Nocturno Ausgabe 5
 
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Nocturno 5

Rezension von Matthias Oden

 

Inhalt:

Stories von: Charlotte Engmann, Stefan T. Pinternagel, Eddie M. Angerhuber, Markus Kastenholz, Andrea Tillmanns, Thomas Wagner, Antje Ippensen, Micha Wischniewski, Ramona Schroller, Michael Tillmann, Sieglinde Breitschwerdt, Andreas Gruber, Linda Budinger

 

Illustrationen und Graphiken von: Michael Marrak, Nicole Erxleben, Thorsten Grewe, Malte S. Sembten, Timo Kümmel, Manfred Lafrentz, Andrea Tillmanns, Detlef Krämer, Klaus & Wolfgang Schwandt

 

Rezensionen von: Ramona Schroller, Thomas Hofmann, Malte S. Sembten, Markus Kastenholz, Michelle Dépiere, Constanze von Kolck

 

Rezension:

Nocturno 5 – der erste, optische Eindruck ist eine Überraschung: Statt in üblicher Magazinform präsentiert sich die neueste Ausgabe im Buchformat, handlich, 200 Seiten stark und mit einem sehr stimmungsvollen Cover versehen. Im Vorwort erfährt man, dass neues Format und Layout die optische Umsetzung eines Neustarts des NOCs sein sollen. Einer, der der neu gegründeten „Edition Nocturno“ gelungen ist – so viel sei an dieser Stelle schon vorweg gesagt. Markus Kastenholz und Timo Kümmel, die beiden Herausgeber von Nocturno haben mit der aktuellen Ausgabe des Magazins für dunkle Phantastik professionelle Arbeit geleistet.

Der Inhalt von NOC5 gliedert sich in zwei Teile, in einen Literaturteil und einen Rezensionsbereich. Dieser mag zwar durchaus „lesenswert“ sein, wie im Vorwort behauptet wird, aber dennoch muss seine Existenzberechtigung in Frage gestellt werden: Denn es ist sicherlich diskussionswürdig, ob Rezensionen und der neue Buchanspruch von Nocturno zusammenpassen. Darüber hinaus aber können Kritiken zu Büchern, die wie „Grausame Städte“ bereits im letzten Jahr erschienen sind, wohl kaum den Anspruch der Aktualität halten, den jedes Magazin besitzen sollte. Nichtaktuelle Rezensionen aber sind höchstens von archivarischem Interesse und für das Medium Internet geeignet, wo sie von Interessierten abgerufen werden können. In einem Printmedium – ob nun Magazin oder Buch – sind sie verschenkter Platz.

Das Urteil über den literarischen Teil muss aber weitaus positiver ausfallen: Ganze 14 Kurzgeschichten unterschiedlichster Couleur sind dort zusammengetragen worden und decken ein recht breites Themenspektrum ab.

Die Palette reicht von eher skuril-witzigen Geschichten wie „Klex“ von Stefan T. Pinternagel, über bizarr-schwülen Grusel, den Eddie M. Angerhuber in „Madame Mosca“ beschwört, bis hin zu fantasylastigen Geistergeschichten wie Linda Budingers „Nebeltanz“. Letztere mag zwar dem einem oder anderen Leser zu wenig „dunkel“ sein, aber „Nebeltanz“ überzeugt durch eine wunderschöne Stimmung, einen detailliert ausgearbeiteten Hintergrund und glaubwürdige Charaktere. Ebenfalls bemerkenswert ist Thomas Wagners „Die Farben der Tiefe“: Eine deutlich cthuloid angehauchte Erzählung um verstörende Bilder und deren noch verstörendere Entstehungsgeschichte. Die Geschichte erschien bereits 1999 in „Die Saat des Cthulhu“, dem zweiten Band von H.P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens aus dem Hause Festa. Frank Festa nannte sie damals eine „Perle der unheimlichen Literatur“. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Als absolutes Highlight dieser Ausgabe aber muss „Das Innere oder: Die nullte Stunde“ gelten. Die Autorin Antje Ippensen schafft es, in ihrer Erzählung eine Atmosphäre der Unwirklichkeit und Entfremdung zu schaffen, die in ihrer Aufdringlichkeit, mit der sie sich dem Leser aufzwingt, nicht oft zu finden ist. Das Surreale des Szenarios, die Erzählweise, die Dichte des Plots – hier stimmt einfach alles. Und es soll hier als höchstes zu vergebenes Lob verstanden werden, wenn hier behauptet wird, dass ein Thomas Ligotti seine Freude an dieser Geschichte hätte.

Weniger überzeugen können dagegen „Um Kopf und Kragen“ von Charlotte Engmann und Ramona Schrollers „(Alp-)Traumwohnung“. Die erste Geschichte konzentriert ihre ganze Wirkkraft in den Schluss und vernachlässigt Spannungsaufbau und Atmosphäre, die letzte krankt an einem stilistischen Missgriff: Die Methode, eine Geschichte durch Fragen und Gegenfragen des Protagonisten und durch dessen Wiederholungen der Antworten seines Gegenübers zu erzählen, kann ungemein stimmungsvoll sein. Nur wird dieses Stilmittel in diesem Fall bis zur Unglaubwürdigkeit überreizt und nur dazu benutzt, um leidlich witzige Überraschungseffekte zu produzieren.

Garniert sind diese und die restlichen Geschichten mit größtenteils gelungenen Zeichnungen – nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit in diesem Genre, in dem leider noch immer dämlicher Kitsch und billiger Ramsch die optische Umsetzung dominieren. Für die nächsten Ausgaben aber wäre es schön, wenn tatsächliche alle Zeichnungen auch zu den Geschichten passen, denen sie beigegeben sind. Es werden ansonsten falsche Stimmungen genährt oder aber Erwartungen geweckt, die vom Text nicht erfüllt werden.

Doch von solchen Kleinigkeiten abgesehen, besitzt man alles in allem mit NOC5 eine gelungene Sammlung von dunkel angehauchten Geschichten, die aufgrund ihrer Themenbreite für jeden etwas zu bieten hat. Der Preis von 9,80 Euro mag auf den ersten Blick zwar etwas hoch scheine, aber bei einer Auflage von nur 200 Stück und der wie gesagt professionellen Aufmachung ist diese Summe mehr als angemessen. Und wenn man bedenkt, was für Schund man teilweise für dieses Geld auf dem normalen Buchmarkt angebotenen bekommt, dann ist Nocturno 5 auf alle Fälle eine gelungene Investition.

In diesem Sinne: Glückwunsch zum Neustart!

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240424213628cedd0e29
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Nocturno Ausgabe 5

NOCTURNO 5

210 Seiten

A5 Paperback

Preis: 9,80 €

erhältlich bei www.nocturno-mag.de.vu

oder www.virpriv.de


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Erstellt: 11.07.2005, zuletzt aktualisiert: 26.06.2022 20:36, 554