Spektrum (Autor: Sergej Lukianenko)
 
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Spektrum von Sergej Lukianenko

Rezension von Carina Schöning

 

In nicht allzu ferner Zukunft wird die Erde von einer intelligenten und friedlichen Alienrasse besucht. Die Schließer scheinen allmächtig zu sein und beschenken die Menschen mit neuen Technologien und Erkenntnissen. Zusätzlich errichten sie mehrere Tore, die Teil eines gigantischen Teleportationssystems sind. Mit ihnen kann man innerhalb weniger Sekunden weit entfernte Planeten und Universen besuchen und bereisen. Jeder darf sie benutzen. Allerdings können manche sie nur einmal benutzen, denn vorm Betreten der Station muss man den Schließern eine Geschichte erzählen. Wenn sie zu langweilig, zu unpersönlich, zu dumm oder schlichtweg einfach schon bekannt ist, erhält der Erzähler keinen Zutritt.

 

Der Moskauer Martin Igorjewitsch Dugin ist ein interstellarer Privatdetektiv und Kurier. Aus unerfindlichen Gründen finden die Schließer Gefallen an seinen Geschichten und so bereist er im Auftrag seiner Klienten die bizarrsten Planeten. Sein neuster Auftrag ist herauszufinden was mit der jungen Irina Poluschkina geschehen ist. Vor einigen Tagen kam sie über ihren Vater an eine geheimnisvolle Liste und ist seitdem verschwunden. Martin beginnt seine Suche auf dem rätselhaften Planeten Bibliothek. Dieser besteht aus mehreren Inseln, die durch Kanäle getrennt sind und wird von Menschen und Geddern gleichermaßen bewohnt. Irina will innerhalb kürzester Zeit das schaffen, was noch keiner vor ihr geschafft hat. Sie will die geheimnisvollen Obelisken des Planeten entschlüsseln. Wahrscheinlich geben sie Antwort über die Herkunft der Schließer und wie die Tore entstanden sind. Kurz vor der Bekanntgabe wird sie jedoch hinterlistig ermordet und stirbt in Martins Armen.

Mit letzter Kraft gibt sie ihm noch einen Hinweis auf den nächsten Planeten: Prärie 2. Dieser ist der wahr gewordene Traum eines kleinen Jungen. Die hauptsächlich menschlichen Kolonisten haben den Planten zu einer Cowboy-und-Indianer-Erlebniswelt gemacht. Dort findet Martin zusätzlich zu den klassischen Klischees des Wilden Westen weitere Hinweise auf Irinas Existenz. Anscheinend gibt es sie häufiger als einmal…

 

Auf den ersten Blick ist „Spektrum“ ein klassischer Space Opera Roman - Der Held bereist alle möglichen exotischen Planeten und erlebt actionreiche Abenteuer. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich der Roman jedoch als ein sehr tiefgründiges und philosophisches Werk. Letztendlich geht es um nichts Geringeres als den Sinn des Lebens, Religion und Glauben, Verstand und Instinkt sowie Vor- und Nachteile absoluter Allmacht. Der studierte Mediziner und Psychologe Lukianenko lässt seine Hauptfiguren Martin und Irina auf jeden Planeten ein anderes Thema erfahren und erkennen. So ist z.B. Arank eine hoch technologisierte Welt, in der scheinbar alles perfekt ist. Die Aranker leben glücklich in Frieden, da sie anscheinend keine Angst vor Unheil haben und vollstes Vertrauen in ihre Technologien setzen. Eine Religion oder eine „Seele“ besitzen sie nicht. Die Känguruähnlichen Dio-Daos von Marge haben dagegen ganz andere Probleme. Die Hermaphroditen leben maximal sechs Monate und „vererben“ dann ihr komplettes Gedächtnis an ihre Nachkommen. Eine „Verschwendung“ von Zeit darf niemals aufkommen. Die Vogelähnlichen Schealier leben dagegen der Einfachheit halber lieber ganz ohne „Verstand“. Als erwachsene Individuen legen sie ihre Intelligenz einfach ab…

 

Trotz der komplizierten Thematik bleibt der Roman trotzdem gut lesbar und spannend. Nur wenige Passagen sind schwer verständlich oder sperrig gehalten.

Dennoch kann der Schreibstil des Autors im Großen und Ganzen überzeugen. Figuren und Orte werden sehr detailliert und lebendig beschrieben, so dass man sich als Leser ein vorstellbares Bild der jeweiligen Welt machen kann.

Und obwohl die obligatorische Romanze zwischen Martin und Irina vorhersehbar ist, bleibt es spannend. Denn sobald sie sich auf einen Planeten wieder „gefunden“ haben, werden sie durch komische „Zufälle“ wieder einmal getrennt. Eine Wiederholung im eigentlichen Sinne kommt dabei aber nie vor. Die Todesarten von Irina sind dabei teilweise sehr eigensinnig und kreativ. Der Schluss ist sehr gut gelungen und das Rätsel um die Schließer und die geheimnisvollen Tore wird endgültig gelöst…

 

Humor kommt im Roman zum Glück auch nicht zu kurz. Martin oder eher Lukianenko stellt sich als wahrer Science Fiction Fan heraus z.B. wird mitten in der Handlung vom Uplift-Universum erzählt oder auch mal der Wüstenplanet zitiert. Besonders witzig ist die Taverne „Zum krepierten Pony“, in der das ausgestopfte Pony Frodo die Besucher an einen doch so bekannten Roman erinnert…

Nebenbei erfährt man durch den Genießer Martin auch so einiges über die russische Küche und Lebensweise z.B. was eine gute Kascha ausmacht und wie viel Wodka man in welcher Situation braucht *g*

 

Insgesamt stellt sich „Spektrum“ als interessante und komplexe Mischung aus Space Opera und philosophisches Manifest heraus. Der Roman kann durch die vordergründige Action und dem hintergründigen Tiefgang voll überzeugen. Einsteiger und Neulinge im Bereich Science Fiction sollten aber vielleicht doch lieber mit was Seichteres anfangen.

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240417014537d4158623
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Spektrum

Autor: Sergej Lukianenko

Broschiert: 700 Seiten

Verlag: Heyne (März 2007)

Sprache: Deutsch

ISBN-10: 3453522338

ISBN-13: 978-3453522336

Erhältlich bei: Amazon

 


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Erstellt: 08.03.2007, zuletzt aktualisiert: 18.02.2024 09:28, 3592