Lost (PlayStation 3)
 
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Lost (PlayStation 3)

Rezension von Björn Backes

 

„Lost“ – da bedarf es eigentlich keiner Worte mehr. Während sich Experten, Insider und diejenigen, die es noch werden wollen, die Köpfe über Hintergründe, Philosophien und Entwicklungen zerbrechen, sitzt auch hierzulande wieder ein Millionenpublikum stramm, wenn die bekannten Helden der immens erfolgreichen Mystery-Serie in der vierten Staffel nach Antworten auf ihre zahlreichen Fragen suchen. Bei all der Begeisterung und Euphorie, die sich um das zusehends spiritueller werdende TV-Format rankt, war eine entsprechende Konsolen-Adaption eigentlich längst überfällig. Aber gut Ding will schließlich Weile haben, und da es den Designern bei Ubisoft am Ende sogar gelungen ist, für die deutsche Fassung die Original-Synchronsprecher an Land zu ziehen, ist die lange Wartezeit auf das spielerische Äquivalent natürlich gerne akzeptiert – solange das Endprodukt hält, was der spektakuläre Serieninhalt verspricht. Doch ist dem auch wirklich so?

 

 

Das Spiel:

 

Was darf man von einem Lizenzspiel nun erwarten, das sich auf eine Basis stützt, die wiederum sehr stark von der Story hinter der eigentlichen Story abhängt? Spannung, sicherlich. Mitunter auch zahlreiche Rätsel, klarer Fall. Und eventuell auch ein umfassendes Action-Adventure, welches die Serienthemen mit einem eigenständigen Spielprinzip kombiniert. Die Wahrheit über das, was „Lost“ letztendlich geworden ist, liegt wohl irgendwo in der Mitte. Das Spiel zehrt von den just genannten Elementen, versucht aber gleichzeitig auch, einen Teil der Ereignisse des TV-Spektakels in kompakter Form nachzuzeichnen. Um dies jedoch überhaupt erst realisieren zu können, wählten die Entwickler einen neutralen Beobachter, der nicht der „Lots“-Cast angehört und das Geschehen auf der verborgenen Insel aus seiner Perspektive beobachtet. Sein Name ist Elliott, ein passionierter Fotograf, der einst ebenfalls an Bord des Flugs 815 der Oceanic Airlines gewesen war und somit Teil der merkwürdigen Absturz-Katastrophe wurde. Diese Info wird unser Protagonist allerdings erst im weiteren Verlauf des Spiels bekommen, denn bevor die eigentliche Action losgehen kann – hier gehen erst einmal zahlreiche Minuten für umfassende Einspieler und filmische Darstellungen der Story voraus – muss Elliott erst einmal herausfinden, wer er nun tatsächlich ist. Ein Gedächtnisverlust infolge des Absturzes trübt seine Sinne und bringt ihn nun dazu, samt seiner Fotoausrüstung mehr über seine Vergangenheit bis zu dem Tag der Katastrophe herauszufinden,

 

In sieben Teilepisoden, die in grob zerstückelten Abschnitten die Inhalte der ersten beiden TV-Staffeln Revue passieren lassen, stöbert der außenständige Hauptdarsteller nun in den verdeckten Winkeln der Insel nach Informationen, versucht bestimmte Szenen mit der Kamera aufzunehmen, um sich an anhängende Bruchstücke seiner eigenen Historie zu erinnern, tauscht sich mit seinen ehemaligen Mitinsassen aus und knobelt ganz nebenbei noch durch einige Rätsel und Labyrinthe, die den Adventure-Anteil des Spiels untermalen. Dabei stößt Elliott unwiderruflich auf bekannte Charaktere wie Kate und Jack, erfährt von ihnen dezente Hinweise über die jüngste Vergangenheit und wird bei der Erwähnung bestimmter Begrifflichkeiten und Schlagworte plötzlich hellhörig – jedes Indiz wird nämlich aufgesogen und für die Ermittlungen des persönlichen Falles mit in die Akte aufgenommen. Doch nicht nur als Gesprächspartner sind die bewährten Figuren gerne gesehen; auch der Tauschhandel mit Gegenständen, Basis für das Fortschreiten in den Kapiteln, floriert zunehmend, selbst wenn so manche typische Charaktereigenschaft der weiblichen Zunft hier manchmal im Wege zu stehen scheint. Aber Rätsel lösen gehört nun mal zu diesem Titel wie der Sand in die Wüste, und dies zeigt sich in recht vielen Handlungen des Spiels.

