Solaris (Autor: Stanislaw Lem)
 
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Solaris von Stanislaw Lem

Hörspiel

Rezension von Oliver Kotowski

 

Rezension:

Der Psychologe Kris Kelvin ist von Solaris zurück und wird vor die Kommission zitiert, denn auf dem fernen Planeten waren die Dinge aus dem Ruder gelaufen. Es gibt dort einen gewaltigen, intelligenten Ozean, mit dem die Forscher schon seit Langem Kontakt aufnehmen wollen. Bisher waren aber alle Bemühungen erfolglos, so dass die Besatzung der Forschungsstation auf drei Mitglieder gekürzt wurde: Professor Sartorius, Dr. Snaut und Dr. Gibarian, Kelvins Ansprechpartner. Kelvin berichtet von seiner Ankunft auf der Forschungsstation. Niemand nahm ihn in Empfang. Alles wirkte verwahrlost. Auf der Suche nach Gibarian traf er auf Snaut, der sich sehr seltsam verhielt. Anscheinend war er verwirrt und überrascht von Kelvins Ankunft. Er schien sich zunächst vor Kelvin zu ängstigen und zu ekeln. Dann begann er Kelvin als Neuankömmling zu akzeptieren und verlor erst die Angst und langsam auch den Ekel. Zwei wichtige Informationen hatte er für Kelvin: Gibarian hatte vor ungefähr einem halben Tag Selbstmord begangen und wenn Kelvin auf jemand anderen als Snaut oder Sartorius träfe, dann solle er einfach nicht auf die Anderen eingehen.

 

Stanisław Lem hatte 1968 mit dem Roman Solaris einen Meilenstein der Science-Fiction veröffentlicht, der weit über das Genre hinaus Beachtung fand. Dieser Klassiker wurde von Peter Rothin für die vorliegende Hörspielfassung bearbeitet. Dabei ergeben sich ganz zwangsläufig gewisse Unterschiede. Zunächst zum Hörspiel.

Kelvin sagt vor der Kommission aus. Er berichtet über die Zustände auf der Station. Dabei wird die Vergangenheit der Erforschung Solaris' angerissen, aber der Fokus liegt auf Kelvin, Snaut und Sartorius. Unklarheit, wer die Anderen, die Gäste, sind, besteht dabei nur sehr kurzfristig. Die Spannungsquellen sind die einer seltsamen Mischung aus SF-Horror und philosophischer Geschichte: Einerseits empfindet der Hörer eine horrible Faszination darüber, wie die Forscher immer weiter in den Irrsinn abgleiten, andererseits werden anregende Beoachtungen über Emotionen, besonders die Reaktion auf das völlig Fremde und Unbegreifliche, gemacht.

Im Gegensatz zum Hörspiel hat der Roman mehr Zeit – und die nimmt sich das Buch auch. Zunächst ist da die desolate Station, dann der wirre Snaut, der bizarre Andeutungen macht. Als Kelvin dann auf Harey, seinem Gast, trifft, bleibt für einige Zeit unklar, was geschehen ist – hat Kelvin den Verstand verloren? Funktioniert die Umweltanlage nicht, ist etwas in die Nahrung geraten? Hängt es mit dem Ozean zusammen – oder ist tatsächlich der Geist seiner seit zehn Jahren toten Frau zurückgekehrt? Ist diese Frage gelöst, stellt sich gleich die nächste. Neben den philosophischen Aspekten ist die Ungewissheit die wichtigste Spannungsquelle des Romans.

Das Kelvin im Hörspiel vor der Kommission aussagt, ist ein Kniff, um lange Passagen stimmlich nicht zu eintönig geraten zu lassen und manche Beschreibung zu geben, die als Figurenrede in der jeweiligen Situation seltsam wirken – so fassen die Kommissionsmitglieder die Situation zusammen, stellen gezielte Fragen usw.

 

Bei den Sprechern gibt es zwei Besonderheiten. Zum einen ist die Besetzungsliste ohnehin für ein zweistündiges Hörspiel eher kurz – es gibt nur zehn Sprecher – und zusätzlich haben die meisten davon recht kleine Rollen; so kommt es, dass der weit überwiegende Teil des Textes von nur vier Sprechern bestritten wird. Zum anderen sind alle Rollen mit Schauspielern besetzt worden.

