NOVA 14
 
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NOVA 14

Rezension von Ralf Steinberg

 

NOVA - Das deutsche Magazin für Science Fiction & Spekulation

Herausgegeben von Ronald M. Hahn, Frank Hebben und Michael K. Iwoleit

 

Rezension:

Die Nummer 14 des renommierten Magazins für Science Fiction & Spekulation stellt weitaus mehr eine Anthologie als ein Magazin dar, jedoch schmerzt das nicht so sehr, da die Qualität der vorgestellten Kurzgeschichten überzeugt.

 

Doch zunächst beginnt das Heft traurig. In bewegenden und auch informativen Nachrufen wird den verstorbenen Autoren Ernst Vlcek und Thomas M. Disch gedacht. Disch, leider immer noch ein Geheimtipp in Deutschland, wird von Hardy Kettlitz nicht nur für Fans erinnert sondern auch so lebendig vorgestellt, dass er vielleicht posthum neue Anhänger finden möge.

Der Tod von Ernst Vlcek hat sicherlich viele Leser getroffen und sowohl Helmuth W. Mommers als auch Uschi Zietsch stellen diesen sympathischen Menschen in sehr persönlichen Worten vor.

 

Der Bruch ist recht groß, wenn Ralf Noetzel und Niklas Peinecke in ihrer amüsanten und recht abgefahrenen Story 2-Raum-Wohnung nicht nur über Lösungen im Immobiliensektor nachdenken, sondern diese Gedanken mit munteren Charakteren und lockeren Sprüchen garnieren. Flott geschrieben und spannungsvoll inszeniert glänzt diese Autorenzusammenarbeit.

 

In Australien toben momentan katastrophale Buschbrände in genau in jener Gegend siedelt Florian Marzin seine Story Nächstes Mal in Fitzroy an. Beeindruckend ist hier vor allem der sehr authentisch wirkende Background, inklusive Dialogfärbung, der es zur Freude werden lässt, der Handlung zu folgen. Zwar löst sich das Geheimnis etwas zu voyagerlike, davor aber gelingt es dem Autoren den Leser hineinzuziehen. Der Stoff jedenfalls ist groß.

 

Übertragungsfehler von Hartmut Schönher kämpft von Anfang an mit einer verständlichen Beschreibung der aufgezeigten Gesellschaft. Die leicht verworrene Handlung bietet zwar einige interessante Gedanken, aber weder die Figuren noch die Gesellschaft gewinnen eine klare Kontur. Vielleicht funktioniert die Story als Groteske, wenn man den passenden Humor besitzt.

 

Der kleine Haubold liest sich fast wie ein Märchen. Ein Mythos aus den unendlichen Möglichkeiten des Universums, eine elegische Space Opera in Kurzform. Das Schiff hält sich zwar auch nicht mit größeren Figurenraffinessen oder Weltenbauten auf, da aber von Anfang dafür gesorgt wird, die Geschichte als Parabel zu lesen, funktioniert das hier ungemein besser.

 

Die Themeninteressen von Christian Weis spiegeln sich deutlich in seinem Beitrag, Schöpfungsliberalismus wider. In naher Zukunft schickt sich der Papst an, eine Jesus-Geschichte auf einem anderen Planeten zu untersuchen. Die Kirche lädt die Journaille ein, bei dieser wichtigen Reise dabei zu ein, geht es doch dabei um Fragen, die nicht nur das Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft betreffen, sondern auch höchst politisch sind und wie immer geht es um Macht. Weis verpackt das in eine lockere Thrillerhandlung im Schöpfungstakt mit mehreren Akteuren und Interessen, vielleicht fast schon zu gedrängt, aber auf jeden Fall stimmungsvoll und glaubwürdig. Besonders die religiösen Probleme, die sich durch extraterrestrische Glaubensmanifestationen ergeben, bieten noch viel Stoff.

 

Vom ersten Weltkrieg geprägt ist die 1917 erschienene Kurzgeschichte Trümpfe in der Hand von Ret Marut, der mit seinem Totenschiff und unter dem Namen B. Traven weltberühmt wurde.

