Ninja Scroll - Die Serie (DVD)
Filmkritik von Christel Scheja
Unter den ersten Animes, die in den späten 1980ger Jahren ein westliches Release erlebten, war auch ein Spielfilm namens „Ninja Scroll“. Auch dort kämpfte ein einsamer Schwertkämpfer, ein ausgestoßener Ninja gegen den Rest der Welt um ein Vermächtnis zu erfüllen. Allerdings verschwand die Videokassette recht schnell wieder vom Markt, da sie aufgrund zu großer Brutalität keine Jugendfreigabe erhielt.
Die rund fünfzehn Jahre später entstandene 13-teilige TV-Serie „Ninja Scroll“ hat mit dem Vorbild allerdings nur noch wenig zu tun, wenn man einmal von den Namen absieht. Sie ist nicht mehr ganz so brutal und erzählt auch eine ganz andere Geschichte.
Einsam durch das Land ziehende Schwertkämpfer sind jedoch in japanischen Mangas und Animes nichts ungewöhnliches. Samurai und Ninja nehmen dort eine ähnliche Stellung ein wie Ritter und Revolverhelden.
Und hier wie dort gibt es einen großen Unterschied: Während selbst die Ronin, das sind die herrenlosen wandernden Samurai dem strengen Ehrenkodex ihrer Kaste unterliegen, haben Söldner-Ninja nur wenige Regeln, denen sie folgen müssen. Deshalb können sie wie die Revolverhelden ab und zu auch einmal zu Methoden greifen, die von der Gesellschaft und der Obrigkeit nicht gebilligt werden.
Denn die Erfüllung des Auftrages und das Überleben hat gegenüber der persönlichen Ehre einen höheren Stellenwert. Das heißt allerdings nicht, dass sie sich auf das Niveau ihrer Feinde herab begeben müssen.
Jubei Kimagami ist einer dieser ruhelosen Wölfe, die auf der Suche nach Aufträgen durch das Land ziehen, ohne sich jedoch niemals wirklich längerfristig niederlassen wollen. Als er die Schönheit einer Sommernacht genießen und unter den Sternen einschlafen will, wird er jedoch durch Kampflärm aufgeschreckt. Um seine Ruhe zu haben, legt er sich mit den seltsamen Gestalten an, und weist sie auf seine ganz eigene Art zurecht. Die Männer ziehen sich zurück, doch Jubei ahnt nicht, dass er sie bald wiedersehen wird.
Sie gehören zum Kimon-Clan, die das Dorf überfallen, in dem er sich am nächsten Tag aufhält, um seine Vorräte und seinen Wasservorrat zu ergänzen. Die schreckenerregenden Gestalten richten ein furchtbares Gemetzel an und scheinen keine Gnade zu kennen.
Allein Jubei und die junge, selbstbewusste Shigure überleben durch sein beherztes Eingreifen. Der Söldner-Ninja findet so sehr schnell heraus, dass die Horde es eigentlich auf seine hübsche Begleiterin und einen Stein in ihrem Besitz abgesehen haben.
Sie halten sie für die „Priesterin des Lichts“, eine Jungfrau aus altem königlichen Blut, die dazu ausersehen ist, das Drachenjuwel zu beherrschen. Mit ihrer Hilfe wollen sie die derzeitige Ordnung stürzen, und die Macht im Land ergreifen.
Um selbst mehr über Shigures Vergangenheit, ihre Rolle in der ganzen Verschwörung, aber auch über das magische Artefakt heraus zu finden, beschließen die beiden, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, und dem Kimon-Clan zuvor zu kommen.
Zusammen mit dem alten Mönch Dakuan und einem jungen Dieb, die sich ihnen mehr oder minder freiwillig anschließen, machen sich Jubei und die junge Frau auf die Suche Antworten auf ihre brennenden Fragen.
Zwar erhalten sie durch Dakuan und andere einige, aber neue Schwierigkeiten tauchen auf und machen ihnen das Leben schwer. Nicht nur, dass sie sich immer wieder dämonischer Attacken von Seiten des Kimon-Clans her erwehren müssen, sie müssen auch noch etwas anderes feststellen: Ihre Feinde und sie sind keineswegs die Einzigen, die das gleiche Ziel haben.
Auch der grimmige und kampfstarke Schwertmeister Renya Yagyu, ein hochrangiger und der Regierung nahestehender Samurai hat sich auf ihre Fährte gesetzt und will sie in seine Hände bekommen. Er will jedoch verhindern, dass Shigure jemals die Macht des Drachenjuwels einsetzt.
