Rezension von Ramona Schroller
Schattenreich, das neue Pulp-Magazine von Bastei, startet endlich mit Heft 1 im regulären Handel. Geboten werden auf 65 Seiten zwei Kurz- und eine Fortsetzungsgeschichte sowie ein zehnseitiger Mittelteil mit News rund um die Gothic-Szene.
Das Cover schmückt diesmal ein nackter Männertorso in Fötusstellung, im Hintergrund sieht man den Schattenwurf eines Friedhofzaunes. Nicht ganz so toll scheint es mir, aber offensichtlich haben die Leser entschieden. Nach dem Probewurf von Heft 0 gab es eine öffentliche Abstimmung darüber, welches Cover das erste Heft schmücken sollte. Hier haben dann wohl doch die Leser entschieden.
Kommen wir zum Inhalt:
Den Anfang macht Stefanie Seidel mit „der Hüter meines Bruders“. Seidel hatte sich bei einer anderen, inzwischen eingestellten Bastei-Heftserie beworben. Nun, es ist zumindest interessant, ihre Geschichte zu lesen.
Ein altes Herrenhaus nebst Anwesen wird in ein Internat umgewandelt. Doch Haus und Grundstück bieten einem jahrhundertealten Fluch Zuflucht. Als dieser Fluch wieder zum Leben erwacht, muß die Kirche, in deren Besitz sich St. Leodigan's befinden, alles aufbieten, um sich dem entgehen zu stellen und ihre Schützlinge zu retten.
Es ist eine gut durchdachte Geschichte, dies zuerst. Doch irgendwie fehlt mir persönlich der gewisse Pep dabei. So richtig gruseln konnte ich mich nicht. Und ein Kinderfriedhof, ob geweiht oder ungeweiht, ist zwar traurig anzusehen, aber dort einen gefallenen Engel anzusiedeln ... nicht gerade neu.
Claudia Kern arbeitet ihres Zeichens bei den beiden Serien „Professor Zamorra“ und „Maddrax“ mit und berichtet hier über „den dunklen Feind“. Eine düstere Geschichte aus dem ersten Weltkrieg um einen Tunnelbau.
Ein wenig vermißte ich hier die Zusammenarbeit zwischen den deutschen und englischen Soldaten, die ja schließlich in dem Tunnelsystem des „Monsters“ (?) gefangen sind. Klar, die Engländer helfen den Deutschen kurzzeitig mit Dynamit aus, doch von echtem Teamwork kann irgendwie keine Rede sein.
Alles in allem wirkt diese Geschichte ein wenig zu sehr konstruiert und von anderen Dingen, beispielsweise Lovecrafts Monster, inspiriert. Und das ist ein wenig schade, denn das Potenzial für eine hervorragende Horror-Geschichte ist gegeben. Dennoch bleibt mein Daumen unten.
Als letzte Dame stellt sich einmal mehr Charlotte Engmann dem Publikum. Nun, ich habe Heft 0 besprochen, in dem „oh, du lieber Augustin“ bereits vertreten war. Auch hier bleibt wieder der Eindruck eines eindeutigen Siegers zurück, wenn auch diesmal nicht ganz so einsam auf der Zielgeraden.
Lukas ist ein alter Vampir, der sogar das Sonnenlicht auszuhalten gelernt hat. Und genau diese Fähigkeit braucht er, als in seinem Schloß eingebrochen wird und er den Dieb stellt: ein junges Mädchen, das eine Spieluhr gestohlen hat.
Lukas findet heraus, daß hinter dem Mädchen sein Erzfeind Waidinger steckt, der die Spieluhr unbedingt haben will. Nicht wissend, auf welch gefährliches Spiel er sich einläßt, findet ein Treffen der beiden Feinde statt - ein Treffen, das Lukas fast das Leben kostet.
Spannend, actionreich - eben einfach gewohnt, präsentiert Engmann den Beginn ihres Sechsteilers um den Vampir Lukas, der stellenweise sehr an eine ihrer alten Figuren erinnert. Keine Schwächen, keine Hänger, ein klassischer Spannungsbogen und die ganze Zeit das Gefühl im Nacken, daß irgendetwas nicht stimmen kann, so ist die Geschichte geschrieben.
Für mich ein Glücksgriff für Bastei, diese Autorin gewonnen zu haben.
Im Mittelteil des Heftes findet sich wieder der zehnseitige Magazinteil, der wohl vornehmlich Gothics anspricht. Die Leserseite hat ihren eigenen Namen erhalten mit „Stimmen aus der Gruft“, Medusa führte ein Interview mit dem Machern eines Low-Budget-Filmes, zwei Cds werden besprochen, deren Interpreten mir leider gar nichts sagen. Zum Schluß gibt es noch ein Kreuzworträtsel mit einem Gewinnspiel.
Eindeutig besser als die kostenlose Nullnummer, mit viel Potenzial. Ein Gewinn für die doch überschaubare Heftromanwelt in Deutschland.
Nach oben