invasion der Hondh und schicken Karman in der Hülle eines Einheimischen in den entlegenen Sektor, um mehr darüber herauszufinden.
Im zweiten Handlungstrang geht es um zwei einheimische Schwestern. Dabo ist die Große und Mija die kleine Schwester und hat zudem ein Problem, sie ist sehbehindert.
Das ist auf Kana etwas anderes als bei den Menschen, da die Kaita eine eigene Art des Sehens haben.
Karlas erste Lesung im Otherland
»Ihre Augen sind Zwei-Wege-Organe. Sie können damit nicht nur gucken, da geht nicht nur Licht rein, sondern es geht auch Licht raus. Sie projizieren die tieferen Bedeutungsnuancen dessen, was sie sagen vor sich hin, in den Raum hinein, während sie reden. Genau das kann die kleine Schwester zwar auch, aber auf eine für andere ekelerregende Art.
In der Metropole Forta erhofft sich Dabo Rettung für Mija und dort treffen sie auch auf Karman, dessen Landung auf Kana uns Karla dann vorlas.
Da noch Zeit war, wählte Karla noch eine zweite Szene aus. In ihr ging es um das erste Treffen von Dabo und Karman, der Probleme mit der Kontrolle seines Sehens hat. Deshalb suchte er per Aushang jemanden der ihn darin unterrichten könnte. Dabo, auf der Suche nach Arbeit, will diese Stellung zunächst ablehnen, doch Karman macht ihr ein verführerisches Angebot …
Nach einem kräftigen Applaus begann die Fragerunde.
Fragerundenfreude
Chefköchin und Elfchenbräterin
Die erste Frage ergab sich direkt aus der Lektüre von Karlas Roman und so konnte sie bestätigen, dass die Benamsung der kleinen krakenartigen Elfchen, die den Kaita als Nahrung und auch als Rohmaterial etwa für Rucksäcke dienen, ein echtes Fandom-Kind ist:
»Darauf bin ich gekommen, weil ich im Science-Fiction-Forum rumgelesen und gesehen habe, dass es da ganze Threads mit Leuten gibt, die Elfen hassen. Daraufhin habe ich gedacht, dann nenne ich die halt Elfchen. Und mit denen passiert dann später auch noch was und die werden noch wichtig auf eine bestimmte Art.« Handlungsrelevanz für den Story-Arc der ganzen Reihe, heißt das.
Was übrigens tatsächlich eine Idee von Karla war, wie Niklas erzählte.
Niklas und »Die Sonne der Seelen«
Dann stellte sie sich der Frage, wie es denn für sie war, mit Band 11 in dieses Universum einzusteigen.
Ehrlich gesagt fand ich es sehr entspannend, weil es war ja schon sehr viel da. Um den großen Grundkonflikt, musste ich mir überhaupt keine Gedanken machen. Ich wusste genau, aha, da ist diese Expansion, da ist eine rätselhafte Alienrasse und so und so ist der Stand der Dinge. Da kann ich mich jetzt reinsetzen, ins gemachte Nest, und da meine Figuren entwickeln und etwas damit machen.
Klar, es gab Restriktionen und nicht dieselbe Freiheit wie bei eigenen Romanen, aber das war von Anfang an klar.
»Ich würd jetzt nicht immer in Reihen schreiben wollen, wo alles immer festgelegt ist, aber es hat mir Spaß gemacht.«
Niklas ergänzte:
»Und das Schöne daran ist: Man hat immer jemanden, den man fragen kann.«
Schlagt nach bei Diboo!
»Man hat eine komische Idee und denkt sich, wie passt denn das rein und dann muss man eben fragen. Muss ich ja genauso machen und teilweise auch Dirk fragen, ob das in seine Gedankenwelt irgendwie reinpasst.«
Dieser Austausch läuft über einen geschlossenen Forenbereich.
Auch die Konzeptionierung der Romane wurde näher beleuchtet. Dabei stellte Niklas dar, dass im Gegensatz zu Perry Rhodan zum Beispiel, keine fertigen Exposés existierten:
»Bei dieser Serie hier ist es so, dass Dirk (Dirk van den Boom – Anm. d. Red.) irgendwann mal zu Beginn zu jedem geplanten Band einen Satz geschrieben hat, das heißt, da steht ein Eckpunkt, ein Wendepunkt drin, der erfüllt sein muss von dem Buch und ab da ist die Ausgestaltung eigentlich erst einmal dem jeweiligen Autor frei überlassen.«
Niklas signiert alle seine Bände
»Bei meinem Buch war das zum Beispiel der eine Satz: In diesem Band muss zum ersten Mal eine leibhaftige Begegnung mit einem Hondh stattfinden. Jemand muss einem Hondh begegnen. Das war die einzige Vorgabe, die ich hatte«, ergänzte Karla und später wies Niklas auch darauf hin, dass Dirk diesen Job auch nur unter der Prämisse angenommen hatte, keine kompletten Exposés schreiben zu müssen. Daraus ergab sich eine gewisse Dynamik. Rahmen und Freiheit gleichzeitig.
