M (Zeichner: Jon J Muth)
 
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M von Jon J Muth

Rezension von Ralf Steinberg

 

Verlagsinfo:

„Immer muss ich durch Straßen gehen, und immer spür ich, es ist einer hinter mir her. Das bin ich selber!"

Peter Lorre als namenloser Mörder M in Fritz Langs Kinoklassiker

 

Fritz Langs erster Tonfilm aus dem Jahre 1931, M – Eine Stadt sucht einen Mörder, gilt als Meilenstein des expressionistischen Kinos und als eines der bedeutendsten Werke des deutschen Films. Peter Lorres Darstellung des wahnsinnigen Kindermörders, der eine deutsche Großstadt in den 20er Jahren in Aufruhr versetzt und nach einer erfolglosen Treibjagd durch die Polizei von den versammelten Kräften der Unterwelt-Kartelle zur Strecke gebracht wird, ist eine der packendsten schauspielerischen Leistungen des jungen deutschen Kinos.

 

Der US-amerikanische Comic-Künstler und Illustrator Jon J. Muth („Sandman: Das Erwachen“) hat aus der kinematografischen Vorlage eine gleichermaßen betörend schöne und verstörende Graphic Novel gemacht. Die kollektive Paranoia, den beseelten Ton, der sich als Quasi-Protagonist in Form von Abzählreimen, der emblematischen Melodie, die der Mörder auf der Suche nach neuen Opfern summt, des verängstigte Geschnatters der besorgten Bürger und der wütenden Kakophonie der Stimmen der Unterwelt-Häscher manifestiert, die Darstellung einer denunziatorischen, verschreckten Gesellschaft am Vorabend der Machtübernahme der Faschisten und die kühl distanzierte Inszenierung im Stil der „Neuen Sachlichkeit“– das alles überträgt Muth in seinem grafischen Stil aus verblasst verfremdeten Fotorealismus in das Medium Comic und erweitert den filmischen Stoff um neue bildliche und narrative Tiefen.

Ein Graphic Novel-Meisterwerk, das zum ersten Mal vollständig und in edler Hardcover-Aufmachung auf Deutsch erhältlich ist.

 

Mit einem exklusiven, für diese Ausgabe entstandenen Vorwort des Filmkritikers Georg Seeßlen und zusätzlichen redaktionellen Seiten.

 

Rezension:

Im Jahr 2008 veröffentlichte der amerikanische Grafik-Künstjer Jon J Muth eine überarbeitete Fassung seines Graphic Novel Klassikers M.

Auf der Grundlages des Films von Fritz Lang M – Eine Stadt sucht einen Mörder aus dem Jahre 1931 schuf Muth eine ganz eigene Interpretation des Themas. Dabei liegt sein Augenmerk weniger auf der bildlichen Nacherzählung des Stoffes, als in der visuellen Erfahrung der Handlung. So ging er von inszenierten Fotos aus, für die er Freunde und Verwandte bat, die entsprechenden Rollen darzustellen. In der Bearbeitung des Grafikers entwickelten sich dann aus diesem Rohmaterial die einzelnen Panels, die zu keiner Zeit wie Standbilder aus einem Film wirken, sondern die assoziative Kraft von Zeichnungen besitzen. Zwar spürt man den Fotorealismus als eine Art Unterbewusstsein der Bilder, aber darüber legte sich mit den Kohle- und Silberstrichen eine neue Sichtweise. Nicht immer ein Verzerren, sondern oft eine Konzentration, die natürlich dadurch noch gesteigert wird, dass man die Seiten und Bilder einer Graphic Novel beliebig lang betrachten kann und somit jeder Leser seinen eigenen Rhythmus in die Geschichte einbringt.

Ein Aspekt, den sowohl Georg Seeßlen als auch Jochen Ecke in ihren Betrachtungen hervorheben. Cross Cult beschenkt die Edition von M dadurch mit zwei sehr ausführlichen und wissenswerten Texten, die nicht nur Lust darauf machen, den Comic immer und immer wieder zu durchstöbern, sie bieten auch erweiternde Sichtweisen gerade für den, der sich etwa mit dem Hintergrund von Langs Film nicht auskennt. Ausflüge in die Formensprache, Hinweise auf die Zeitkritik und zeitgenössische Wirkung erhellen ebenso das Werk, wie sie es auch größer und intensiver werden lassen.

Der wesentliche Punkt des Geschichte nämlich, der Umgang mit der richterlichen Moral, der Frage nach Strafe und Sühne, was Gerechtigkeit für uns ausmacht, bleibt in beiden Werken, Film wie auch Comic letztendlich zur Beantwortung beim Betrachter zurück. Muth findet mit seinen Müttern und den großen Bild der Jury dabei berührende Bilder, denen jegliche plakative Eingrenzung fehlt. Es wird kein Argument transportiert, sondern eine Berührung erzeugt. Das Bild greift hinaus.

 

In einer Glosse von Spiegel Online wurde kürzlich darauf hingewiesen, dass der deutsche Comic-Markt immer mehr teure Alben für den Sammler produziert. Auch »M« ist nicht gerade billig. Jedoch merkt man den Editionen von Cross Cult an, dass es hier in erster Linie um die würdige Veröffentlichung eines Klassikers geht und nicht um die Befriedigung extravaganter Ansprüche. Keine Produktion fürs Schauregal, sondern für die Klassikerwand. Ein Album, dass man öfter mal wieder hervorholt und das nicht plötzlich zerfällt. Sicher mag es noch viele in Deutschland unveröffentlichte Werke geben, deren Erscheinen wünschenswert ist. Hoffen wir, dass dabei eine vergleichbare Ausgabe herauskommt.

 

Fazit:

Großartige Comic-Kunst, die den Leser auffordert, der Geschichte mit eigenen Fragen und Antworten zu begegnen. Weiterführende Essays und eine erstklassige Ausgabe dürften nicht nur den Grafikfan begeistern, sondern auch jene, die sich intensiver mit einer Arbeit auseinander setzen wollen, die vor zwanzig Jahren eine kleine Revolution des abendländischen Comics auslöste.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20241108105848e1a08e7f
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Comic:

M

Autor und Zeichner: Jon J Muth

Original: M, 1990/2008

cross cult, 2009

Gebunden, 208 Seiten

Vorwort:Georg Seeßlen

Nachwort. Jochen Ecke

 

ISBN-10: 3941248200

ISBN-13: 978-3941248205

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 13.08.2009, zuletzt aktualisiert: 05.07.2024 16:16, 9036