Omar, der Geschichtenhändler (Autor: Dave Duncan; Omar 1+2)
 
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Omar, der Geschichtenhändler von Dave Duncan

Omar Bände 1 und 2

 

Rezension von Frank Drehmel

 

Die Straße der Plünderer

Die Götter führen Omar in die uralte Stadt Zanadon, die kurz vor einer Belagerung durch das barbarische Volk der Vorkans steht. Unglücklicherweise betritt er die Metropole nicht als freier Geschichtenhändler, sondern in Sklavenketten. Will er als Chronist der kommenden Ereignisse fungieren, so muss er sich zunächst aus dieser misslichen Lage befreien; dazu bedarf er der Hilfe des mitgefangenen Thorians, einem hünenhaften Krieger.

Schon kurz darauf schleichen die Beiden als mehr oder weniger freie Männer durch die Straßen der Stadt auf der Suche nach Kleidung, Nahrung und Unterschlupf. Dabei geraten sie zufällig in eine Intrige der Priesterschaft des Schutzpatrons der Stadt, des Gottes Balor. Der Sage nach soll jener immer dann erscheinen und die Armeen der Stadt in die Schlacht führen, wenn ein aussichtsloser Krieg droht; ihm zur Seite steht dabei seine Schwester-Geliebte Maiana. Die korrupten Kleriker hoffen nun, die beiden Götter durch sterbliche Marionetten, die Kaufmannstochter Shalilal und den üblen Krieger Fotius ersetzen zu können. Selbstredend versuchen Thorian und Omar die zauberhafte, wunderschöne und allerlieblichste Shalilal zu retten.

Doch ist nicht alles so, wie es den Anschein hat; und nicht jeder, der gerettet werden muss, muss gerettet werden.

 

Die Jägersschenke

Auf Grund ungünstiger Umstände und einer marginalen Missinterpretation der Preise auf der Speisekarte sieht sich Omar außer Stande, seine Zeche in der Jägersschenke, einem Haus für gehobene Ansprüche, zu bezahlen. Als er dann auch noch den Hund des Wirtes, eine Riesentöle namens Winzig, mit dem Stiel einer Axt niederstreckt, scheint ein eiliges Verlassen dieses Ortes mehr als angebracht. Dieses geschah im Sommer.

Im Winter nun führt der Weg den halb erfrorenen Geschichtenerzähler zurück zu der Stätte seines sommerlichen Fehlverhaltens. Die Überraschung des Herbergswirtes ist -wie nicht anders zu erwarten- groß, als Omar die Schänke betritt. In sadistischer Vorfreude malt sich der grobschlächtige Kerl, Fritz, aus, was er mit dem Zechpreller und Tiertöter anzustellen gedenkt: ihn nackt hinaus in die eiskalte Nacht zu treiben. Glücklicherweise ist die Stimmung unter den übrigen Gäste so entspannt und weinselig, dass Omar die Anwesenden zu einem Wettstreit überreden kann, von dessen Ausgang sein Leben abhängen soll. Jeder der Anwesenden möge eine Geschichte vortragen, die er selbst mit einer Geschichte erwidere. Wird seine Erzählung in demokratischer Abstimmung als besser befunden, so nimmt der Wettbewerb sein Fortgang. Andernfalls dürfe der Wirt seinen ursprünglichen Plan in die Tat umsetzen.

Es beginnt der Spielmann!

 

 

Mit “Omar, der Geschichtenhändler” veröffentlicht der Otherworld Verlag nach “Des Königs Dolche” zwei weitere Romane Dave Duncans in einem einzigen -bis auf das trashig wirkende Titelbild- ansprechend aufgemachten gebundenen Sammelband.

 

Zweifellos hat der Autor mit Omar eine Figur entworfen, die wohltuend aus dem Einheitsbrei stereotyper Fantasy-Helden herausragt; nicht nur, weil er eine fast bis zur Selbstverleugnung fatalistische Attitüde an den Tag legt, sondern auch, weil ihn durchaus eine geheimnisvolle Aura umgibt, die den Leser darüber im Zweifel lässt, ob es um einen Menschen- oder Göttersohn handelt.

Für Omar ist “Inch’allah” nicht nur eine Phrase, sondern eine Lebenseinstellung, die ihn sämtliche Fährnisse des Lebens mit unerschütterlichem Gleichmut ertragen lässt. Er glaubt zwar an die Götter, daran, dass der Sinn des irdischen Daseins in ihrer Unterhaltung liegt und dass sie seinen Weg nach ihren Vorstellungen gestalten, er betet jedoch konsequenterweise niemals, noch verflucht er die überirdischen Mächte, da er ihnen Allwissenheit unterstellt. Trotz dieser Schicksalsergebenheit, des Verzichts auf sinnlosen Kampf handelt der Geschichtenhändler selten leichtfertig oder unüberlegt, da ein solches Verhalten den Göttern wenig zur Freude gereichte.

