Leutnant Blueberry: Die Verschwörung
Die Blueberry Chroniken Bd. 8
Rezension von Christian Endres
Als wir Blueberry das letzte Mal sahen, hatte sich das Schicksal gerade drastisch gegen den Wild-West-Glücksritter gewandt: Am Ende von »Das Südstaatengold« wurde Blueberry nicht nur kurzerhand zum Sündenbock einiger wirklich übler Machenschaften degradiert, sondern obendrein auch mit Schimpf und Schande aus der Armee entlassen und ferner als Verräter angeklagt. Folglich treffen wir Mike S. Blueberry zu Beginn dieses Abenteuers auch in einem der härtesten Militärgefängnisse des Landes wieder. Während der gefallene Held hinter Gittern allerhand Schikanen über sich ergehen lassen muss, planen weit größere Schurken einen Anschlag auf den Präsidenten. Blueberry, nur an seinen eigenen Fluchtplänen interessiert, setzt derweil alles daran, auf freien Fuß zu kommen. Schließlich gilt es, seinen ohnehin schon fragwürdigen Ruf rein zu waschen ...
Mit Vogelfrei und Angel Face liegen in diesem achten Band der abermals vorbildlich aufgemachten Blueberry Chroniken zwei äußerst flotte Westernabenteuer vor. Die Story bedient zwar gerade zu Beginn das gängige, raue Western-Sujet, stellt gegen Ende aber angenehm ausgeprägte Allüren eines politischen Thrillers zur Schau. Dabei kommt der Story vor allem zu gute, dass die Frequenz der Ereignisse unglaublich hoch ist. Umso schneller liest man den Band dann aber auch durch, zumal sich das Hardcover diesmal – ausgleichenderweise, wie man fairerweise sagen muss – nur aus zwei Original-Alben zusammensetzt.
Der Aufbau der Geschichte bleibt davon jedoch ebenso unbeeindruckt wie ihre Vielschichtigkeit: Auf der einen Seite sind da Blueberry und sein weiteres persönliches Schicksal. Auf der anderen steht die finstere politische Verschwörung, die zur Ermordung des Präsidenten durch den Attentäter Angel Face führen soll (die man später dem ausgebrochenen Blueberry in die Schuhe schieben möchte) - eine Angelegenheit, die das ganze Land betrifft, aber unweigerlich mit Blueberry verbunden scheint.
So wandelt sich der Band letztlich immer mehr zum clever inszenierten Polit-Thriller, der durch das gewohnt überzeugende Western-Ambiente dennoch seinem Ursprung treu bleibt und eine großartige Atmosphäre besitzt. Und Atmosphäre, das heißt im Fall von Blueberry automatisch immer wieder und bis in alle Ewigkeit: Moebius. Breitwandig und opulent gestaltete der französische Ausnahmekünstler auch dieses temporeiche Kapitel in Blueberrys zum Teil höllisch turbulenter Erfolgsgeschichte. Zwar fühlt man sich hie und da von der Fülle an Details sowie Moebius’ etwas wirrem Strich und der knalligen Kolorierung leicht überfordert und erschlagen – aber das ist eben der Schatten, der mit dem Strahlen der visuellen Opulenz von Blueberr gelegentlich einher geht.
Dennoch: Für Genre-Freunde, Nostalgie-Freaks und Blueberry-Fans ist Die Verschwörung ein wahres Fest. Für alle anderen ist der Band vor allem ein interessanter Ausflug in die Blütezeit des legendären Western-Klassikers – der in diesem Fall allerdings nur im Kontext mit den letzten Bänden richtig funktioniert.