NOVA 26
 
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Nova 26 herausgegeben von Michael K. Iwoleit und Michael Haitel

Rezension von Ralf Steinberg

 

Rezension:

Mit Nummer 26 wechselt das Nova-Magazin nach drei Ausgaben vom Amrûn Verlag zu p.machinery von Michael Haitel. Optisch ist die Veränderung deutlich sichtbar. Nicht nur das Format ist in die Höhe geschossen auch das Schriftlayout wurde geändert, weg vom eleganten Magazin-Style. »Nova« sieht nun aus wie jede andere Anthologie des Verlages.

 

Änderungen gab es auch in der Redaktion. Im Editorial stellt Thomas Sieber sich und das neue Redaktionsteam vor und vermittelt einen neuen Schwung in der alten Dame »Nova«.

 

Die Trennung von Storys und Sachtexten erfolgt über die einzigen Grafiken dieser Ausgabe, die jeweils Teile des Covers von Andreas Schwietzke verwenden. Der Digital-Künstler hat aber schon überzeugendere Bilder geschaffen. Zumal der eigentliche Clou des Bildes, dass hier einem Mech eine Falle gestellt wird, durch die Zerstückelung als umlaufendes Cover und der breiten Inhaltsangabe verdeckt wird.

 

 

Moritz Greenman feiert mit Façonneurs seinen »Nova«-Einstand.

Der reiche Magnat Oliver nimmt seine Frau Grace zu einer Kunstausstellung mit. Hier werden Menschen vorgestellt, die sich mittels Zeitmaschine auf den Weg machten, historische Ereignisse zu verändern. Da ihr Erfolg oder Misserfolg nur in einer alternativen Zeitlinie zu überprüfen ist, bietet die Kunstinstallation die Gelegenheit für die Betrachtenden, ihrer Fantasie diesbezüglich freien Lauf zu lassen.

 

Die Idee bietet durchaus Potential, leider wird sie nicht in einer spannenden Geschichte präsentiert und zudem mit einer Frauenfigur aus den Fünfzigern entwertet.

 

 

Für einen Ausgleich sorgt Marc Späni mit seiner nicht ganz harmlosen Satire Die fünfte Stufe der Entspannung.

Zwischen Terra und der neuen Erde kommt es zu politischen Spannungen durch einen Streit um die Hyperraumtechnologie und der politischen Unabhängigkeit der Kolonie. Die Simulation zweier KIs soll den beiden Parteien klarmachen, dass ein Konflikt und die Schließung des Hyperraumtunnels böse Folgen haben wird.

Da erkennt ein Sergeant der Streitkräfte, dass er beim Empfang des Botschafters gar keinen Flaschenöffner zum Bier mitgehen ließ …

 

Die in flapsigem Ton erzählte Geschichte bleibt bis zum Schluss amüsant.

 

 

In Confinement von Thorsten Küper berichtet der Kybernetiker Jenson Readon vom Desaster an Bord einer orbitalen Versuchsstation.

 

Thorsten Küper hält die Spannung von Anfang bis Ende aufrecht und gibt seinen Figuren Raum für individuelle Reaktionen auf die Erkenntnis, was da mit ihnen geschieht. Der Plot bietet jedoch wenig Platz für Innovationen. Nichtsdestotrotz gewann der Autor mit dieser Geschichte nach Jahren der Vizemeisterschaft sowohl den DSFP als auch den KLP.

 

 

Mitherausgeber Michael K. Iwoleit dringt mit Die Seelen tief in die geistigen Abgründe eines Sterbenden ein, der sich der bitteren Erkenntnis stellen muss, dass er sein Leben der Sinnlosigkeit geopfert hat.

 

Der sensibel erzählte Text lässt das Nachdenken des Autors erkennen. Vielleicht ist er auch so etwas wie eine Aufforderung, den Nächsten und ihren Träumen mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Warum die Story in einem SF-Magazin erscheint, ist jedoch nicht ersichtlich.

 

 

Michael Friebel lässt sich auf einen Quantentanz ein.

Professor Thorwald ist Leiter eines Teilchenbeschleunigers samt angeschlossener Forschungseinrichtungen und wird gebeten, sich ein Quanten-Experiment anzusehen.

 

Die Geschichte gibt zunächst einen ganz lustigen Einblick in die Verwaltung solch eines Komplexes, verzettelt sich dann aber in den Logikproblemen der Quantenphysik. Eine Gag-Story deren Witz versandet.

 

 

Ganz anders Die Geschlechter der Leonen von Bernhard Kempen. Vielleicht kam ihm die Idee dazu beim Übersetzen von Ancillary Justice von Ann Leckie, für die er sehr viele Gender-Probleme in der Sprache lösen musste.

 

Antonia Levi ist intersexuell und berichtet vom Erstkontakt mit den Leonen, bei dem sie eine spezielle Rolle einnahm.

 

Die Berichtsform aus der Ich-Perspektive erlaubt es Bernhard Kempen, die beim Erstkontakt auftretenden Probleme mit Geschlechtern und Sex munter und in lockerem Ton zu erzählen. Eine gelungene Auseinandersetzung mit Genderproblemen, bei der sie zur Abwechslung mal mehr als nur Staffage darstellen.

