Rezension von Björn Backes

Schmalspurorientierung bei EA Sports: Während die alljährlichen Meisterschaften in den einzelnen US-Sports-Sektionen zuletzt noch auf allen Konsolen ausgetragen wurden, hat man für den aktuellen Ableger der NHL-Serie nur noch die beiden Branchenprimusse aus den Häusern Microsoft und Sony berücksichtigt. Die Umstände geben diesen Schritt aber auch ganz deutlich vor, denn nachdem die Distanz zwischen den Varianten für die Wii und die PS2 zu den Versionen auf XBox 360 und PS3 mittlerweile derart groß geworden war, war ein radikaler Schnitt nötig. Der Entwicklung hat dies spürbar gut getan, wie man nun in der neuesten Fassung „NHL 10“ feststellen darf. Die Konzentration auf weitere Einzelheiten im Gameplay konnte nun ohne Berücksichtigung möglicher Einschränkungen forciert werden, um schließlich ein noch realistischeres Feeling auf dem Eis zu kreieren. Dass die aktuelle Ausgabe daher (natürlich) die bislang beste der traditionsreichen Serie ist, scheint in diesem Zusammenhang nur selbstverständlich.

Inhalt:

Inhaltlich hat sich dabei erwartungsgemäß gar nicht so viel verändert. Realismus war erneut die Triebfeder im Spieldesign, so dass man lediglich einige gezielte Veränderungen beim Verhalten der KI vorgenommen und das aktive Spielsystem vereinzelt noch einmal leicht überarbeitet hat. Wie man dies spürt? Schwierige Frage, denn im Grunde genommen scheint alles perfekt; das passive Verhalten der Spieler wirkt absolut optimal, beim Passen bieten sich inzwischen so viele Optionen, dass man noch deutlicher spürt, wie authentisch man ins Spiel eingebunden wird, und auch bei den vielfältig arrangierten Spielmenüs steht man nun vor einer derart großen Auswahl, dass man eigentlich seinen ganzen Jahresurlaub für eine Saison (und noch vieles mehr) verplanen kann – Langeweile, und das ist schließlich oberste Priorität, wird sich hier niemals bieten!

Wo genau lassen sich also faktisch Verbesserungen feststellen? Zu allererst sicher im aktiven Passverhalten! Aber wie überträgt sich diese Entwicklung auf den Spieler? Ganz einfach: Voraussetzung ist, dass er bereits Erfahrungen mit dem letztjährigen Output gemacht hat, denn nur so wird man im Spiel erfahren, wie man noch geschickter mit der Bande umgehen kann, wie man gezielter täuscht und schließlich in den Lauf hinein spielt oder aber wie man seinen Gegner kurz ausschaltet, dass er passiv bleibt und keine spontane Abfangaktion planen kann. Man kennt diese Aktionen bereits, konnte sie gerade in den vorherigen beiden Editionen bereits sehr vertieft wahrnehmen, muss aber auch dieses Mal konstatieren, dass immer noch mehr möglich ist und das kleine bisschen Handlungsbedarf tatsächlich auch aufgegriffen wurde. Wenn es ums Passen geht, hat man sich tatsächlich noch einmal selber übertroffen. Und dies führt schließlich auch dazu, dass die Devise, dass man nur als Team siegen kann, einen elementaren Anteil am Spielbetrieb nimmt. Durch die gesteigerte Zahl der Passoptionen kann bzw. muss man nämlich die gesamte Mannschaft einbinden, um mit noch mehr strategischen Ansätzen einzugreifen. Die vielen Inhalte bedingen einander im aktiven Gameplay – und das anno 2009 mehr denn je!

An anderer Stelle haben EA auch wieder einen Schritt in Richtung der Arcade-Gemeinde gewagt. Der Realismus ist zwar oberstes Gebot, doch gerade in den Fight-Szenen gibt es Gelegenheit, sich einmal richtig auszutoben. Der Wechsel in die First-Person-Perspektive ist diesbezüglich ein netter, wenn auch nicht zwingend erforderlicher Ansatz. Interessanter hingegen ist die Möglichkeit, den Gegenspieler in allen Situationen zu provozieren. Selbst abgepfiffene Aktionen ermöglichen noch die Nachlese durch einen gezielten Check, was natürlich irgendwie auch realistischer ist – die NHL zeigt dies eigentlich an jedem Spieltag!

