Saramees Blut hrsg. von Christoph Weidler
Reihe: Saramee
Rezension von Christel Scheja
Saramee ist eines der wenigen noch existierenden Shared World-Projekte, bei denen viele Autoren das Schicksal einer Stadt und ihrer Bewohner mitgestalten und weiter entwickeln.
Nachdem die früheren Romane auch Ausflüge in die Welt, die Geheimnisse der Magie und die große Politik wagten, haben sich die Macher bei der aktuellen Sammlung dazu entschieden, den Schwerpunkt auf „crime“ und „fantasy“ zu verlegen, also Geschichten, in denen Ermittler, Täter und Verbrechen im Vordergrund stehen.
Elf Geschichten sind somit unter dem Deckel von Saramees Blut versammelt, in denen ein Blick in die Abgründe der Seelen vieler verschiedener Wesen geworfen wird. Verbindende Elemente sind die Ermittler um Hauptmann Balvin Croft, die mit allen Mitteln versuchen, die Verbrechen aufzuklären oder besser noch Schlimmeres zu verhindern.
Bereits in der ersten Geschichte erzählt Christoph Weidler von dem Schicksal des Ermittlers Abal, der gute Gründe hat, so verbissen für Recht und Gesetz zu kämpfen, allerdings auch bereit ist, beides zu übertreten, wenn er dem Mörder seiner Familie nahe kommt, der auch noch später sein böses Spiel mit ihm treiben wird.
Ein Blick in die Psyche eines ganz normalen Menschen, der nach und nach immer mehr den Abgründen in sich selbst verfällt, erlaubt Tobias Radloff in Der Räuber, Ralf Steinberg erlaubt sich in Die Bedeutung einer Feder ein makaberes Verwirrspiel mit den Ermittlern und knüpft ein Netz aus Geheimnissen, die nicht alle enthüllt werden.
Dann wieder tauchen Geschichten wie Mantel des Schweigens und Cajú Geheimnis ganz in die zwielichtige Welt der Verbrecher, Hehler und Gauner ein und erlauben sich ihr böses Spiel mit ihnen. Und nicht zuletzt erlauben sich Geheimbünde und düstere Kulte Saramee als ihre ganz persönliche Spielwiese zu benutzen, ohne Rücksicht auf die Bewohner.
Mal mehr, mal weniger blutig und grausam entführen die Geschichte in ein dunkles Saramee, in dem das Verbrechen zu blühen scheint und vor allem Kulte und Geheimbünde ein leichtes Spiel mit der Wache haben.
Auch wenn Croft und Co. es gelegentlich schaffen, dem übel Einhalt zu gebieten, die Autoren machen doch keinen Hehl daraus, dass das oft nur von kurzer Dauer sein wird, vor allem wenn es sich nicht nur um Einzelpersonen handelt. Die Hauptfiguren sind jederzeit wiedererkennbar, und entwickeln sich teilweise auch ein wenig weiter, so dass sich trotz aller Unabhängigkeit ein feiner roter Faden durch den Band zieht und die Texte so miteinander verbindet.
Bei dem eingeschränkten Thema wundert es nicht, dass die Geschichten mehr oder weniger alle den gleichen Grundtenor haben. Sie sind böse, düster und enthüllen die Abgründe menschlicher und anderer Seelen, die Autoren toben sich in der Schilderung grausamer Szenen aus und genießen zynische Dialoge, der einige vergesse aber auch nicht, lichte Momente oder sogar Anflüge von Humor mit einzubauen, um die Handlung aufzulockern.
Zwar gewinnen die Autoren dem Thema durchaus unterschiedliche Seiten ab, es ist aber auch günstig, nicht all zu viele Texte auf einmal hintereinander zu lesen, sondern bewusst Pausen zu machen, um Abstand zu gewinnen.
Insgesamt sind die Erzählungen von hoher Qualität, werden spannend in Szene gesetzt und überraschen so manches Mal mit unerwarteten Wendungen, Enthüllungen oder Entwicklungen. Jeder Leser wird deshalb auch seine ganz persönlichen Highlights finden können.
Saramees Blut wird daher voll und ganz dem Anspruch gerecht, spannende Kriminalgeschichten im Fantasy-Gewand zu erzählen. Vor allem Liebhaber böser, intrigen- und actionreicher Abenteuer werden sich von der Anthologie angezogen fühlen, die auch dem Horror nicht ganz abgeneigt sind.
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