 

Andererseits ist das Gameplay nicht ganz so komplex gestaltet, wie man es auf den ersten Blick vermuten könnte. Die Knobeleien beschränken sich lediglich auf die präzisen Fotografien, sich wiederholende Logikrätsel oder einige Intelligenztests an einem entsprechenden Simulator. Zwar hat dies anfänglich noch einen gewisser Reiz, zumal hier die Vermischung mit den Action-Elementen noch einigermaßen ausgewogen ist, nimmt bei der ständigen Wiederholung allerdings irgendwann die Spannung heraus. Es sind nur wenige Passagen, in denen der Spieler mal richtig gefordert wird und die bekannte Insel-Dramatik sich auch in entsprechend spektakulären Begegnungen oder etwas tiefgründigeren Abenteuer-Elementen widerspiegelt. Was den Spannungsbogen der fortlaufenden Seriengeschichte anbelangt, muss das Spiel ergo trotz sehr vieler schöner Einspieler zwischen den Episoden erheblich zurückstecken.

 

Ein wenig verblüfft wird man darüber hinaus über den sehr, sehr knappen Umfang von „Lost“ sein. Selbst Laienspieler werden in weniger als acht Stunden erfolgreich durch die Insellabyrinthe gewandert und die Identitätssuche Elliotts’ abgeschlossen haben. Und mal abgesehen vom äußerst freundlichen Schwierigkeitsgrad: Das ist insgesamt viel zu wenig!

 

 

Grafik/Technik:

 

Optisch wiederum ist die Gaming-Adaption eine sichere Bank. Die Charaktere sind originalgetreu nachgestellt und gerade in den Filmsequenzen sehr detailreich aufgearbeitet. Bei entsprechender Hardware wird man gar erstaunt sein, wie scharf die Einstellungen der Gesichter auf dem Bildschirm sind. Optisch kaum weniger ansprechend sind die Hintergrundwelten sowie die bildgewaltige Dschungelkulisse. Prächtige Texturen, feine Effekte und ein sehr realitätsnahe Präsentation machen die Grafik zur Geheimwaffe des Spiels.

 

Allerdings geht dies leider auf Kosten mancher technischer Mängel. Breits zu Beginn realisiert man entnervt, dass zunächst ein Update nötig ist, um sich in die Welt von „Lost“ zu begeben. Doch damit nicht genug: Ständig nerven übermäßig lange Ladezeiten, die besonders um die filmreifen Einspielungen der Story herum auftauchen. Klar, für eine solch bestechend scharfe Grafik nimmt man einiges in Kauf – an dieser Stelle ist ‚einiges’ aber eher zu viel.

Hinzu kommt schließlich noch einmal der wohl größte Kritikpunkt an „Lost“, nämlich der sehr geringe Umfang. Niemand geht mit dem Anspruch an den Titel heran, einen Mammuttitel präsentiert zu bekommen, zumal dies langfristig auch dem Spannungsaufbau der gleichzeitig laufenden Geschichte schaden könnte. Dass man aber nach 5-6 Stunden potenziell schon am Ziel angelangt ist, mutet bei den heutigen Preisen für den NExtGen-Videospielmarkt fast schon wie eine Frechheit an – zumal das Gameplay ja auch alles andere als abwechslungsreich ist. Summa summarum bleibt also ein recht zwiespältiger Eindruck: Die Grafik ist der Knüller, die weitere Aufarbeitung eher durchschnittlich!

