Open City – Jäger und Gejagte

Filmkritik von Christel Scheja

 

Erst in den letzten Jahren ist deutlich geworden, dass auch Asien eine sehr lebendige Kino-Szene hat, in der so gut wie alle Genres, die es auch bei uns gibt, bedient werden, nur sind sie natürlich in ihrem Erzählstil auf den fernöstlichen Kinozuschauer zugeschnitten, die sich doch schon ein wenig von der westlichen Gangart gewöhnt ist. Einige Filmfirmen haben es sich zur Aufgabe gemacht, die erfolgreichsten und interessantesten Werke auch in Deutschland zu präsentieren.

Der Thriller „Open City“ wird als koreanische Antwort auf „Basic Instinct“ bezeichnet. Ob er das wirklich ist, muss der Zuschauer jedoch selbst entscheiden, denn die Geschichte, die erzählt wird ist anders als man sie gewohnt ist.

 

Auf den Straßen Koreas agieren Taschendiebe und kleine Räuber nicht alleine sondern in organisierten Banden. Baek Jang-mi leitet eine solche Gruppe und verteidigt ihr Revier erfolgreich gegen andere. Das leicht verdiente Geld ermöglicht ihr ein relativ angenehmes und sorgenfreies Leben.

Als sie eines Tages jedoch nach einer erfolgreichen Unternehmung von den Mitgliedern einer rivalisierenden Organisation angegriffen und brutal zusammen geschlagen wird, rettet sie ein junger Mann namens Dae-young in letzter Sekunde und kümmert sich um sie, bis sie wieder halbwegs auf die Beine kommt.

Beide fühlen sich vom ersten Augenblick an intensiv voneinander angezogen und spüren wie ein erotisches Knistern zwischen ihnen überspringt. Als sie bereit sind, ihren Gefühlen nachzugeben, erfahren sie allerdings, wer sie wirklich sind – und ergreifen voreinander zunächst erst einmal die Flucht.

Baek Jang-mi will nichts mit einem Cop zu tun haben, der sie jederzeit festnehmen könnte und Dae-young muss erst einmal verdauen, dass er die gesuchteste Taschendiebin eigentlich schon in seinen Händen hatten.

Auch wenn er sie zu vergessen versucht, so zieht es ihn doch immer wieder in ihre Nähe und er ist bereit, ein gefährliches Spiel zu beginnen, um ihr nahe zu sein, auch wenn er an Kollegen sieht, welche Tragödien sich dadurch ergeben können, wenn geliebte Menschen auf der anderen Seite stehen – so wie eine Mutter, die nach langen Jahren aus lauter Verzweiflung wieder angefangen hat zu stehlen und nun von ihrem Sohn verhaftet werden soll...

 

Tatsächlich ist die Andeutung, dass „Open City“ eine Antwort auf „Basic Instinct“ sei etwas weit her geholt, denn auch wenn hier eine Verbrecherin und ein Cop zusammen finden, so steht doch nicht ihre erotische Verbindung, sondern eher das Katz-und-Maus-Spiel, dass die koreanische Polizei mit den Verbrecherbanden führt, im Vordergrund.

Die Pflicht zählt in dem knallharten Action-Drama noch vor Gefühlen und Blutsbanden. Das beweisen die vielen kleinen und großen Tragödien am Rande. Dass die beiden Liebenden schließlich zwischen den Gewalten zerrieben werden könnten, wenn sie nicht einen Weg finden können, auszubrechen, versteht sich schon von selbst.

Auch wenn durch den Covertext geweckte Erwartungen damit vielleicht nicht erfüllt werden können – der Film wird dennoch flüssig und ohne Längen erzählt und weiß spannend zu unterhalten. Manche Verhaltensweise erscheint zwar einem immer noch rätselhaft, selbst wenn man schon einige asiatische Filme gesehen hat, sind aber eben Teil der asiatischen Mentalität, die einem Westler vermutlich immer verschlossen bleiben.

Bild und Ton erfüllen die Erwartungen und sind von durchweg guter Qualität, wenn man von einigen Passagen absieht, in denen einige Details von all zu schwachen Kontrasten verschluckt werden.

An Extras findet man ein interessantes und informatives Making of, Interviews und nicht zuletzt die üblichen Trailer zum Film und zu anderen Werken der Amazia-Reihe.

 

„Open City“ erweist sich damit vielleicht nicht als erotischer Thriller, kann sich aber schon als Action-Drama sehen lassen, dass sich nicht vor westlichen Filmen verstecken muss, was Spannung und Unterhaltungswert angeht.

 

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