Die vielleicht wichtigste Nerung ist indes ein heftig verlangtes Comeback: In „NHL 10“ kann man nach dem kurzen Aussetzer aus dem letzten Jahr nun auch wieder eine komplette Saison spielen. Hierbei darf man nun erstmals auch die schweizerische Liga auf den Kufen beackern. Ansonsten stehen gewohntermaßen die amerikanischen Ligen, die DEL und ihre skandinavischen Pendants aus Finnland und Schweden zur Auswahl. Europaweit ist dies aber auch schon alles, denn die übrigen Spielmodi konzentrieren sich ausschließlich auf NHL und AHL – aber einige Updates muss man wohl noch in der Hinterhand haben, um das aktuelle Produkt weiter ausbessern zu können…

Technik/Grafik:

Nach der ausgiebigen Testphase auf amerikanischem und hiesigem Eis steht eines mit Bestimmtheit fest: Es gibt keine Sportsimulation, die so harmonisch und fließend von der Hand geht, wie die neue Eishockey-Parade von EA Sports. Solch realistische Bewegungsabläufe hat man im Konsolensport bis dato nicht zu sehen bekommen, und auch was die Umsetzung der vielen Spielzüge und taktischen Finten betrifft, geben sich die Spieldesigner keine Blöße. Alles ist auf dem Papier machbar, aber eben nicht nur dort – hier wurden großspurige Ankündigungen zum wiederholten Male souverän in die Tat umgesetzt.

Die Grafik? Ganz klar, sie ist das Sahnehäubchen. Nicht nur die Action und die Bewegungen auf dem Eis sind brillant eingefangen, auch die Kulisse und der gesamte Rahmen. Hinzu kommt ein Klangbild, das seinesgleichen sucht. Die Fangesänge haben an Abwechslung und Intensität noch einmal zugelegt, der Soundtrack wurde erweitert und letzten Endes ist alles, nun, es ist alles noch eine Nummer größer und besser geworden!

Spielspaß:

Man braucht bei einem Titel aus der NHL-Reihe eigentlich nicht mehr über den langfristigen Spielspaß zu philosophieren. Er ist massiv, ungebrochen, immer wieder für zeitweiligen Fanatismus gut und schließlich die Bestätigung dafür, dass EA Sports im Konkurrenzkampf Jahr für Jahr das Nonplusultra servieren. Zugegeben, mit „NHL 2k10“ ist unlängst ein anständiger Nebenbuhler auf den Markt gebracht worden, der aus den Fehlern des letzten Jahres gelernt zu haben scheint. Aber dennoch: Der Aufbau, die Möglichkeiten, die inhaltliche Vielfalt, die Detailverliebtheit und schließlich auch die Performance im audiovisuellen Bereich formen ein Spiel, von dem man fast schon sagen muss, dass es seiner Zeit voraus ist. Zumindest ist es die erhoffte und erahnte Referenz auf einem schwer umkämpften Markt, den Electronic Arts in diesem Jahre scheinbar wieder in allen Sektionen für sich entscheiden – aber in keinem Bereich mit so viel Vorsprung wie beim Eishockey!

Fazit:

Die Schwärmereien für die neueste FIFA-Edition nehmen nicht ab, die NBA-Vertretung bekommt auch in diesem Jahr wieder eine Menge Lob, doch der eigentliche Primus im großen EA-Stall hört auch im zweiten Jahr in Folge auf den Namen „NHL“. Selbst diejenigen, die im Vorjahr zugeschlagen haben, dürfen den 10er-Release nicht stehen lassen, da die gezielten Verbesserungen das Spiel noch einmal klar aufgewertet haben und das realistischste Eishockey-Feeling ganz klar in diesem Update zu finden ist. Noch einmal: Dieser Release ist Pflicht für jeden sportbegeisterten Konsoleninhaber!