 

 

Spielspaß:

 

Ausgehend von der fantastischen Atmosphäre, die sich bereits bei den ersten Filmausschnitten einstellen möchte, ist man zunächst gefesselt von der spitzenmäßig animierten Welt von „Lost“. Alles scheint wie gehabt, die Charaktere, die Umgebung, die mystische Stimmung und generell dieses ureigene Flair, welches die Serie Folge für Folge versprüht. Kein Wunder also, dass man recht schnell dazu neigt, die Euphorie ob der schön transferierten Story direkt von der TV-Serie auf die Konsolenfassung zu übertragen.

 

Mit laufender Spielzeit kristallisieren sich dann aber leider einige Schwächen heraus, die den langfristigen Spaß stellenweise erheblich mindern. Da wäre als erstes natürlich der knappe Umfang; wer sich ein wenig anstrengt, bekommt das Spiel an einem verlängerten Abend durch, ohne dabei wesentliche Details übersehen zu haben bzw. versteckte Optionen unaufgedeckt zurückzulassen. Der Stundenlohn ist dementsprechend natürlich unverhältnismäßig und sollte anspruchsvolle Spieler, ja selbst beinharte Fanatiker ins Grübeln bringen, ob die Relationen zwischen Kaufpreis und Netto-Nutzung wirklich angemessen ist. Erschwerend hinzu kommt, dass die Rätselaufgaben wegen ihrer marginalen Veränderungen auch nach und nach uninteressanter werden. An Schaltkreisen herumzubasteln oder einzelne Logiktrainer zu durchlaufen kann auf Dauer nämlich doch ziemlich ermüdend sein.

 

Warum es dennoch Spaß macht? Mitunter wegen des sehr guten Spieltempos, ganz bestimmt aber wegen der starken Präsentation. Wie gesagt: Durch die Inselwelten zu laufen und allerhand bekannte Begebenheiten neu zu entdecken, sollte für den „Lost“-Liebhaber zur absoluten Genusstour werden, da die grafische Detailverliebtheit einfach blendend dargestellt wird. Und zumindest hiervon kann der Spaß am Spiel ein wenig profitieren – wenn auch nicht auf lange Sicht.

 

 

Fazit:

 

„Lost“ ist von der Idee bis hin zur prinzipiellen Umsetzung in etwa das, was sich Fans der gleichnamigen Erfolgsproduktion auch von einer derartigen Adaption wünschen durften. Die Atmosphäre ist ähnlich prickelnd verarbeitet wie in der Serie und die beiden ersten Staffeln inhaltlich sehr schön in die Story eingewoben. Letztere ist allerdings als bekannt vorausgesetzt, denn sonst wird man weder den versteckten Gags, noch den allgemeinen Facettenreichtum der adaptierten Elemente würdigen können. Dadurch ist die Zielgruppe also grundsätzlich schon mal ein wenig eingeschränkt. Eine erheblich bedeutsamere Limitation ist jedoch die des allgemeinen Rahmens. Man hat das Spiel in Windeseile durchgespielt, da sowohl der Umfang als auch das Gameplay ziemlich schwach ausgeprägt sind. Und dementsprechend leidet auch der weitere Reiz, sich weiter mit dem Spiel zu beschäftigen – ganz zu schweigen, überhaupt darin zu investieren.

 

Alles in allem steht also Urteil gegen Urteil, weshalb jeder selber entscheiden sollte, ob „Lost“ das Geld wert ist. In Sachen Präsentation mag es dies auf jeden Fall, hinsichtlich der Einschränkungen allerdings eher nicht!

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240424081445df6f15c4
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Lost

von Ubisoft

Plattform: PlayStation 3

USK-Einstufung: Freigegeben ab 12 Jahren gem. 14. JuSchG

ASIN: B0010WTDBY

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 30.03.2008, zuletzt aktualisiert: 21.01.2015 10:43, 6194