Scorpion: Disfigured (PC)
 
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Scorpion: Disfigured (PC)

Rezension von Cronn

 

Der Raum ist in ein dumpfes Grün getaucht. Ich bewege mich hüpfend von Kiste zu Kiste, stets darum bemüht, keinen Kontakt mit dem grünen Wasser zu bekommen, da es mit einer Chemikalie verseucht ist, die meinen Gesundheitszustand rapide verschlechtert.

Mein Ziel ist eine Leiter im Hintergrund des Raumes in der Abfallbeseitigungsanlage. Ich erreiche sie mit kleineren Blessuren.

Doch dann höre ich über mir ein Scharren auf den Metallrosten. Jemand oder etwas läuft dort entlang! Mir wird kalt und heiß zugleich.

Langsam schleiche ich zum Treppenaufgang, spitze über die Roste hinweg und sehe eine grauenhafte Szene:

Auf einem Laufgitter hockt ein Mutant. Er gräbt mit seinen Händen in den Überresten eines Tieres herum, scheint zu fressen. Igitt! Ich muss mich abwenden. Doch da hat er mich schon erspäht und geht zum Angriff über.

Ich wechsle die Waffen, benutze nun anstelle eines Sturmgewehrs eine Schrotflinte, da ich den Typen auf dem Laufgitter kaum verfehlen kann, weil er nicht ausweichen kann. Bald schon erreicht er die Entfernungsmarke, an der die Wirkung meiner Schrotladung am stärksten ist.

Ich ziele und schieße aus der Hüfte!

Ein gewaltiger Schlag erschüttert mich, als das Gewehr losgeht. Der Rückstoß ist ganz schön heftig für die Schrotladung. Ich erwische den Mutanten voll. Er wird zurückgeworfen, taumelt ans Geländer des Laufgitters und fällt hinüber.

Es klatscht heftig, als er im vergifteten Wasser aufschlägt. Kurz noch treibt er an der Oberfläche, dann geht er in der kniehohen Chemikalie unter.

Mein Weg ist frei. Doch schon wieder höre ich weitere Mutanten über die Laufgitter huschen.

Es war doch keine gute Idee, hierher zu kommen, vermute ich.

Aber es gab keine andere Chance – irgendeiner muss sich darum kümmern, und diesen Warlord und seine Machenschaften auskundschaften. Es wird Zeit, dass ich hier unten nach dem Rechten sehe...

 

SCORPION: DISFIGURED heißt der neue Titel im Portfolio des Entwicklers Atari. Entwickelt wurde SCORPION: DISFIGURED von dem russischen Entwicklerstudio „B-Cool Interactive“, das sich u.a. aus ehemaligen Mitarbeitern von GSC Gameworld zusammensetzt, den Entwicklern von „S.T.A.L.K.E.R.“.

Ist SCORPION: DISFIGURED ein Spiel, das in eine ähnliche Richtung geht? Die Antwort lautet „Ja“ und „Nein“. SCORPION: DISFIGURED ist ebenfalls ein Shooter, allerdings liegt der Aspekt nicht zu stark auf den Rollenspiel-Charakter wie bei „S.T.A.L.K.E.R.“, eher müsste als Vergleich „Crysis“ herhalten. Ob es auch spielerisch diesen Vorbildern gerecht wird?

 

Hintergrund:

Die Hintergrundgeschichte wird folgendermaßen geschildert: 2048. Auf den Terror folgten Bürgerkriege. Auf die Bürgerkriege der Zerfall der staatlichen Ordnungen. Heute sind der Mittlere Osten und Südosteuropa verwüstetes Land, heimgesucht von innerarabischen Stammesfehden, religiösem Fanatismus und skrupellosen Warlords, die in diesem Chaos einige Inseln geschaffen haben, in denen sie als zentrale Gewalt fungieren. Sarajewo ist so eine Insel. Und über sie herrscht Shamil, der sich selbst „Pharaoh“ nennt und über den Weltkonzern Zinyth Enterprises gebietet, ein undurchschaubares Konglomerat an Biochemie- und Pharmafirmen, das die ehemalige bosnische Hauptstadt ernährt. Und schon lange herrscht der Verdacht, dass Shamil auch im internationalen Waffenhandel seine Finger mit im Spiel hat. Eine junge Wissenschaftlerin flieht aus dem gigantischen Industriekomplex, der über Sarajewo thront wie eine monströse mittelalterliche Burg. Und sie berichtet von Menschenversuchen, der Entwicklung eines Virus, der aus friedlichen Menschen willenlose Selbstmordattentäter machen soll – und einem Kampfanzug, der seinem Träger unglaubliche Fähigkeiten verleiht.

Man würde ihr vielleicht nicht glauben, wenn es ihr nicht gelungen wäre, einen Prototypen des Anzugs zu stehlen.

