Lucy im Zaubergarten von Nina Ruge
Rezension von Lars Perner
Bereits 2003 schrieb Nina Ruge –vielen sicher als TV-Moderatorin bekannt- diesen Jugendroman. Nunmehr wurde das Buch als Taschenbuch im Omnibus Verlag neu aufgelegt.
Die Geschichte beginnt mit einem normalen Familienalltag. Lucy Opa Freidrich ist verstorben und hat der Familie ein Haus hinterlassen. Der Vater –von Berufs wegen ständig auf Reisen – tritt selten in Erscheinung. Also kümmert sich Lucys Mutter um die Einrichtung des Hauses und hat da Besonderes vor. Sie will einen Blumenladen einrichten. Lucys ältere Schwester wird immer nerviger. So daß als einziger Trost für Lucy nur ihr Hasi und die Blumen bleiben, mit denen sie gerne spricht. Lucys Alltag erfährt jedoch eine Änderung, als die Pflanzen beginnen ihr zu antworten. Das tun diese jedoch nicht ohne Eigennutz. Denn Lucy soll etwas für sie tun. Genauer gesagt soll sie dem Wipfelgott bei der Lösung eines Problems behilflich sein. Jedoch sind nicht alle Pflanzen von Lucys Eignung überzeugt, und so muß sie sich, den Pflanzen und dem Wipfelgott beweisen, daß sie die Richtige ist. Daß ausgerechnet jetzt auch noch Sven – der Nachbarsjunge – sich auf angenehme Weise in ihr Leben drängt, macht die Sache nicht einfacher, insbesondere da es ja noch die eifersüchtige große Schwester gibt.
Und als wenn das der Merkwürdigkeiten nicht genug wären, ziehen das verfallene Kloster hinter dem Garten und erst recht der merkwürdige Abt Lucy in ihren Bann. Kann sie wirklich nur den Pflanzen trauen, wie es ihr der Wipfelgott gesagt hatte, oder sind doch nicht alle Menschen schlecht. Denn mit so richtig Bösen Kreaturen schließt Lucy schneller Bekanntschaft als ihr lieb ist. Gnarze bevölkern ein Reich tief unter der Erde und schaden Mensch und Pflanze. Doch mit List kann sich Lucy gegen die tumben Monster behaupten. Doch das ist erst der Beginn. Realität und Fantasie verschwimmen und werden eins.
Lucy muß wie jeder von uns aufs neue wählen: zwischen der Verführung, einen schnellen, einfachen ungefährlich scheinenden Weg zu gehen oder doch den beschwerlichen „richtigen“ Weg zu nehmen. Und ich verrate nicht zuviel, wenn ich sage: Sie erliegt nicht nur einmal der Verführung. Ob es ihr gelingt Menschen und Pflanzen vor einem großen Unglück zu bewahren, oder sie doch den falschen Weg gewählt hat muß jeder selber lesen. Denn auch Lucy ist nur ein Mensch mit Fehlern und alles andere als eine perfekte Heldin, was sie um so sympathischer und realistischer erscheinen läßt. Dafür wirken einige andere Figuren sehr flach. Sie vermögen nicht zu überzeugen. Dieser Mangel wird allerdings durch die schönen Stimmungsbeschreibungen wieder gut gemacht, auf die man sich einlassen muß, um die Geschichte richtig zu genießen. Nur so kann man tiefer einsteigen und sich mitreißen lassen, von den Abenteuern, die Lucy zu bestehen hat.
Man merkt es dem Buch an, daß Nina Ruge neben Germanistik auch Biologie studierte. Nicht nur der Anhang, in dem viele Pflanzen, die im Buch auftauchen, beschrieben werden, zeugt davon. Man merkt der Erzählung die Hingabe zu den Pflanzen richtig an. Diese sind schon wie Menschen gezeichnet. Da gibt es richtige Plappermäuler aber auch Griesgrame, denen Lucy alles aus der „Nase“ ziehen muß.
Doch auch edle Steine und die ganz spezielle Magie, die diese ausstrahlen haben eine große Bedeutung in der Geschichte, was auch durch einen zweiten kürzeren Anhang, in dem einige Edelsteine beschrieben sind, unterstrichen wird.
Fazit: Eindeutig ein Buch für Baumknuddler und Blumenliebhaber. Sprechen sie öfter zu ihren Pflanzen? Dann geben sie Acht! Vielleicht passiert es ihnen wie Lucy und sie bekommen bald Antwort. Oder bekommen wir ja schon Antworten und haben nur das Zuhören verlernt? Dann wird es aber wieder Zeit uns stärker mit denen zu beschäftigen, die uns wichtig sind. Muß denn immer erst der Verlust schmerzhaft bewußt machen, was wir eigentlich dringend brauchen – zum Beispiel saubere Luft um zu atmen?