Wer ist der mächtigste Superheld in der Marvel-Welt? Hulk? Jean Grey? Franklin Richards? Nein, wahrscheinlich ist es Sentry. Lange dürften den »Goldenen Hüter des Guten« aber nur eingefleischte Comic-Fans gekannt haben. Das könnte sich mit dem neuesten MCU-Film Thunderbolts allerdings geändert haben. Vorwissen ist für den Band Die Geburt des Bösen aber gar nicht notwendig.
Sentry besitzt die Kraft von einer Million explodierender Sonnen. Er hilft der A-Liga der Marvel-Superhelden wie Iron Man oder Captain America dann weiter, wenn diese nicht weiterwissen. Denn der Mann mit dem goldenen S auf dem Kostüm ist viel beschäftigt und rettet auf der ganzen Welt Menschen. Dabei koordiniert die KI CLOC seine globalen Einsätze. Doch was hat es mit dem dunklen Void auf sich und warum ist die ganze Menschheit in Gefahr?
Das klingt wie ein eindimensionaler Superman-Abklatsch? Ist es aber nicht. Autor und Sentry-Schöpfer Paul Jenkins (Inhumans) liefert stattdessen eine spannende und vielschichtige Story, bei der er seine Leserschaft auf eine bemerkenswerte Achterbahnfahrt mitnimmt. Dabei spielt der Autor unter anderem mit der Figur des DC-Superman. Das, was zunächst nur unter der Oberfläche der Geschichte pulsiert, dringt immer stärker nach oben und macht schließlich einen besonderen Reiz bei der Lektüre as. Hier geht es nicht (nur) um Superheldengekloppe, sondern auch um Psychologie, Philosophie sowie eine gute Portion Humor, bei der auch einige Klischees durch den Kakao gezogen werden und es einige Anspielungen zu entdecken gibt. Ist »Die Geburt des Bösen« also der perfekte Superheldencomic? Nicht ganz. Zwischendurch ist Jenkins etwas zu geschwätzig und hätte mehr andeuten als ausführen sowie einige Interpretationen seinen Lesern überlassen und manche Sequenzen straffen dürfen. Nichtsdestoweniger handelt es sich unter dem Strich um eine sehr gute Geschichte: Eins Minus.
John Romita Jr. (World War Hulk) gehört zu den Star-Zeichnern im Genre Superheldencomics. Dabei ist bemerkenswert, dass er nach Sentry später auch dessen vermeintliches Gegenstück Superman bei DC gezeichnet hat. Hier überzeugt der Sohn der Spider-Man-Legende John Romita Sr. vor allem bei der Gestaltung der Figuren von Sentry und Void. Zudem gibt es immer wieder schöne Details in seinen Panels zu entdecken. Wer genau hinguckt, sieht etwa, dass der Hund des Goldenen Hüters mit einem Hulk-Kuscheltier spielt, bevor beide den grünen Wüterich selbst treffen. Bei einigen Panels hätte John Romita Jr. aber noch sichtbarer ein Ausrufezeichen setzen können, indem er öfter ins Großformat wechselt.