Nicht ohne Grund erinnert „Ninja Scroll“ an die Eastern, die in den 1970ger und 1980ger Jahren aus Hongkong nach Europa und Amerika kamen und das Herz einer zwar kleinen aber doch treuen Fan-Gemeinde eroberten. Auch dort zentrierte sich die Handlung sehr oft um einen einsamen Schwertkämpfer, der zwar zuerst nur seines Weges ziehen will, dann aber doch bereit ist für eine gerechte Sache gegen Tyrannen, Zauberer und Dämonen zu kämpfen. Dabei erweist sich sehr schnell, dass auch er seine Geheimnisse hat und mehr Fähigkeiten besitze als er den anderen weis machen will.
Damit die Sache nicht all zu langweilig und einseitig wird, werden ihm im Laufe der Geschichte auch noch Shigure, die Frau für die er kämpft und mehr zu empfinden beginnt als ihm lieb ist, sowie in Gestalt des Mönches Dakuan und eines jungen Diebes Sidekicks hinzugesellt, die Stichworte geben, gelegentlich Wissen und Beobachtungen mit dem Helden teilen oder für den Humor sorgen.
Ähnlich vielseitig sind die Gegner. Der Kimon-Clan besteht aus unterschiedlichen Freaks, die teilweise die magischen Kräfte ihrer dämonischen Herkunft nutzen, dann aber auch wieder auf technische Gimmicks zurückgreifen, die einen James Bond neidisch machen könnten und vor dem historischen Hintergrund ziemlich anachronistisch wirken. In Renja Yagju finden sie den ritterlichen Gegenspieler, der für eine gewisse Zeit sogar ihr Verbündeter im Kampf gegen den Kimon-Clan und verschiedene Gefahren der Reise wird.
Angesiedelt ist das ganze in einer nicht näher Epoche, die sehr stark an das Japan der Edo-Zeit erinnert, aber auch bestimmte dort erlassene Restriktionen vermissen lässt und durch die mystischen Elemente eher wie ein Fantasyreich wirkt.
Auch die Handlung ist klassisch aufgebaut. Garniert mit vielen Kämpfen müssen die Helden eine Pilgerreise hinter sich bringen, die einige von ihnen reifen und in Verantwortung hinein wachsen lässt - vor allem Shigure und der junge Dieb sind davon betroffen. Immer wieder werfen ihnen die Feinde Steine in den Weg, und nicht alle Gefahren, denen sie entgegen treten müssen sind nur mit dem Schwert zu gewinnen.
Auch wenn Jubei oft überlegen scheint, so kann er doch in ausgefeilt präsentierten Kämpfen seine Fähigkeiten beweisen und trifft auch manchmal auf ebenbürtige Gegner, die es ihm nicht ganz so einfach machen. Die Action ist teil einer gut zusammengestellten Mischung aus Hintergrund, Charakterentwicklung und auch Humor. Es wird niemals langweilig und man fiebert der nächsten Folge entgegen. Zwar wird Gewalt durchaus offen gezeigt, hält sich aber auf einem Niveau, die eine Freigabe ab 16 rechtfertigt.
Erotik spielt hingegen keine Rolle. Auch wenn man merkt, dass Jubei und Shigure durchaus etwas füreinander empfinden, so haben sie gar nicht die Zeit, sich körperlich näher zu kommen. Und die Autoren scheinen das auch nicht für wichtig zu erachten.
Das gute an dieser Veröffentlichung ist, dann man sich das Abenteuer komplett ansehen kann, denn AV Visionen präsentiert alle 13 Folgen der Serie auf vier DVDs. Sie befinden sich in platzsparenden schmalen Amaray-Cases.
Der Pappschuber, in dem sie stecken, ist übrigens nicht nur eine dünne und labbrige Hülle, wie man sie von anderen Serien her kennt, sondern dick, stabil und schwer. Er ist wie die Titelbilder der DVDs stimmungsvoll und passend zur Serie gestaltet - mit Ton in Ton kolorierten Tuschezeichnungen, die an japanische Malerei erinnern.
Auf Extras wird zwar verzichtet, aber das kann man bei dieser Komplettausgabe auch problemlos verschmerzen. Wann sonst erhält man schon einmal 13 Folgen am Stück und dann auch noch zu einem halbwegs bezahlbaren Preis?
„Ninja Scroll“ ist actionreiche Abenteuer und Fantasy Unterhaltung, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Neben einer interessanten und in sich geschlossenen Geschichte werden auch noch zahlreiche Schwertkämpfe präsentiert, die sich vor den Eastern aus Hongkong und Shanghai nicht verstecken müssen.
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