Vision (Autor: Tom King)
 
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Vision von Tom King

Reihe: Marvel Must-have

 

Rezension von Ingo Gatzer

 

Vision ist eine der interessantesten Figuren in den Reihen der Avengers. Als ihr Gegenspieler von Ultron geschaffen, hat er sich der Heldengruppe bekanntlich nicht nur angeschlossen, sondern selbst mehrfach die Welt gerettet. Kein Wunder, dass der synthetische Rächer bei Marvel eine eigene Serie bekommen hat. Vision enthält die abgeschlossene zwölfteilige Reihe sowie die klassischen Boni von Paninis Must-have-Ausgaben.

 

Um die Aufgaben als Verbindungsmann zwischen Avengers und US-Regierung effizient zu erledigen, zieht Vision in das nur wenige Meilen von Washington entfernt liegende Arlington. In das im beschaulichen Stadtviertel Cherrydale gelegene Haus zieht aber nicht nur der Superheld, sondern auch seine Familie ein. Diese hat sich die synthetische Lebensform extra geschaffen. Die oberste Maxime der vier synthetischen Lebensformen besteht zunächst darin, nicht aufzufallen und sich anzupassen. Das ist bei Menschen, die das Andersartige und Fremde als Bedrohung empfinden, gar nicht so einfach – erst recht nicht, wenn unangemeldeter Besuch aus der Vergangenheit auftaucht.

 

Für die Mini-Serie über Vision hat Marvel mit Tom King einen echten Top-Autoren verpflichtet. Der Ex-CIA-Mitarbeiter und mehrfache Eisner-Award-Gewinner hat mit Grayson bekanntlich einer klassischen Nebenfigur aus dem Batman-Universum zum Durchbruch verholfen und auch den Dark Knight selbst vitalisiert. Das war beim Erscheinen der Serie im Jahr 2016 aber teilweise noch Zukunftsmusik. 

 

Mit »Vision« präsentiert King eine ungewöhnliche, aber dennoch packende Superheldengeschichte, die sein Talent für innovative Settings und gutes Storytelling unterstreicht. Hier geht es eben nicht um bedrohliche Superschurken. Stattdessen diskutiert der US-Amerikaner im ernsthaften Ton einige große Fragen: Was macht (menschliches) Leben aus? Wie sollten wir unsere Zeit auf Erden verbringen? Warum empfinden viele das Fremde als bedrohlich? Was unterscheidet Rache und Gerechtigkeit? Dafür verwendet Tom King ein breites Spektrum von Referenzen, die von Shakespeare bis zu den Peanuts reichen. Dabei federt eine Portion Komik tragische Ereignisse ab, ohne sie zu relativieren. Die Situation der Visions spitzt der Autor geschickt sukzessive zu, sodass die Handlung an ein klassisches Drama erinnert. Dafür sorgen auch einige Andeutungen, die der Erzähler immer wieder bezüglich künftiger Ereignisse einstreut. Weil die Visions stellenweise wie eine normale Familie wirken und auch fast naiv krampfhaft bemüht sind, diesen Eindruck zu erzeugen, gehen dem Lesepublikum ihre Erlebnisse nah. Wohldosierte Schockmomente – der erste findet sich gleich im ersten der zwölf Kapitel – sorgen dafür, dass die Lektüre nie langweilig wird. Etwas enttäuscht könnten Leserinnen und Leser sein, die ausufernde Kampfsequenzen erwarten. Zwar gibt es auch in »Vision« schließlich einige handfeste Auseinandersetzungen. Diese sind allerdings relativ kurz und nicht sonderlich spektakulär gehalten, weil der Fokus auf etwas ganz Anderem liegt.

 

Die zeichnerische Umsetzung obliegt Gabriel Hernández Walta (Doctor Strange), den in einem Kapitel Michael Walsh vertritt. Walta gelingt das Kunststück, die Gefühle der Familie zu verdeutlichen, obwohl die Mimik der synthetischen Lebensform zwangsläufig deutlich reduzierter als bei Menschen ausfällt. Bei ausgewählten Szenen setzt er durch den Wechsel ins Großformat optische Ausrufezeichen, verwendet diese Stilmittel aber auch nicht zu inflationär. Einige klassische Superhelden wie Iron Man oder Doctor Strange haben andere Zeichnerkollegen allerdings auch schon ansprechender dargestellt. Zudem hätten einige Panels detailreicher ausfallen dürfen.

Fazit

»Vision« ist eine ungewöhnliche und intelligent komponierte Superhelden-Mini-Serie, die sich wie eine gelungene Mischung aus klassischem Drama und Science-Fiction-Roman anfühlt, aber auch einige komische Elemente bietet. Ein echtes Must-have.

 

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Comic:

Vision

Reihe: Marvel Must-have

Original: Vision #1-12, 2016

Autor: Tom King

Zeichner: Hernández Walta und Michael Walsh

Übersetzung: Horus W. Odenthal

gebundene Ausgabe, 276 Seiten

Panini Verlag, 09/2024

 

ISBN-10: 374163879X

ISBN-13: 978-3741638794

 

Erhältlich bei Amazon


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Erstellt: 16.10.2024, zuletzt aktualisiert: 25.01.2025 13:57, 23736