Pakt mit dem Tod (Autor: Wolfgang Hohlbein; Horror-Factory 1)
 
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Pakt mit dem Tod von Wolfgang Hohlbein

eBook

Reihe: Horror-Factory Band 1

 

Rezension von Torsten Scheib

 

Rezension:

Silber Grusel-Krimi, 1972-1986: 494 Ausgaben. Dämonenland, 1989-1996: 176 Ausgaben. Grusel-Schocker, 1999-2001: 73 Ausgaben. Schattenreich Pulp Magazine, 2004-2005: 26 Ausgaben. Wie es scheint, hat der »klassische«, zumeist innerhalb seines 64seitigen Kosmos abgeschlossene Gruselroman ausgedient; ist zu einem Fossil einer Ära geworden, die im Grunde längst nicht mehr existiert und nur noch von stoischen Nostalgikern am Leben erhalten wird … oder?

 

Womöglich doch nicht. Denn innerhalb der bunten Welt der Heftromane tut sich was. Nicht erst seit gestern, im Grunde schon seit einer ganzen Weile. Jedenfalls auf einem ganz bestimmten Sektor. Denn während die Fraktion der Western-, Romantic Mystery- und Krimileser weiterhin dank unablässiger Neuauflagen in ihren nostalgischen Erinnerungen schwelgen darf, hat das phantastische Element dieser viel zu oft zu unrecht verspotteten Literaturgattung die Zeichen der Zeit erkannt. Was längst überfällig war.

Heutzutage reicht es eben einfach nicht mehr, sich prosaisch zu geben, als wären die seligen 1970er und 80er Jahre weiterhin existent (traurige Ausnahme: John Sinclair). Die Welt hat sich verändert und mit ihr die Art einen – guten! – Heftroman zu schreiben und auch zu lesen. eBooks lautet das Zauberwort. Für alle, die den Gang zum Bahnhofsbuchhandel leid sind. Oder übervolle Regale. Es ist aber auch die Gelegenheit, neue Leserschichten zu begeistern, die bislang nichts von der »Groschenheftliteratur« wussten. Und siehe da, plötzlich scheint es in der Tat einen Lichtschweif am Horizont zu geben; werden erfolgreich modernisierte Klassiker wie Professor Zamorra und – selbstredend – unser Mann im All, Perry Rhodan von einer neuen Generation entdeckt. Ähnlich wie das jahrelang in Vergessenheit geratene Vinyl, das zurzeit gleichfalls eine beeindruckende Renaissance erlebt.

 

Doch Erfolg kommt weder über Nacht noch ist er garantiert. Wer eine langlebige, erfolgreiche Serie haben möchte, der muss dafür arbeiten, stets am Ball bleiben – und nicht den Mut zum Risiko scheuen.

Auftritt Bastei-Verlag und Uwe Voehl. Unabhängig davon, was eines Tages unterm Strich stehen wird – für die mutige Entscheidung, eine neue Romangruselserie im Stile obiger Reihen zu starten, gebührt beiden Seiten ein großer Dank. Ich jedenfalls zücke bereits jetzt schon dankbar und ehrfürchtig meinen imaginären Hut.

Doch wie sollte sich eine neue Serie der potenziellen Leserschaft präsentieren; wie kann sie sich ohne große Umschweife in deren grauen Zellen verankern? Ganz klar, mit einem ordentlichen Knalleffekt. Für Band 1 der Horror-Factory vertraute Altmeister Voehl einem weiteren Fels in der phantastischen Brandung, auf jene Synergien, welche der Name Wolfgang Hohlbein zweifellos mit sich bringt. Denn, ganz gleich, wie man zu dem Mann stehen mag – seine beachtlichen Erfolge muss man einfach respektieren. Zahllose Bücher und Kurzgeschichten, mehr als 40 Millionen verkaufte Werke – und außerdem begann Hohlbeins einzigartige Karriere beim – na? – Heftroman. So schließt sich der Kreis.

