Pitt Pistol und der Spion (Pitt Pistol Bd. 3)
 
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Pitt Pistol und der Spion

Reihe: Pitt Pistol Bd. 3

Rezension von Christian Endres

 

Pitt Pistol und seine Crew ziehen zum dritten Mal aus, um Frankreich zu Ruhm und Ehre zu gereichen. Diesmal führt das Abenteuer die Mannschaft der Seestern auf den schwarzen Kontinent, um Frankreichs Status als Kolonialmacht gegenüber der Konkurrenz auszubauen. Doch nicht nur Frankreich und der Korsar des Königs samt seiner bunten Truppe sind auf dem Weg nach Afrika. Auch die Spanier und die Preußen wollen nach einer verräterischen Einflüsterung das ihre tun, um Afrika zu kolonisieren, und haben schon einen bestimmten Plan, wie sie das Rennen um die Kolonisierung und Zivilisierung Afrikas gewinnen wollen – dumm nur, dass es in besagtem Afrika nicht mehr viel zum Kolonisieren, geschweige denn zum Zivilisieren gibt ...

 

Der leider viel zu früh verstorbene René Goscinny war ein begnadeter Texter. Das zeigt sich in diesem Band bereits auf den ersten fünf Seiten, als Goscinny das neueste Abenteuer von Kapitän Pistol mit einem herrlichem Humor einleitet, indem er sich des dreifachen Doppelspions bedient und damit sowohl die Franzosen, als auch die Spanier und die Preußen auf kongeniale Art und Weise ins Rennen um den schwarzen Kontinent schickt und den trickreichen Spion dabei mit einem bissigen Running-Gag und trotz seines Status als verräterischer Spitzel zum heimlichen Sympathie-Träger des Bandes macht. Danach fährt Goscinny weiterhin Seite für Seite durchwegs witzige, aber immer auch geistreiche Geschütze auf: Beim Auslaufen aus dem Hafen von Nantes etwa, als man sich nicht entscheiden kann, in welcher Richtung Afrika liegt; auf hoher See, als es zur ersten großen Schlacht zwischen allen drei Wettstreitern kommt und die Verwirrung groß ist; und natürlich insbesondere bei den Eingeborenen, wo Klischees und Goscinnys Ideen zu anspruchsvollen, pointierten Szenen mit urkomischen, dennoch aber sehr weisen und hintergründigen Dialogen verschmelzen. Sieht man einmal von der etwas schwächeren, dafür aber auch kürzeren Szene mit den beiden Gorillas und Pitt und Maskottchen Jasmin im Dschungel ab, dann hält Goscinny dieses hohe Niveau auch auf allen Seiten durch und legt am Ende noch einmal eines drauf, als er nach bestandenem Abenteuer noch einmal den heimlichen Helden auftreten lässt und der Kreis sich in einem hinreißenden Moment großartiger Erzählkunst schließt. Daneben muss man vor allem die genussvollen Szenen mit den Eingeborenen hervorheben, mit denen Goscinny die ganze Kolonial-Geschichte der wettstreitenden europäischen Großmächte früherer Tage und Deren denken von Menschen zweiter Klasse gehörig auf die Schippe nimmt. Schon heute ein Klassiker der Comicliteratur: Das Fort der neu gegründeten Pistolstadt ist umstellt und bis zum Bersten mit Eingeborenen überfüllt. Pitt Pistol gibt gegenüber dem Häuptling des Stammes zu bedenken, dass bei einer Belagerung die Vorräte wohl kaum reichen – und erhält folgende, wohl überlegte Antwort: „Wir können wieder Menschenfresser werden.“ Köstlich.

 

Albert Uderzos Zeichnungen unterstützen Goscinnys kongeniales Script, wo sie nur können. Das Duo Goscinny/Uderzo war einfach ein Dreamteam, dem man Stunden lang zusehen könnte – was nicht zuletzt an der prächtigen Optik der Bände liegt. Aufgrund der großartigen Symbiose von Bild und Text ist Pitt Pistol und der Spion auch ein Comic zum Immerwiederlesen.

 

Die Aufmachung des Bandes weiß auch diesmal wieder zu gefallen, wenngleich sich der dritte Teil der Reihe mit zwei vermeidbaren Problemen herumschlagen muss: Auf den Seiten 13 und 14 sprechen die Preußen plötzlich nicht mehr Preußisch (zur Erinnerung: Goten, Preußen und Co. sprechen bei Goscinny und Uderzo immer in altdeutschen Lettern). Ausgerechnet beim „Enter-Kuddelmuddel auf der Seestern wäre es sinnig gewesen, das typographische Stilmittel sorgfältiger zu prüfen. Etwas weiter hinten dann – Pitt und seine Mannschaft sind bereits auf dem schwarzen Kontinent –, würde Kapitän Pistol gerne das vor ihm liegende Land für den König von Frankreich in Besitz nehmen und bittet ein Mannschaftsmitglied, ihm die entsprechende Flagge der Heimat zu reichen – und bekommt prompt die weiße Flagge der Kapitulation ausgehändigt, die man ebenfalls im Gepäck hatte. Zumindest glaubt Pitt das und reagiert entsprechend. Auf dem Bild jedoch hat er richtigerweise die blaue Flagge in die Hand gedrückt bekommen, welche – wie eindeutig am Fahnenmast (ohne Speerspitze) zu erkennen – eigentlich die weiße sein müsste, um der Szene einen Sinn zu geben.

 

Das sind zwar nur zwei kleine, im Kontext aber doch ein wenig ärgerliche Fehler, die Goscinny und Uderzo nicht gerecht werden. Schade! Ansonsten besticht das Hardcover aber durch eine tadellose Verarbeitung, gutes Papier und ein Cover mit stimmungsvollem Abendrot und viel Dynamik und Emotion, das sich angenehm von den Titelbildern der ersten beiden Bände abhebt und damit auch äußerlich noch einmal für Abwechslung sorgt.

 

Fazit: Pitt Pistol und der Spion ist ein sehr humorvoller, intelligenter Comic, der vor allem die Stärken von René Goscinny zeigt, welcher es mühelos schafft, den Leser über vierzig Seiten lang bestens und intelligent zu unterhalten. Doch auch Albert Uderzos Artwork weiß schon zum damaligen Zeitpunkt zu begeistern, so dass es aus künstlerischer Sicht an diesem Band wirklich nichts zu meckern gibt.

 

Großartige Story, großartige Bilder und großartiger Humor, dafür aber auch ein oder zwei Abstriche wegen der beiden weiter oben aufgeführten Fehler in Lettering und Farbgebung. Abgesehen davon ist der dritte und damit vorletzte Band der Reihe ein würdiger Nachfolger der ersten beiden Teile, dessen Künstlerteam sich noch einmal sichtlich gesteigert hat und definitiv schon am Asterix-Charme kratzt.

 

Wer die ersten beiden Teile mochte, der wird diesen hier lieben und kann, ja muss bedenkenlos zugreifen.

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240425134052ac441593
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Pitt Pistol und der Spion

Reihe: Pitt Pistol Bd. 3

Autor: René Goscinny

Zeichner: Albert Uderzo

Verlag: Ehapa

Format: Hardcover

Sprache: Deutsch

ISBN-Code: 3770409434

Anzahl Seiten: 48

Erhältlich bei Amazon


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Erstellt: 07.04.2006, zuletzt aktualisiert: 31.12.2023 11:30, 2081