Prinzessinnen (Autor: Philippe Lechermeier)
 
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Prinzessinnen von Philippe Lechermeier

Rezension von Lars Perner

 

Rezension:

Das Buch überwältigt den Leser bereits durch sein Überformat. Doch erst recht erschlagen ist man dann vom Inhalt. Prinzessinnen sind kleine, niedliche, vielleicht auch verzogene Mädchen, die Rosa über alles lieben? Weit gefehlt. Mit solchen Klischees räumen Autor und Illustratorin gründlich auf.

In einzelnen Kapiteln präsentieren die beiden auf jeweils einer Doppelseite ein Thema. Das können Informationen zu Prinzessinnen im Allgemeinen sein oder im Detail eine der unzähligen Prinzessinnen. Dabei zeichnet sich jede durch eine Besonderheit aus, hat nur eine bestimmte Facette des vielfältigen Charakters Mensch. Übertreibung und Überzeichnung sind die markanten Pfeiler dieses aussergewöhnlichen Buches. Zunächst ist da der auffällige Text. Die Schriftgröße wechselt ständig von gigantisch groß bis mikroskopisch klein. Auch Passagen aus Zeitungsschnipseln gebastelt, sind zu bewältigen. Die Übersetzung durch Antoinette Gittinger ist hervorragend. Es muß eine Herausforderung gewesen sein, den französischen Text von Philippe Lechermeier so lyrisch und reimend ins Deutsche zu übertragen. Denn fantasievolle Poesie ist ein Merkmal der Texte. Das andere Merkmal ist der Humor, in dem diese abgefasst sind. Meistens leicht spöttelnd und ironisch, nimmt der Autor die Prinzessinnen nie wirklich ernst. Dies bekommen auch die populären Vertreterinnen dieser Spezies, Aschenputtel, Dornröschen und Co., zu spüren. So stellt er beim Kapitel „Geburt einer Prinzessin“ eine Lüge bloß (nämlich dass Prinzessinnen aus Rosen schlüpfen) und stellt klar, dass auch für die Geburt einer Prinzessin Samen notwenig sind, welche erst einmal in die Rose eingebracht werden müssen.

Auch die pseudowissenschaftlich erklärenden Kapitel (z.B. Modelle von Palästen oder der Schnitt durch einen typischen Prinzessinnenturm) darf man nicht zu ernst nehmen. In „Wie wird man eine Königin“ erfährt man alles Mögliche, nur nicht das was der Titel suggeriert.

Im Prinzessinnentest müssen einfach Fragen beantwortet und dementsprechend Punkte verteilt werden. Und innerhalb weniger Minuten, weiß man, welcher Typ Prinzessin man ist. Und es wirkt tatsächlich. Mein Test ergab, dass ich keine Prinzessin bin. Phänomenal.

Im Abschnitt „Königliche Küche“ gibt es dann leckere Rezepte. Aber nicht für Prinzessinnen sonder mit ihnen als Zutat. Dabei vermißt man zwar die Prinzeßkartoffeln bzw. –bohnen. Aber Prinzessin auf Erbsen mit Blattsalat garniert klingt doch auch nicht schlecht. Sogar Werbung darf nicht fehlen. Natürlich für Kurse im Prinzessinnensein und für eine Prinzessinnenhaftpflicht. Schneewittchen kann viel kraftvoller in den Apfel beißen, seit sie eine hat. Auch die abschließenden Sprichwörter und das Glossar und die Bibliographie kann man nicht ernst nehmen. Ganz am Ende des Buches schlägt über den Leser dann aber wieder die graue Realität zusammen. Ein völlig ernster alphabetischer und thematischer Index erleichtern das Auffinden von Schlagworten im Buch und auch das Inhaltsverzeichnis kommt altbacken daher. Vorbei ist es mit dem Ausflug in die Welt der Fantasie und Prinzessinnen.

Den ironischen Schreibstil setzt Rebecca Dautremer perfekt in ihren Zeichnungen um. Nur selten begegnet dem Betrachter die erwartete Lieblingsfarbe Rosa. Es überwiegt eher warmes Orange bis hin zu feurigem Rot, wobei letzeres die Grafiken dominiert. Aber auch grüne Pastelltöne kann man finden. Die Grafiken stellen die Prinzessinnen und ihr Leben sehr grotesk dar. Eine Prinzessin wird als Klangkörper einer Geige dargestellt - mit ihren Haaren als Saiten. Auffallend sind die überdimensionierten Proportionen. Mal ist es ein viel zu großer Kopf, der auf einem dürren Hals sitzt. Ein anderes Mal ist es eine gar nicht so hübsche Prinzessin, deren ballonförmiger Körper sicher nicht nur durch ihren Reifrock erzeugt wird.

 

Fazit:

Dieses Buch ist für Erwachsene und Kinder gemacht. Der Text ist sehr anspruchsvoll und enthält meist tiefsinnige Andeutungen, die (wenn man sie denn überhaupt als solche wahrnimmt) manchmal schwer zu interpretieren sind. Noch schwerer ist es aber die eigenen Interpretationen Kindern verständlich zu machen. Für diese ist es zuerst ein zauberhaftes Bilderbuch.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202412110838193cb3ef0c
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Prinzessinnen

Autor: Philippe Lechermeier

cbj, Februar 2008

(Hardcover), 92 Seiten

ISBN-10: 3570133540

ISBN-13: 978-3570133545

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 19.02.2008, zuletzt aktualisiert: 27.01.2021 19:28, 5858