Lord Faureston (D, Bd. 1)
 
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Lord Faureston

Reihe: D, Bd. 1

Rezension von Christel Scheja

 

Viele Leser haben heute ein anderes Vampirbild vor Augen als noch vor dreißig oder vierzig Jahren. Seit die Romanzenschriftstellerinnen die Blutsauger als geheimnisvolle Liebhaber entdeckt haben und der Erfolg der „Twilight“-Romane von Stephenie Meyer viele Nachahmer hervorgebracht hat, bestimmen regelrechte Lichtgestalten das Genre, die nicht mehr länger Bestien sind, die Menschen nur als Nahrung sehen, sondern sich nach Kräften darum bemühen, kein Blut mehr zu trinken oder nur dann, wenn es nötig wird, um enge Bindungen zu schaffen.

 

Früher war das anders. Bereits vor den Romanen von Anne Rice, die den Untoten erstmals tiefe Gefühle gab, hatten Vampire eine höchst erotische Ausstrahlung, ob nun in den Klassikern des 19. Jahrhunderts oder auf ihnen basierenden Filmen.

An genau dieses Bild der Vampire erinnert die dreibändige Comic-Saga „D“ von Alain Aroyles und Bruno Maiorana, den Schöpfern von „Garulfo“, der Geschichte um einen Frosch, der unbedingt ein Mensch werden wollte.

 

Im ersten Band „Lord Faureston“ entführen sie in das viktorianische London. Richard Drake, ein bekannter und berüchtigter Weltreisender und Forscher kehrt nach einer längeren Expedition nach England zurück. Um sich in der guten Gesellschaft wieder in Erinnerung zu bringen, nutzt er jede Gelegenheit, um in den Ballsälen aufzutauchen und dort die alten Kontakte wieder aufzuwärmen.

Schon beim ersten Mal fallen ihm zwei Personen ins Auge. Da ist einmal die schöne und selbstbewusste Miss Catherine Lacombe, die sich nicht so einfach von ihm beeindrucken lässt und der geheimnisvolle Lord Faureston, der Neffe einer verwitweten und schon lange alleine lebenden Dame der Gesellschaft.

Während ihn die junge Frau immer mehr in ihren Bann schlägt, weil er das Gefühl hat, sie könnte die Gemahlin sein, die er schon so lange gesucht hat, weil sie nicht nur hübsch, sondern auch intelligent ist, gefällt ihm der hellhaarige Dandy überhaupt nicht.

Dennoch schreitet er ein, als ausgerechnet Catherine und der junge Lord im Garten von einem Diener angegriffen werden und schlägt diesen nieder. Später übernimmt er es, den Attentäter zu verhören und erfährt schier unglaubliches: Der kleine, kränkliche Mann ist eigentlich ein Buchhalter, doch in seiner zweiten Profession Vampirjäger. Er gibt zu, es auf Lord Faureston abgesehen zu haben, den er für einen Blutsauger hält.

Und auch wenn er das Unglaubliche zuerst nicht wahrhaben will, so beginnt Richard Drake nun doch Catherine und den unheimlichen Dandy zu beobachten und vor allem in der Vergangenheit des letzteren herum zu wühlen, denn seine Intuition sagt ihm, an den Behauptungen seines Gefangenen durchaus Hand und Fuß sein könnte...

 

Sicherlich ist die Handlung selbst nicht neu und erinnert sehr stark an eine Mischung aus „Der Vampyr“ von John Polidori und „Dracula“ von Bram Stoker, aber Autor und Künstler wollen die Geschichte selbst nicht noch einmal neu erfinden, sondern betrachten sie mehr als Hommage an das Bild des Vampirs, das uns so lange begleitet hat – auf der einen Seite der charmante Lebemann, dessen makelloser Schönheit und Ausstrahlung sich Frauen – egal welchen Alters - nicht entziehen können, auf der anderen Seite die seelenlose Bestie, die sich letztendlich das nimmt, was sie selbst zum Überleben braucht. „Lord Faureston“ zeigt diese Gesichter beide.

Dazu kommt eine akribische Darstellung der besseren Gesellschaft, im Schatten der strengen Moral und dem Glanz des Empire. Bigotterie und Arroganz zeichnen auch die Figuren aus. Da wird über denjenigen getuschelt, der es wagt aus den Konventionen und Regeln auszubrechen, gleichzeitig ist man von dessen Mut fasziniert.

John Drake verkörpert den typischen Gentleman, der sich seine Zeit mit Forschungsreisen vertreibt und die Welt letztendlich doch nur aus der Sicht des Imperialisten betrachtet. Durch die Enthüllungen wird seine von Naturwissenschaften und Logik geprägte Wahrnehmung zwar einen kurzen Moment erschüttert, dann aber wird auch er selbst zum Jäger.

Miss Catherine ist die junge Heldin, die vielleicht besondere Träume hat, sich dann aber doch widerspruchslos dem Schicksal jeder Frau dieser Epoche fügt, in erster Linie Ehefrau und Mutter zu werden.

Die Geschichte lebt daher nicht von der groben Handlung, sondern mehr von den Details, die den Figuren ein wenig Tiefe geben und auch die passende Atmosphäre für das Szenario erzeugen. Sie sind sowohl in den Texten als auch in den Bildern zu finden. Bruno Maiorana fängt mit seinem Stil, der ein wenig an den der Illustrationen des 19. Jahrhundert erinnert, gekonnt das Treiben in den Ballsälen, aber auch die grausamen Geschehnisse in der Dunkelheit ein und geht sogar dynamisch und lebendig mit, wenn es zur actionreichen Verfolgungsjagd kommt.

Der erste Band endet übrigens mit einem Cliffhanger. Man darf gespannt auf den zweiten Band sein, denn durch gewisse Geschehnisse und Enthüllungen wurden einige sehr interessante Weichen gestellt.

 

 

Fazit

 

Alles in allem erweist sich „Lord Faureston“ als gelungener Auftakt der Serie „D“, die trotz vieler Hommagen an die Vampirklassiker, doch einige sehr interessante Details und Variationen enthält, die die Spannung über das Album hinweg bewahren und Lust auf mehr machen. Dazu kommt eine sehr stimmige und intensive Atmosphäre, gerade in der Darstellung des Lebens der besseren Gesellschaft, die dem Szenario noch mehr Kraft gibt.

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404201006002508dce0
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Erstellt: 31.08.2010, zuletzt aktualisiert: 09.04.2024 09:36, 10931