Wichtigster Sprecher ist Oliver Stokowski, der Kelvin seine Stimme leiht. Den meisten Hörern werden sowohl sein Gesicht wie auch seine Stimme bekannt sein – vielleicht aus der TV-Serie Der Ermittler, für die er mit dem Deutschen Fernsehpreis für seine Schauspielkünste ausgezeichnet wurde. Als Hörspielsprecher war er mir bisher nicht bekannt – was auch für Maria Simon, der Sprecherin von Harey, gilt; nichtsdestoweniger klingt ihre Stimme sehr bekannt. Vielleicht hat man sie in den Filmen Die Gräfin oder Good Bye, Lenin! gesehen. Auch Bernhard Schütz, der Snaut einsprach, gehört in diese Ecke. Ihn kann man in Die Stunde der Offiziere gesehen haben. Genau wie Hans Peter Hallwachs, der Sartorius spricht. Ihn kann man aber auch in diversen Hörspielen gehört haben: Als Privatdetektiv John Dalmas in Die Tote im See, als Erzähler in Otherland oder als Aragon in Der Herr der Ringe – Hallwachs hat eine breite Palette zu bieten. Lena Stolze spricht Dr. Gearth von der Kommission. Ihr bekanntester Film ist wohl Die weiße Rose. Sie hat auch an einigen Hörspielen wie etwa Kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch mitgewirkt. Dieses sprach sie übrigens gemeinsam mit Hilmar Eichhorn ein; den Sprecher von Gibarian kennt man möglicherweise aus dem US-Film Inglorious Basterds.

Auch wenn die meisten Sprecher ihre Meriten als Schauspieler gesammelt haben, ist an ihrer Leistung nichts auszusetzen. Stokowski und Schütz klingen bisweilen recht ähnlich, so dass mitunter Verwechslungsgefahr besteht – das ist aber nur selten der Fall. Trotzdem will ich Schütz und auch Simon hervorheben: Den beiden gelingt es wunderbar, widerstreitende Gefühle stimmlich einzufangen.

 

Die Inszenierung ist gemäßigt modern. Zwar wird auf einen Erzähler verzichtet, doch dem berichtenden Kelvin kommen vielfach dessen Funktionen zu. Das Springen zwischen berichteten und 'direkt erlebten' Situationen mindert diesen Effekt allerdings. Die Untermalung mit Geräuschen ist ungewöhnlich. Selten werden die Geräusche erläutert, zumeist stehen sie für sich selbst. Sie beschreiben weniger die Handlung, als vielmehr das Setting, welches wiederum eine atmosphärische Untermalung ist – zumeist hört man ein unterschwelliges Summen, Dröhnen oder Pfeifen.

Die begleitenden Musiken werden ganz ähnlich eingesetzt. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Orchestralmusik. Diese jedoch in eigenwilligen Zusammenstellungen – etwa ein Xylofon mit Trompeten, die scheinbar zusammenhangslose, unmelodische Tonfolgen spielen. Die Musik trägt ebenfalls sehr zur unangenehmen, schaurigen Atmosphäre des Hörspiels bei.

 

Fazit:

Der Wissenschaftler Kelvin berichtet der Kommission von dem Irrsinn, der aus dem Versuch mit dem intelligenten Ozean auf Solaris Kontakt aufzunehmen, resultierte. Solaris ist ein atmosphärisches SF-Hörspiel, das sich mit der menschlichen Reaktion auf das unbegreiflich Fremde befasst. Neben der hervorragenden Vorlage von Stanisław Lem tragen besonders die exzellenten Sprecher zum Gelingen bei. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass sich das Hörspiel erheblich vom Roman unterscheidet – ihm fehlt die Ungewissheit der Vorlage.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024041813433366b93a87
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Hörspiel:

Solaris

Reihe: -

Vorlage: Stanislaw Lem

Regie: Peter Rothin

Label: Der Audio Verlag

Erschienen: Februar 2007

Umfang: 2 CDs, ca. 125 min

ASIN: 3898136191

Erhältlich bei: Amazon

 

Sprecher (Auswahl):

Oliver Stokowski

Maria Simon

Bernhard Schütz

Hans Peter Hallwachs

Lena Stolze


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Erstellt: 30.03.2010, zuletzt aktualisiert: 12.02.2024 15:44, 10260