 

 

Norbert Stöbe beschreitet in Wir kommen ähnliche Wege wie Thorsten Küper in seiner Story.

Hershel ist selbständiger Entsorger von Weltraumschrott. Eines Tages findet er bei seiner Arbeit jedoch etwas ganz anderes …

 

Unterhaltsam lässt uns der Autor an Hershels Abenteuer teilhaben. Neues kann aber auch er dem uralten Plot nicht hinzufügen.

 

 

Der letzte Beitrag des Storyteils kommt von Klaus Berger-Schwab.

Ein Job für Krüppel spielt in einer düsteren Zukunft, in der unser Protagonist mehr schlecht als recht davon lebt, auf Schlachtfeldern Militärschrott und Restmunition zu bergen.

 

Die sehr ungewöhnlich in der zweiten Person Singular erzählte Story erweist sich als einfache Military-SF, ohne mehr sein zu wollen.

 

 

Im Sachtextteil präsentiert uns Thomas Sieber zunächst den ersten Teil des Transkriptes eines Interviews mit Prof. Harald Lesch. Im Einleitungsteil wird viel über die Interviewsituation berichtet, was völlig fehlt, ist eine Vorstellung des Interviewpartners. So fällt es zunächst nicht leicht, die Fragen und ihre Zielrichtung zu erkennen. Aber das ist auch gar nicht so wichtig, denn schon bald entwickelt sich eine muntere Plauderei über Physik und Verschwörungstheorien. Unterhaltsam, aber auch irgendwie planlos.

 

 

In Der entmythologisierte Kosmos. Stanislaw Lems »Katastrophenprinzip« erinnert Dirk Alt an das ihm sehr wichtige Traktat Lems. Im Mittelpunkt steht aber mehr die persönliche Auseinandersetzung des Autors damit. Leserinnen und Leser die das Traktat nicht kennen, werden damit vielleicht nicht viel anfangen können.

 

Es folgen drei Texte anlässlich des Todes von Ursula K. Le Guin.

Vandana Singhs persönliche Würdigung der Kollegin ist sehr emotional und berührend, während Christopher Priest eher sachliche Worte der Würdigung wählt.

Beeindruckend ist der quasi-autobiografische Text Ich stelle mich vor von Ursula K. Le Guin selbst. Ihre Selbstbezichtigung, ein Mann zu sein, lässt nach all den Jahren und trotz ihres Todes immer noch die freundliche Großartigkeit erkennen, mit der sie ihre Rolle als Frau in einer männerdominierten Welt auf die Schippe nimmt ohne den Ernst dahinter zu verharmlosen, aber auch ohne ins Extreme zu verfallen. »Ich stelle mich vor« ist der eigentliche literarische Höhepunkt dieser Nova-Ausgabe.

 

Zum Abschluss gedenkt Horst Illmer einer anderen großen SF-Autorin, die 2018 verstarb: Kate Wilhelm. In gewohnt privaten Worten vermittelt er das Besondere an Kate Wilhelm für ihn selbst, aber auch für die Literatur.

 

Fazit:

»Nova 26« gehört zu den schwächeren Ausgaben des Magazins.Es findet sich keine herausragende Geschichte darunter, dafür ein paar gute. Insgesamt lassen viele der Beträge Mut vermissen, sich mit innovativen Ideen an neuen und spannenden SF-Themen zu versuchen.

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Magazin:

Nova 26

Herausgeber: Michael K. Iwoleit und Michael Haitel

Cover: Andreas Schwietzke

Taschenbuch, 209 Seiten

p.machinery, 31. Mai 2018

Übersetzer: Thomas Sieber

 

ISBN-10: 3957651360

ISBN-13: 978-3957651365

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Kindle-ASIN: B07X7W58B8

 

Erhältlich bei: Amazon

Inhalt:

  • Editorial – Thomas Sieber

  • Façonneurs – Moritz Greenman

  • Die fünfte Stufe der Entspannung – Marc Späni

  • Confinement – Thorsten Küper

  • Die Seelen – Michael K. Iwoleit

  • Quantentanz – Michael Friebel

  • Die Geschlechter der Leonen – Bernhard Kempen

  • Wir kommen – Norbert Stöbe

  • Ein Job für Krüppel – Klaus Berger-Schwab

  • »Bedenke deine Handlungen vom Ende her!« Ein Interview mit Prof. Harald Lesch, Teil 1 – Thomas Sieber

  • Der entmythologisierte Kosmos. Stanislaw Lems Katastrophenprinzip – Dirk Alt

  • Wahre Reise ist Heimkehr. Zu Ehren von Ursula K. Le Guin – Vandana Singh

  • Ursula – Christopher Priest

  • Ich stelle mich vor – Ursula K. Le Guin

  • Kate und ich. Ein Nachruf auf Kate Wilhelm (1928–2018) – Horst Illmer


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Erstellt: 25.10.2019, zuletzt aktualisiert: 26.06.2022 20:36, 18009