Natürlich kam auch die Frage auf, wieviele Bände die Reihe insgesamt haben wird und Niklas konnte stolz verkünden:
»Es war vorher offen gelassen, das heißt, der Verleger, Ernst Wurdack, hatte die Idee eine endliche Serie schreiben zu lassen, aber er wusste noch nicht so genau, wie viele Bände es dann tatsächlich werden sollen. Mittlerweile ist das tatsächlich festgelegt worden, ich glaub 23. Die meisten wollten ein Vielfaches von Neun, aber das war ihm dann zu viel.«
Signirwünsche sind für Karla noch etwas Ungewohntes
»Und wir wissen natürlich ungefähr, wo es enden soll, der große Plot«, fügte Karla hinzu.
Was prompt die Frage folgen ließ, ob Karla noch einen Band schreiben wird?
»Ich bin noch am Überlegen. Vorausgesetzt, dass mir was Gutes einfällt und es zeitlich irgendwie hinhaut, hab ich schon große Lust!«
Die Diskussion wandte sich dann den Roboterzivilisationen zu. Dirk hatte diese eingebracht – wie es seine Art ist, ohne jemanden Bescheid zu geben –, aber daraus entwickelten sich viele Anknüpfungspunkte für die anderen. Das besondere sei, so Niklas, dass Roboter im Gegensatz zu den kurzlebigen Menschen eher konservativ ausgerichtet sind:
Klare Gedanken sind sein Ziel
»Es bietet sich an, weil Maschinenzivilisation als solches natürlich auch etwas ist, was wir uns zumindest als etwas dauerhafter vorstellen. Biologische Systeme neigen ja dazu, dynamischer zu sein, sich primär zu entwickeln. Wohingegen Maschinen ja konservativ sind – in unseren Vorstellungen, natürlich – wir kennen keine Maschinenzivilisation, deswegen können wir das nicht sagen, aber wir haben den Eindruck, dass das sich so entwickeln könnte. Und ich glaube, das ist einer der Gründe, warum es so gern genommen wird, um Wissen aus uralten Zeiten transportieren zu können.«
Auch die Zusammenarbeit war Gegenstand der Diskussion. Niklas legt viel Wert auf technische Korrektheit, was etwa beim Thema Gravitation zu kreativen Klimmzügen führte, da sie plötzlich in den Romanen auftauchte.
»Ich musste mir natürlich auch überlegen, wie das mit der künstlichen Gravitation überhaupt funktionieren kann, weil wir das eben als Konzept erst so nicht besprochen hatten. Es gibt ganz viele Schreiber von uns, die irgendwelche Technologien einfach als selbstverständlich voraussetzen, weil man das in Star Trek oder so schon mal gesehen hat. Ich hab da einen anderen Anspruch. Also – das weiß Karla jetzt auch – dass ich da manchmal etwas dogmatisch bin. Ich nehm als Ausgangspunkt erst einmal unsere heutige Physik, wie wir sie auffassen und versuche mit möglichst wenig Änderungen, zu dem Punkt zu kommen, wo ich hin will, plotdevicemäßig. Andere Schreiber machen das umgekehrt. Die überlegen sich: Ich brauch die oder die magische Maschine und dann überlegen sie sich hinterher bestenfalls noch irgendwas, warum das so gehen könnte – oder auch nicht.
Karla und Niklas beim Videodreh
Ganz in seinem Element war Niklas dann, als es um die Erklärung seines Mengerschwamm-Hyperraumkonzeptes ging. Er hat dazu auch ein Paper geschrieben, aber noch nicht veröffentlicht.
Wichtig ist, dass Einsprungpunkte in den Mengerschwamm in der Nähe zu großen Massen weniger und schwerer zu erreichen sind, was die Möglichkeit der allzuschnellen Reise einschränkt. Nicht unwichtig für diverse Plotvarianten.
So endete die Diskussion mit aufgerollten Elfchen in elf Dimensionen und man konnte zum gemütlichen Teil des Abends übergehen. Signieren, Bücher kaufen und Getränke schnabulieren.
Es war ein wunderschöner Abend im Otherland und die nächste Lesung steht schon im Kalender.