In Washington gibt es einen Geheimdienst, von dem nicht einmal der Kongress und der Senat wissen. Ein Special Agent wird beauftragt, die Aussagen der Wissenschaftlerin zu überprüfen.

Seine Waffen: der Prototyp des Anzugs. Und die Ortskenntnis der Wissenschaftlerin. Sein Deckname ist „Scorpion“.

Und exakt diesen Special Agent verkörpert der Spieler.

Die Story verdient sich keinen Oscar, dazu sind die Komponenten zu bekannt. Doch sollte das Gameplay stimmen, könnte man darüber hinwegsehen. Daher widmen wir uns als nächstes sofort dem Spiel genauer zu.

 

Spielkonzept und Steuerung:

SCORPION: DISFIGURED besitzt eine Reihe von Komponenten, die das Gefühl verleihen könnten, es mit einem Geheimtipp im Shooter-Bereich zu tun zu haben.

Neben den obligatorischen Waffen erhält man bei SCORPION: DISFIGURED auch einen Anzug, der mit verschiedenen Gimmicks ausgestattet ist. So gibt es ein Energieschild, die Telekinese-Fähigkeit, Gedankenkontrolle zum Übernehmen von Gegnern, Zeitverzögerung (Bullet-Time) und anderes mehr. Drei Waffen und drei dieser Gimmicks dürfen gleichzeitig aktiv sein.

Was sich in der Theorie sehr schön anhört, ist in der Praxis kaum relevant. Die Gimmicks werden kaum benötigt, um SCORPION: DISFIGURED zu spielen. Die Idee verpufft daher wirkungslos.

Die Level sind recht geradlinig, nur selten kann man sich verlaufen. Die Architektur ist dabei heftigen Schwankungen hinsichtlich ihrer Qualität unterworfen. Manchmal sind Türen nicht zu erkennen, da sie im Dunkeln liegen, womit der Spieler den weiteren Verlauf des Levels nicht erkennen kann. Wo geht es weiter? wird sich angesichts dieser Designschwächen mancher fragen.

Für den Anzug und für die Energie benötigt man Batterien. Das ist an und für sich nichts schlimmes. Dass man aber die Batterien jedes mal mit Tastendruck einsetzen muss, sobald die alten verbraucht sind, wirkt altbacken. Ebenso die Tatsache, dass man jeden Toten mittels Tastendruck untersuchen muss, um etwas zu finden. Das mag im Rollenspiel-Shooter angehen, bei SCORPION: DISFIGURED erwartet man hingegen unkomplizierte schnelle Action, da stört dieses Element nur.

 

Grafik und Sound:

Ein zwiespältiges Gefühl hinterlässt SCORPION: DISFIGURED auch hinsichtlich der Grafik. Das Spiel ist dunkel, sehr dunkel sogar. Das wirkt gruselig und hat einen gewissen Horror-Charme, aber geht man näher an die Texturen heran, wirkt es so, als habe man die Dunkelheit extra gewählt, um zu verschleiern, wie verwaschen und wenig hoch aufgelöst die Texturen sind. Aus der Ferne sehen sie recht ordentlich aus, nahe betrachtet jedoch ist nur Mittelmaß übrig.

Auch die Animationen der Gegner sind lediglich passabel zu nennen. Treffer werden an ihnen kaum registriert, einzig die Mutanten kreiseln etwas herum, wenn man sie trifft. Ansonsten laufen die Gegner stur bei Beschuss weiter.

Einschusslöcher in Wänden gibt es, aber sie verschwinden nach wenigen Sekunden wieder, was unglaubhaft wirkt. Dass die Grafik nach wenigen Metern im Einheits-Nebel versinkt, ist offensichtlich gnädig.

Im Soundbereich hat sich „B-Cool“ wenig Spektakuläres geleistet. Im Gegenteil. Die Waffeneffekte klingen als würde man Korken-Luftgewehre mit einem „Plopp“-Geräusch abfeuern, die Gegner hören sich auf Deutsch gelangweilt statt gruselig an und die Musik schwankt von Level zu Level in der Aussteuerung. Hier ist dringend ein Patch nötig.

 

Fazit:

Ist SCORPION: DISFIGURED ein Shooter-Geheimtipp, wie angepriesen? Leider nein. Das Spiel macht vieles richtig und bietet für Horror-Shooter-Fans viel Ambiente. Dass es dunkel ist und die Mutanten unheimlich aussehen, macht aber noch kein grandioses Spiel.

Wenn die Spielmechanik hinkt, ist der Rest leider nur unteres Mittelmaß, wenn überhaupt. SCORPION: DISFIGURED bewegt sich genau dort.

Schade für „B-Cool“, denn man merkt dem Spiel seine Ambitionen an, aber so reicht es nur für ein „Mangelhaft“.

 

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Scorpion: Disfigured

von Atari

Plattform: Windows XP

USK: 18

Erscheinungsdatum: 26. März 2009

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 28.04.2009, zuletzt aktualisiert: 14.04.2024 08:35, 8644