Nachts (Autor: Markus K. Korb)
 
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Nachts von Markus K. Korb

Rezension von Matthias Oden

 

Nachts... Unheimliche Erzählungen von zerfaserten Rand der Wirklichkeit

 

Nachts... sind alle Katzen grau und Geschichten vom zerfaserten Rand der Wirklichkeit besonders düster. Eben diese erzählt uns Markus K. Korb in seiner neuesten Veröffentlichung im Eldur-Verlag – insgesamt hat er (wohl kaum zufällig) 13 Erzählungen in seinem Horror-Büchlein zusammengefasst, die auf die eine oder andere Weise das Motiv der Nacht verarbeiten. Ob das nun das bizarre nächtliche Treiben in einem Gewächshaus am Vorabend eines Züchterwettbewerbs („Nachts im Gewächshaus“), die unerfreulichen Begegnungen eines Treibgutjägers mit seiner Vergangenheit („Nachts im Schärengarten des Meeres“) oder die verdrehten Ansichten eines blinden Wahnsinnigen (Die Sekte der Wahrheitsjünger“) sind – sie alle variieren Themen der Finsternis, die sich auf die Welt senkt, wenn die Sonne untergegangen ist.

 

Wie schon in Korbs erster Publikation „Grausame Städte“ kann er auch hier seine literarischen Vorbilder nicht verleugnen: Immer wieder scheinen Alexander Moritz Frey, Howard Phillips Lovecraft und allen voran Edgar Allan Poe hinter den Texten hervor, ohne jedoch Korbs Werk ins Epigonenhafte abgleiten zu lassen. Vor allen Poe ist es, der starken Einfluss hat auf Themenwahl und Stil: „Wilhelm Arculineus“, „Nachts im Schein des Mondscheins“, „Der Duft von Astern im Dialog mit dem Brodem schwärender Wunden“ und vor allem „Ein ganz besonderer Saft“ transportieren das unausweichliche Grauen, das düstere Verderben, das in Poes besten Geschichten zu finden ist, auf moderne und angemessene Weise ins 21. Jahrhundert.

Eine besondere Erwähnung sollte hier das Triptychon „Der Damm an der Otterbucht“, „Ist es tief genug, um zu tauchen?“, „Tief genug!“ finden: Jede der drei Geschichten steht für sich alleine und ist als solche eigenständig lesbar. Alle drei zusammen aber bilden ein größeres Ganzes und entwerfen eine Schauergeschichte, die sich von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter ihrer Protagonisten zieht – nur um mit jedem Abschnitt ihrer Erzählung verhängnisvoller und düsterer, aber auch übernatürlicher zu werden. Eine schöne Idee, die in ihrer Unverbrauchtheit ebenso überraschend wie angenehm zu lesen ist.

 

Und wie man es aus seinem Vorgänger gewohnt ist, hat Korb auch dieses Mal wieder Anspielungen und „Eastereggs“ eingebaut: Lässt der Autor in „Grausame Städte“ ein Goethezitat aus „Prometheus“ auf den Leser los, findet sich in „Nachts...“ abermals eines vom Altmeister der deutschen Dichtkunst: Mit „Ein ganz besonderer Saft“ ist in der gleichnamigen Geschichte nicht unbedingt Blut gemeint, aber einen besseren Zitatgeber als Mephisto aus „Faust“ kann man sich für eine Sammlung unheimlicher Geschichten schlecht vorstellen. Und wenn in „Tief genug!“ nur noch Edgar und Howard die einzigen sind, die aus der einstigen Jugendbande noch leben, dann sollte man bei Korbs literarischen Vorlieben nicht lange suchen müssen, um herauszufinden, wer für die beiden Charaktere als Namenspate herhalten musste ...

 

Markus K. Korb hat es also auch mit seiner zweiten Veröffentlichung geschafft, ein rundes, stimmungsvolles und zuweilen auch humoriges Werk (Stichwort: Dieter Bohlens Biographie) abzuliefern, das Freunde düsterer Lektüre ohne zu Zögern auf ihre Leseliste setzen können. Allerdings sollte darauf hingewiesen werden, dass die Geschichten aus „Nachts...“ in eine andere Richtung gehen als die aus „Grausame Städte“: Schrieb Korb vor allen im zweiten Teil seines Debüts stark surreal und traumhaft („Wir alle sehen besser aus in Schwarz & Weiß“), ist der Horror in den Geschichten aus der vorliegenden Anthologie geradliniger. Korb spielt hier weniger mit verschiedenen Perspektiven und verdrehten Realitäten als mit diversen Spielarten des vordergründigen Horrors – untote Wesen, Rache noch über das Grab hinaus, auch explizite, teilweise derbe Gewaltdarstellungen fehlen nicht und bilden so ein wesentlich „direkteres“ Auftreten des Horrorelements, statt eines schleichenden, leisen.

Man mag nun diese oder jene Spielart unheimlicher Lektüre der anderen vorziehen – gleich wie findet das stimmungsvolle Cover des Buches seine schriftliche Entsprechung auf den folgenden Seiten: Mit „Nachts...“ wird man sein Geld (7,95 EUR) in eine spannende, lesenswerte Sammlung düsterer Geschichten investiert haben.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240423220606e1d7f70f
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Titel: Nachts

Autor: Markus K. Korb

Eldur-Verlag,

Aachen Mai 2005,

190 Seiten.

ISBN: 3937419144

Erhältlich bei: Amazon

 


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Erstellt: 16.07.2005, zuletzt aktualisiert: 30.03.2024 19:30, 627