Rezension von Björn Backes
Inhalt:
Fünf Fremde werden von einem mysteriösen Geldgeber angeheuert, einen riskanten Bankraub zu begehen, und dies auch noch am helllichten Tag. Doch der Coup läuft schief und die kompromisslosen Gangster sind gezwungen, eine Angestellte als Geisel zu nehmen, um ihren Auftrag zufrieden stellend zu erfüllen. Als sie dann am ausgemachten Treffpunkt eintreffen und ihrem Boss die Beute übergeben wollen, folgt der Schock: Der Auftraggeber liegt erschossen und verkohlt auf dem Boden einer Lagerhalle und hinterlässt einen Wust an Rätseln. Mit einem Mal verschwindet auch das Vertrauen der Beteiligten ineinander: Irgendjemand hat das Team verraten, und da lediglich die Verantwortlichen selber vom Geheimversteck wussten, liegt der Verdacht nahe, dass der Verräter aus den eigenen Reihen kommt. Hitzige Diskussionen über das weitere Vorgehen, die eigenen Identitäten und den Auftrag selber entbrennen und drohen in dem Moment zu eskalieren, als sich die losen Verbindungen langsam zu einem diabolischen Puzzle zusammenfügen.
Rezension:
Puzzle geht mit bereits mit schwersten Geschützen ins Rennen um die Gunst der Zuschauer, denn immerhin vergleicht Publisher Splendid Film den neuesten Titel der hauseigenen Amasia-Reihe mit Tarantinos geschichtsträchtigem Kultwerk Reservoir Dogs, dem mental vielleicht sogar brutalsten Werk des Ausnahmeregisseurs. Und in der Tat präsentiert sich der jüngst vom Kim Tae-kyeong inszenierte Streifen als knüppelhart in der Darstellung und erbarmungslos in seiner dezent eingeflochtenen, dann aber umso intensiveren Action. Doch ist dies schon alles?
In der Draufsicht hat „Puzzle“ jedenfalls nicht viel mehr zu bieten als plumpe Sprüche, weniger charismatische Hauptakteure und eine recht zerfahrene, wenn auch interessante Handlung, die sich jedoch mit den Meisterwerken Tarantinos nicht einmal im Ansatz messen kann. Zu durchsichtig scheinen schon zu Beginn die Verstrickungen, zu künstlich manche Wendung und zu aufgesetzt das teils sogar nervige Gehabe der Hauptdarsteller, denen die „Reservoir Dogs“-Vergleiche schon in den ersten Sequenzen zu Kopf steigen. Zwar profilieren sie sich in ihrer Rolle als brutale Gangster einigermaßen gut, jedoch raubt die deutlich westliche Orientierung diesem asiatischen Original blitzschnell wieder ihren Charme, der darüber hinaus auch durch die penetrant forcierte Coolness der Darsteller noch weiter eingedämpft wird. Ein weiterer Unterschied zu Master Quentins nunmehr legendären Produktionen…
Zumindest verspricht die Story in einigen Passagen gute Ansätze und eine teils prickelnde, manchmal auch morbide, zumeist aber dann doch mitreißende Atmosphäre, die sich in erster Linie aus der Unschlüssigkeit der Handelnden konstituiert. Auch wenn die Story über weite Strecken transparent bleibt, so gibt es hier und dort dann doch immer wieder Punkte, in denen sich der Regisseur die Unberechenbarkeit der Vorlage zunutze macht, um zumindest im kleinen Rahmen für Überraschungen zu sorgen. Immerhin. Leider jedoch bleiben derartige Erfolgserlebnisse im Gesamtkontext eher die Ausnahme, da das Story-Arrangement sich einfach zu häufig in typische, engmaschige Schemen pressen lässt. Erst am Ende versucht man schließlich, diese Fesseln ein wenig zu lösen und mit einem versöhnlichen Showdown dennoch einen minimalen Mythos zu kreieren, dessen Wirkung jedoch gerade angesichts der hoch gestochenen Vergleiche leicht wieder verpufft. Sich mit Tarantino auf eine Stufe stellen ist die eine Sache; dessen Klasse aber auch wirklich zu erreichen eine ganz andere – und in diesem Fall ein Erfolg, der Kim Tae-kyeong absolut nicht vergönnt ist.
Fazit:
Auch wenn „Puzzle“ kein direkter Abklatsch von „Reservoir Dogs“ ist und auf der Handlungsebene durchaus eigenständige Züge auffährt, versinkt der Streifen zu oft in seinen zahlreichen Klischees und der zur Priorität erkorenen Coolness. Da auch der vermeintliche Tiefgang nicht zu erkennen ist und die Action bisweilen einfach nicht konsequent ausgearbeitet wurde, bleibt „Puzzle“ letzten Endes eine Produktion, die man auch als Liebhaber des asiatischen Kinos nicht zwingend gesehen haben muss.
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