 

Pakt mit dem Tod lautet der Titel von Hohlbeins Auftaktgeschichte dieser neuen eBook-Reihe. Ein schmissiger, durchaus wirksamer Titel; sehr passend zum Flair einer Horrorreihe. Doch was erwartet den Leser? Verfluchte Herrenhäuser? Vom Spuk heimgesuchte Schlösser? Weit gefehlt. Vielmehr siedelt Hohlbein seinen Beitrag im Amerika des 19. Jahrhunderts an und komplettiert seine ansatzweise Hommage an Tom Sawyer und Huckleberry Finn durch einen jugendlichen Protagonisten. Herman heißt dieser, dessen einschneidende Erlebnisse eine Woche nach seinem Wiegenfest beginnen. Vom Vater mit Missfallen gestraft, ist der kleine schüchterne Junge ferner eine Zielscheibe für Häme, Spott und Gewalt. Kein Wunder also, dass er – nicht zum ersten Mal – vor ein paar Unholden auf der Flucht ist. Mit bescheidenen Resultaten. Vorläufig. Denn bevor Herman zu Tode geprügelt werden kann, tritt ein geheimnisvoller Fremder auf den Plan, der es Hermans Angreifern mit gleicher Münze heimzahlt; mindestens. Es ist ein Wechselspiel aus Aggression, Furcht und unverhohlener Gewalt. Auf beiden Seiten. Und mit einem sehr unschönen Epilog, der gleichzeitig eine neue Ära in Hermans Leben einleitet – und eine verborgene Seite offenbart. Jahre später: Aus dem Buben ist ein junger Bursche geworden, kurz vor der Schwelle zum Mannesalter. Nicht viel gemahnt an das schwache Häuflein Elend von damals. Mehr noch: Aus Hermans einstigen Peinigern sind seine Freunde geworden, mehr oder weniger. Der Auftritt des namenslosen, indianischen Fremden ist längst kaum mehr als eine vage, distanzierte Erinnerung – zumindest, bis dieser abermals das kleine Städtchen aufsucht und sich an Herman wendet …

 

Frage: Wonach hört sich diese Beschreibung an? Nach einer düsteren Coming of Age-Story? Einem finsteren Thriller mit Horrorelementen? Nach einem gelungenen Auftakt?

Es wäre erfreulich, wenn man diese Fragen ausnahmslos mit »Ja« beantworten könnte, doch leider, leider ist dem nicht so. Bereits auf halber Strecke ist der »Pakt mit dem Tod« zu einer konfusen, halbgaren Sache mutiert; scheint Hohlbein mit Power gestartet zu sein und scheinbar zu spät bemerkt zu haben, dass er diesmal keinen 500-Seiter fabrizieren muss. So liest sich dann auch der Roman über weite Strecken wie der mögliche Prolog zu einem richtigen Wälzer – bis Hohlbein merkt, dass dem nicht so ist, und er versucht, die Scharte irgendwie auszuwetzen. Doch geht auch dies daneben, entpuppt sich sein Werk als orientierungslos und entzwei gerissen. Ohne Richtung, ohne Nährwert. Wie eine planlose Busfahrt ohne Endstation. Oder eines dieser Klecksgemälde, bei dem sich dem Beobachter die Frage aufdrängt: »Was wollte uns der Künstler damit sagen?« Oder ist es letztlich doch nur der Auftakt zu einer mehrteiligen Mini-Reihe? Falls dem so ist, wäre ein Hinweis gewiss förderlich gewesen. So aber bleibt Pakt mit dem Tod eine mittelgroße Enttäuschung, eine klassische Bauchlandung, die man Voehl und seiner Horror-Factory nicht gewünscht hätte. Was im Übrigen nicht an Hohlbeins prosaischen Stärken liegt. Schreiben kann der Mann. Schon toll, wie es ihm gelingt präzise und mit wenigen Worten Atmosphäre zu erzeugen. Nur der Rest … genau.

 

Fazit: So schwer mir diese Worte fallen – Band 1 der »Horror-Factory« kann durchaus als Enttäuschung betrachtet werden. Die bestenfalls mittelprächtige Story besticht weder durch Spannung noch durch Horror und erst recht nicht durch Stringenz. Von einem Profi wie Wolfgang Hohlbein hätte man mehr erwarten können und auch müssen. So aber bleibt die Hoffnung, dass sich die Reihe noch steigern kann. Luft nach oben gibt es ja noch!

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eBook:

Blutkrieg

Reihe: Horror-Factory Band 1

Autor: Wolfgang Hohlbein

Herausgeber: Uwe Voehl

Dateigröße: 391 KB

Lübbe Digital, 29. Mai 2013

 

Kindle-ASIN: B00C9WPERQ

 

Erhältlich bei: Amazon Kindle-Edition

 


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Erstellt: 16.06.2013, zuletzt aktualisiert: 05.06.2023 19:35, 13123