Night Show (Autor: Richard Laymon)
 
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Night Show von Richard Laymon

Rezension von Torsten Scheib

 

Rezension:

Eigentlich müsste Night Show – nicht bloß wegen des genialen Covers von Kealan Patrick Burke – hübsch verpackt in einer klassischen VHS-Leerhülle daherkommen. Warum? Weil man bereits nach Beendigung des ersten Kapitels auf höchst erfreuliche Art und Weise an die kleinen Horrorfilmklassiker aus den späten 1970ern und frühen bis mittleren 1980ern erinnert wird; Streifen, die solch gehaltvolle Namen wie Tobe Hooper, John Carpenter oder Wes Craven in ihren Abspännen zu bieten hatten. Ausgestattet mit Schemata, die heute als altbacken oder lächerlich goutiert werden, damals respektive inmitten der nostalgischen cinematischen Atmosphäre von einst jedoch eine gewisse Nostalgie hervorrufen – verbunden mit dem herrlichen Gruselgefühl, das sich vorzugsweise in der Herz- und Magenregion meldet.

Keine Frage, zu Lebzeiten muss Richard Laymon nicht nur ein wahrer Filmfreak gewesen sein, sondern sämtliche, in obige Kategorie fallenden Machwerke sehr gut gekannt haben. Was wiederum auch eine Erklärung sein könnte, warum Laymons oftmals pechschwarze Fantasien, gekoppelt mit einem einzigartigen Gespür für fiesen Humor, bei der heutigen Generation von Horrorlesern nur bedingt ankommt. Auf jeden Fall verwundert und grämt es gleichermaßen, dass damals keines seiner Werke von einem talentierten Regisseur optioniert und schließlich adäquat in bewegte Bilder umgesetzt wurde.

Der Auftakt von »Night Show« beweist dies überdeutlich. Gekonnt, rasant und auf den Punkt platziert Laymon auf wenigen Seiten Bekanntes, ohne dabei einfallslos zu agieren. Es gibt das leer stehende Haus, die bösen Streiche der Bullys und selbstredend darf das zu Tode verängstigte Mädchen auch nicht fehlen. Mein Gott, was für ein Adrenalinschub!, denkt sich einer der Hauptpersonen und spricht im Grunde nicht nur für sich, sondern auch für den Leser.

Schnitt ins sonnige L.A. – wo es zunächst ähnlich weiter geht, bis Laymon gewissermaßen die Katze aus dem Sack lässt und seine zwei Helden beziehungsweise deren Broterwerbe näher bringt: Dani Larson, ihres Zeichens äußerst talentierte Filmeffektschmiedin und Jack, ihr Mitarbeiter. Der insgeheim ein Auge auf die attraktive Danielle geworfen hat. Wie auch ein leicht fehlgeleiteter Junge namens Tony, der es offenbar für eine gute Idee hält, zunächst Dani und schließlich allen beiden nach einer kleinen Privatfeier einen ordentlichen Schrecken einzujagen. Dummerweise geht der Schuss aber nach hinten los und sorgt dafür, dass sich die beiden Filmschaffenden näher kommen und ein Paar werden. Ans Resignieren denkt Tony jedoch noch lange nicht und fährt mit seinen makabren Streichen und nächtlichen Überfällen auf Danis Anwesen ungehindert fort. Bis sie und ihr neuer Freund dem Treiben ein Ende bereiten und den dürren, sonderbaren Knaben zur Rede stellen – der mithilfe seiner »Gags« nichts anderes erzielen wollte, als Aufmerksamkeit, um in Danielles SFX-Team aufgenommen zu werden. Behauptet er zumindest. Widerwillig und entgegen der Warnungen von Jack, lässt sich Dani darauf ein – hundertprozentig trauen tut sie dem Kerl dennoch nicht. Zu Recht. Denn in seiner Heimatstatt macht sich ein anderes Opfer seiner makabren Scherze auf, sich bei dem fiesen Bully von einst zu rächen. Auch vor Mord schreckt sie dabei nicht zurück …

 

Nach dem eher durchschnittlichen Licht aus! präsentiert der Festa-Verlag nun mit »Night Show« wieder einen originellen, sehr guten Laymon-Roman, der zwar losdonnert wie eine F90 im Sturzflug, trotzdem seinen handelnden Personen genügend Freiheit gibt, um sich entfalten zu können. Schnell wachsen dem Leser die beiden verliebten Helden ans Herz, legt ihnen Laymon glaubwürdige Dialoge in die Münder, denen zwar nicht selten Akte der freizügigen Intimität folgen, die jedoch zu keiner Sekunde zur reinen Fleischbeschau verkommen, sondern sich harmonisch einfügen. Wer den Kult-Autor also wieder mal als sinnlos-dumpfen Verfechter von ausnahmslos schlüpfrigen Altherrenfantasien verdammt, der irrt gewaltig. Doch auch diesmal kann es Laymon nicht lassen, einen seiner Protagonisten in jene Grauzone zu schubsen, die zwischen Gut und Böse rangiert. Eine relativ überschaubare Passage, die aber trotzdem für Tiefe und Abwechslung sorgt – nicht, dass letzteres nicht genügend vorhanden wäre. Besonders das mehrfache Aufeinandertreffen mit dem zunächst geheimnisvollen Tony sorgt stets dafür, dass die Handlung nie ins Stocken gerät.

Auch die zunächst leicht geheimnisvolle Linda, Tonys rachsüchtige Nemesis, mutet eingangs etwas mysteriös; mitunter sogar deplaziert an, ehe Laymon sehr geschickt ihren Schleier – und ja, auch ihre Kleider; bei Vendetten muss man eben auch mal über seinen Schatten springen – langsam lüftet, bevor das große, atemlose (in jeder Beziehung) und eingehend durchdachte Ende einen finalen Höhepunkt darstellt, der auch in einer der besseren B-Movies von damals hätte stattfinden können. Apropos Filme: Hut ab, wie Laymon, ohne dabei lehrerhaft zu wirken, die Vorgänge »hinter den Kulissen« in seine Handlung eingeflochten hat. Echtes Insiderwissen, das Spaß macht. Vom Filmfan für die Filmfans sozusagen!

 

Fazit:

»Night Show« ist ein Horrorthriller aus den seligen 80ern, die Fans werden ob der Erinnerung daran garantiert in Verzückung geraten. Geradlinig, dennoch nicht ohne Überraschungen, garstig, aber niemals übertrieben, sexy, ohne plump zu wirken und stets mit treffsicheren Spannungsmomenten ausgestattet. Superbes Kopfkino; ein auf ganzer Linie überzeugender Roman.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404200516522476284d
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Buch:

Night Show

Original: Night Show, 1984

Autor: Richard Laymon

Übersetzer: Michael Krug

Taschenbuch, 310 Seiten

Festa-Verlag, 27. Februar 2013

Titelbild: Kealan Patrick Burke

 

ISBN-10: 3865522041

ISBN-13: 978-3865522047

 

Erhältlich bei: Amazon

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Erstellt: 15.03.2013, zuletzt aktualisiert: 30.03.2024 19:30, 13019