Reihe: DSA
Rezension von Christian Handel
Die typischen DSA-Abenteuer spielen meist in mittelalterlichen Städten, geheimnisvollen Wäldern, alten Burgen, gefährlichen Gebirgen, Wüstenlandschaften, unerforschten Mooren – kurz und knapp: zu Lande.
Umso willkommener ist es da, dass man mit „Strandgut“ eine Sammlung von fünf Kurz-Abenteuern präsentiert, die am, auf und sogar im Meer angesiedelt sind. Die Anthologie versteht sich als Ergänzung zur Spielhilfe „Efferts Wogen“, mit etwas Geschick und Einfühlungsvermögen ist die Kenntnis dieses Quellenbandes jedoch keine Voraussetzung, um die Kurzabenteuer in die Rollenspiel-Praxis umzusetzen.
Die Szenarien in „Strandgut“ eignen sich hervorragend, um die klassischen Handlungsorte eines Rollenspielabenteuers zu verlassen und sich auf weitgehend unentdecktes Terrain zu begeben. Schon allein der Flair, der von mythischen Unterwasserwelten und geheimnisvollen Inselgruppen ausgeht, bereichert die Spielatmosphäre wesentlich. Zudem sind die Kurzabenteuer so gestaltet, dass sie mit etwas Phantasie – und unter Umständen kleinen Justierungen - von einem erfahrenen Meister als Zwischenpassagen in eine längere Rollenspielkampagne eingebaut werden können. Gerade „Trommeln der See“, „Fluch der Schwarzen Schlange“ und vielleicht noch „Winterflut“ bieten sich dafür geradezu an.
Sowohl „Perlwasser“ als auch „Chalwens Thron“ sind aufgrund ihrer Länge sogar dazu geeignet, mehrere kurzweilige, exotische DSA-Abende zu bescheren.
Erfreulich ist, dass die Autoren sich nicht haben verleiten lassen, ausschließlich auf den Zauber der Meereswelten zu setzen. In ihre Abenteuer verwoben sind Begegnungen mit Hexenclans und Druidengemeinschaften, Meuchlermördergilden und anderen Figuren, die dem Leser des Abenteuerbandes im ersten Moment sicher ebenso wenig in den Sinn kommen wie sie es den Teilnehmern einer Rollenspielrunde tun werden.
Während zwei kürzere Spielvorschläge eher kriminalistische Themen verfolgen und Detektivarbeit auf hoher See erfordern, trumpfen zwei recht lange Szenarien mit mythischen Ereignissen tief unter der Meeresoberfläche sowie auf unentdeckten Inselgruppen auf.
Das letzte Abenteuer schließlich lädt ein in ganz andere Gefilde: Über die Küstenstadt Salzerhaven bricht während des „eigentlichen“ Abenteuers eine Sturmflut herein und zwingt die Helden, ihren Auftrag in den nasskalten Gassen einer überfluteten Stadt zu Ende zu bringen.
Ergänzt werden die fünf Handlungsabrisse noch mit einer Kurzübersicht zu den Regeln für einen Kampf unter Wasser sowie mit dem vierseitigen Redaktionsteil „Begegnungen auf und unter den Weiten des Meeres“, in dem wertvolle Anregungen für potentielle Ereignisse in diesem Terrain aufgeführt werden: Naturgewalten wie Stürme, Flauten, Eisschollen und Schneefall; Ideen zum Anlegen für Schifffahrtskameraden oder für Begegnungen mit Meeresbewohnern sowie Ereignisse, die die Zeit auf einem Schiff abwechslungsreich machen.
Auch wenn sich die Abenteuer selbst sicher auch für Rollenspiel-Neulinge eignen, scheint es ratsam, wenn zumindest der Spielleiter mit dem Medium soweit vertraut ist, das Potential der Geschichten auch ausreichend nutzen zu können. Bei „Strandgut“ kommt es stark auf die Atmosphäre an und es wäre schade, diese Besonderheit nicht optimal auszuspielen. Wie immer beim Rollenspiel gilt auch hier: Je kreativer Meister und Spieler sind, desto intensiver kann das Erlebnis werden.
Ratsam wäre es allerdings gewesen, hätte man dem Buch noch ein Glossar beigefügt, in dem die zahlreich verwendeten Abkürzungen für Neueinsteiger und Gelegenheitsspieler erklärt werden.
Fazit:
„Strandgut“ ist eine sowohl inhaltlich als auch äußerlich schön aufgemachte Sammlung mehrerer, abwechslungsreicher Abenteuer-Szenarien, die DSAler dazu einladen, altbekanntes Terrain zu verlassen und sich in ungewohnten Umgebungen neu von den Möglichkeiten des Rollenspiels verzaubern zu lassen.
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