Die kleine Erzählung steht deutlich in den Spuren von Verne und Poe und thematisiert die Verantwortung des Wissenschaftlers. Erstaunlich aktuell begeistert dieser Klassiker durch das visionäre Gespür für die Zukunft. Man kann die Herausgeber nur loben für diese Wiederveröffentlichung.

 

Sehr schwer hat es hingegen die Novelle von Thomas Wawerka. Auf der anderen Seite versucht verschiedene Themen miteinander zu verbinden. Da ist die Beziehung zwischen Mutter und Sohn. Er floh aus der engen Dorfgemeinschaft, die ihn als Bastard einer Säuferin ausstieß, in die Stadt ohne das Dorf je wirklich loszuwerden. Dann gibt es da noch die Entführungsgeschichte und etwas abgekapselt in Info-Blöcken ein Alternativweltentwurf mit einem geläuterten Hitler und irgendwie positiveren Nazismus. Der Autor schafft es jedoch nicht, die eher uninspirierte Rahmenhandlung mit der Alternativwelt stimmig zu verknüpfen. Beides berührt sich eher zufällig, während der plötzlich auftauchende Vater und die haarsträubende Rettung auch den kleinsten Spannungsfaktor negieren. So entpuppt sich diese Geschichte als die einzige wirkliche Schwachstelle von Nova 14.

 

Hingegen stellt die Arbeit des israelischen Gastautors Nir Yaniv einen würdigen Abschluss des literarischen Teiles des Magazins dar. Seine Wahrheit und Werbung ist eine kleine bitterböse Vision, die erschreckend verstellbar erscheint und genauso durchaus Realität werden kann. Auch hier sei der Redaktion gedankt, dass sie uns einen Blick über den deutschen Tellerrand gönnt – mehr davon bitte.

 

Im Anschluss beschäftigt sich Gero Reimann in seinem Essay Die Hyperrealitäten das David Lynch mit der Wiedergewinnung des Schöpferischen im Spielfilm.

Der Artikel ist sehr speziell und durch seinen trockenen wissenschaftlichen Stil eher für Medienwissenschaftler eine Bereicherung – vermutlich. Eine qualitative Einschätzung kann ich nicht geben, da mir mehr als ein Anlesen des Artikels nicht gelang, obwohl mich das Thema durchaus interessierte.

 

Den Platz vor den Biografien der Autoren und Zeichner okkupierte Helmuth W. Mommers mit seinem aus den Visionen bekanntem Jahresrückblick. Die sehr persönliche Betrachtung der Kurzgeschichten 2007 ist wie immer eine interessante Sicht der Dinge und durchaus Motivation. Sehr schön, dass dieses Resümee einen Platz in Nova fand.

 

Insgesamt ein Wort zu den Illustrationen: Es dominieren halbabstrakte Arbeiten, bei denen man sich eine bessere Reproduktion gewünscht hätte, um Details würdigen zu können. Allerdings ist es wie immer spannend, künstlerische Auseinandersetzungen mit SF-Stoffen kennen zu lernen, öffnen sie doch manchmal neue Perspektiven auf eine Geschichte. Insofern ist jede Förderung der Illustration zu begrüßen.

 

Fazit:

Nova 14 bietet in erster Linie eine Reihe sehr gelungener Kurzgeschichten, der Magazinteil ist diesmal etwas kurz geraten, aber dennoch ist auch Nummer 14 ohne Zweifel wert, verschlungen zu werden.

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Magazin

Nova 14

Herausgeber: Ronald M. Hahn, Frank Hebben und Michael K. Iwoleit

Autoren: Ralf Noetzel, Niklas Peinecke, Florian Marzin, Hartmut Schönher, Frank F. Haunbold, Christian Weis, Thomas Wawerka, Ret Marut (B. Traven), Nir Yaniv, Gero Reimann, Helmuth W. Mommers, Uschi Zietsch und Hardy Kettlitz

Illustratoren: Andrea Korbmacher, Gabriele Scharf, Phillip Schaufelberger, Susanne Jaja, Norbert Reichinger, Christoph, Jaszczuk, Christian Günther, Jan E. Funke

Titelbild: Stas Rosin

Paperback, 182 Seiten

 

ISSN: 18642829

 

Erhältlich bei Nova


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Erstellt: 17.02.2009, zuletzt aktualisiert: 26.06.2022 20:36, 8242