Rex Feuchti von Margarethe Grimma
Rezension von Ralf Steinberg
Verlagsinfo:
Der Porno-Rapper Rex Feuchti ist nur eine von vielen popkulturellen Peinlichkeiten. Wie kommt es, dass er mit seinen schwanzigen Texten die Schnittstelle bildet zwischen einer Widerstandszelle im Lidl-Markt, einem eremitischen Kunstsprachenschöpfer und einer Geheimgesellschaft, in der alle Sven heißen? Und wer hat Margarethe Grimma da mit reingezogen? Hängt überhaupt etwas miteinander zusammen?
Margarethe Grimma legt aufrüttelnde Dokumente aus einer unwahrscheinlich vertrauten Wirklichkeit vor.
Rezension:
Margarethe Grimma ist eine Kunstfigur. Schöpfer Jasper Nicolaisen verwendet sie als eine Stimme in der Collagen-Novelle Rex Feuchti. Im Interview erzählte über die Entstehung:
»Die Novelle entstammt der Zeit, als ich mich neben der Textarbeit für einen Brotberuf entschied und also noch mal Erzieher wurde. Ich habe mich da viel mit der Frage rumgeschlagen, wie Kunst und Erwerb zu vereinbaren sind, was mir Kunst und Arbeit überhaupt bedeuten und wie ich das prekäre Leben in meinem Umfeld erlebe. Das habe ich in kurze Text in verschiedensten Stimmen gepackt, die ich morgens vor der Arbeit verfasst habe. In bearbeiteter Form wurde das dann eben »Rex Feuchti«. Die vielen Stimmen der Textschnipsel eignen sich besonders gut fürs Einlesen (und Einrappen), wie oben schon gesagt. Reinhören kann man in einen Trailer schon hier: Soundcloud-Trailer.«
Von der sprachlichen Vielfalt lebt der Text. Nicolaisen gelingt es erschreckend mühelos, blasenschlagende Kunstkritiker ebenso zu parodieren, wie eine Pornodarstellerin, Selbstfindungsapologeten, Betrüger, Marktschreier, Internetkommentare, Zeitungsartikel oder Fernsehreportagen. Die Masse ist beeindruckend, nicht immer leicht zu lesen, aber oft genug hochgradig amüsant, wie etwa der rückwärts geschriebene Text über Geister.
Alle Schnipsel ranken sich irgendwie im Rex Feuchti, dem Pornorapper. Es ist gar nicht so einfach Porno-Rap glaubwürdig zu dichten. Nicolaisen erledigt das mit Links. Saftig und blöd geht es zu, wenn Feuchti über »Alle Deine weiblichen Verwandten« sabbert. Die Geschmacksverstöße kennen keine Grenzen.
Das ist witzig. Gerade weil man weiß, dass Feuchti von einem katholischen Castingshowjurysternchen in einer Einkaufsstraße enthauptet werden wird.
Natürlich spielt sich das alles in einer Parallelwelt ab. Nur dort gibt es lebendig gewordenes Erbrochenes als Manifestation dessen, was man mal rauslassen muss. Auch das Sven-Netzwerk wäre in unserer Realität undenkbar. Leute die Fernsehen plötzlich fade finden? Auf so etwas muss man erst einmal kommen.
Einen großen Spaß erlaubt sich Nicolaisen auch mit diversen Soundkunsteleien. So reiht sich Nichts an Nichts, das Weglassen von Geräuschen wird erotisch aufgeladen und verheißt die völlige Befreiung von Fehlinterpretationen. Klingt doch verführerisch, oder? Ja, Kunst ist manchmal auch einfach nur die Idee von sich selbst.
Und wer ganz genau hinliest, findet sogar ein kleinwenig Autobiografisches in »Rex Feuchti«. Wenn das die Kolleginnen wüssten!
Aber wer wird diese muntere Collage lesen? Für wen ist »Rex Feuchti« gedacht? Vielleicht für all jene, die es richtig finden, dieses Leben mit Humor zu nehmen und die ihn in jeder noch so kleinen Nische unserer Alltagswelt finden. Auch bei deinen weiblichen Verwandten.