Weil er sich selbst als Chronist historisch bedeutsamer Ereignisse sieht, liegt es nahe, dass Omar seine Waffen -Improvisationstalent, eine flinke Zunge und ein besonderes Gespür für die Situation- selten und ungern einsetzt, um Ereignisse zu forcieren -so geht im ersten Teil des des Romans, “Die Straße der Plünderer”, die Initiative zur Rettung der Kaufmannstocher primär von Thorian aus-, denn dieses verletzte seinen Beobachteranspruch und -status. Damit wird der Held durchaus zu einem erfreulich schwer zu berechnenden Charakter, der für den Leser immer wieder Überraschungen bereithält.

Im Vergleich zu Omar erscheinen die übrigen Charaktere fast schon zwangsläufig relativ schwach, wobei dieses eher noch auf die Protagonisten des zweiten Teilbandes, Die Jägerschänke, zutrifft, da es ihnen an jenen originellen Eigenarten fehlt, die besonders zwei der Haupt-Figuren der ersten Romanhälfte -Shalilal und Jaxian, ihren Bruder- auszeichnen. Eine echte Enttäuschung stellt nur Thorian dar, der Anfangs als gebildeter und eloquenter Krieger die üblichen Schemata zu sprengen scheint, später aber dann doch zu einem eher dümmlich agierenden Maulhelden mutiert und deshalb sehr inkohärent rüberkommt.

 

Bezüglich der Handlungsebene sollte man die beiden sehr unterschiedlich aufgebauten Teilbände gesondert betrachten, obgleich für beide Teile gleichermaßen gilt, dass Handlung und Handlungsaufbau selbst nicht sonderlich originell sind, auch wenn einige nette Plot-Twists den Leser bei der Stange halten und immer wieder hintergründiger Humor sowie mitreißende Situationskomik für gute Laune sorgen.

“Die Straße der Plünderer” leidet an einer viel zu detailreichen Zeichnung der Tochter-Rettungsaktion, die das Geschehen für Rollenspieler zwar inspirierend machen dürfte, den Otto-Normal-Leser jedoch bald zu langweilen beginnt. Duncan verliert sich auf Kosten des Tempos in vielen Kleinigkeiten und Kausalitäten, die realiter durchaus bedeutsam sein mögen, die im Roman aber wie Korinthenkackerei anmuten. Ich möchte nicht behaupten, dass ein kurzes, knackiges “Rein und Raus” ausreichend gewesen wäre, aber etwas mehr Mut zu Auslassungen hätte der Geschichte sicherlich gut getan.

Im zweiten Halbband sind es die unterschiedlichen Geschichten der Wettbewerbsteilnehmer, bei denen trotz der Kürze der Funke nicht so recht überspringen will und die im Vergleich zu den spritzig, witzig erzählten Abstimmungs-Interludien -den eigentlichen Highlights- trotz Intrigen, Götterwirken und Kampfgetümmel deutlich dröge wirken.

 

Stilistisch ist der Roman leider nur Durchschnittsware. Dabei resultiert das Bedauern vor allem aus der Tatsache, dass Duncan seine(n) Helden zunächst in einer originellen, erfrischend altertümlichen, umständlichen -und damit absolut passenden- Diktion kommunizieren lässt, dieses Stilmittel im Fortgang der Geschichte aber an Bedeutung verliert. Zudem hätte ich es im wahrsten Sinne des Wortes als phantastisch empfunden, wenn sich in den Jägersschenke-Geschichten der unterschiedliche soziale Hintergrund der Vortragenden stärker in der Ausdrucksweise widergespiegelt hätte. Zugegeben, der Leser erfährt das Geschehen rückblickend und gefiltert durch den Ich-Erzähler Omar, aber ein guter Geschichtenhändler weiß, sich in seine Figuren hinein zu versetzen.

 

 

Fazit: Ein kantiger, ungewöhnlicher Held in einer streckenweise unterhaltsamen und witzigen Geschichte, die unterm Strich allerdings zuviele Längen aufweist, um wirklich befriedigen zu können.

 

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Buch:

Omar, der Geschichtenhändler

Reihe: Omar Bände 1 und 2

Originale: The Reaver Road, 1992 und The Hunters’ Haunt, 1995

Autor: Dave Duncan

Übersetzer: Michael Krug

Hardcover, 478 Seiten

Otherworld Verlag, Juni 2007

 

ISBN-10: 3950218521

ISBN-13: 978-3950218527

 

Erhältlich bei Amazon

Inhalt:

  • Die Straße der Plünderer

  • Die Jägersschenke


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Erstellt: 04.08.2007, zuletzt aktualisiert: 27.10.2023 15:38, 4624