Tentakelwacht von Dirk van den Boom
Reihe: Zweiter Tentakelkrieg Band 1
Rezension von Christel Scheja
Mit seiner ersten „Tentakel“-Trilogie stellte Dirk van den Boom die Fans kerniger Military-SF zufrieden, die Monsterschlachten im Stil von Alien und Co. mochten. Schon damals war abzusehen, dass die Menschheit auch nach dem Sieg über die monströsen Aliens nicht ohne schweren Schaden davon kommen würden. Vor allem ist neben den kläglichen Resten der irdischen Zivilisation eines zurückgeblieben: Angst.
Um gewappnet zu sein, wurde die „Tentakelwacht“ geschaffen. Nun, gut einhundert Jahre nach der Invasion hat sich auf der Erde eine Militärdiktatur etabliert, die die Gesellschaft mit Härte kontrolliert und all jenen, die wiederholt straffällig werden nur zwei Möglichkeiten lässt – die Hinrichtung oder die Aufnahme in die Streitkräfte.
Auch Roby und Slap, zwei jugendliche Einbrecher und Diebe, die es nie geschafft haben, sich aufgrund ihrer familiären Lage in die normale Gesellschaft einzugliedern, werden vor diese Wahl gestellt und entscheiden sich, erst einmal weiter zu leben. Während es Slap aufgrund seiner geistigen Fähigkeiten gelingt, die „Controller“-Laufbahn einzuschlagen, muss Roby von unten beginnen.
So gehen die ehemaligen Freunde sehr unterschiedliche Wege. Slap erfährt schon auf seiner ersten Reise Freund und Leid des Soldatenlebens und wird schon bald für ein Geheimprojekt eingeteilt, so dass er eine besondere Ausbildung erhält.
Roby geht den unteren Weg und kämpft sich vom Rekruten zum Master-Sergenten hoch, weil er nicht an dem Drill zerbricht und immer wieder gezwungen ist, Entscheidungen zu treffen, die ihn zu Offiziersmaterial machen.
Beide geraten auf ihre Weise in das Zentrum der Ereignisse, denn früher als erwartet, schlagen die Warnsysteme Alarm. Die Tentakel sind zurück und mächtiger als je zuvor. Doch sie sind nicht die Einzigen, die sich im Sonnensystem bemerkbar machen.
Spielte die erste „Tentakel“-Triologie noch auf den Randwelten und wechselte gerne die Perspektiven und die Helden, so konzentriert sich „Tentakelwacht“ ganz auf die beiden Hauptpersonen – zwei junge Männer, die ihre letzte Chance zu nutzen wissen, und bleibt auch auf der Erde.
Durch ihre Augen bekommt man als Leser einen Eindruck von den Zuständen auf der Erde, von dem totalitären System, das Abweichler und Freidenker gnadenlos verfolgt, aber dennoch nicht ausrotten kann. Roby kommt in Kontakt mit einer solchen Zelle, die sich als Kirche tarnt und ganz eigene Ziele verfolgt, die auch noch ihre Schatten auf die Zukunft werfen werden.
Derweil geht Slap einen ganz anderen Weg. Seine geistigen Fähigkeiten ermöglichen es ihm, seine telepathischen Fühler auszustrecken und Kontakt aufzunehmen – nicht zu den Tentakeln, sondern zu einer dritten Macht, die ebenfalls mitzumischen meint.
Natürlich sind auch die altbekannten Feinde wieder mit dabei und zeigen sich wie immer von ihrer düstersten Seite – denn nun ist auch die Erde nicht mehr vor ihnen sicher und die Kontrolle des Staates verliert sich in Anarchie und Chaos.
Das klassische Szenario wird gekonnt in Szene gesetzt und gibt dem neuen Zyklus eine ganz andere Richtung. Nun geht es nicht mehr nur um den rein physischen Kampf gegen die Tentakel – sondern um weit größere kosmische Zusammenhänge.
Der Autor setzt auf eine gute Mischung aus Unterhaltung und Information, erweitert das Universum seiner Monster um weitere Facetten der Science Fiction. Dadurch vernachlässigt er zwar ein wenig das, was die ersten drei Bände ausgemacht hat: militärische Einzsätze mit viel Action und Horror, garniert mit menschlichen Einzelschicksalen, wiederholt sich dadurch aber nicht, sondern erweitert den Hintergrund um ganz neue Aspekte., die ihm viel mehr Farbe und Tiefe geben.
Zudem fühlt man sich immer wieder an „Starschip Troopers“ erinnert – gerade durch die jungen Helden und ihren Lebensweg – aber genau diese Verneigung vor der Mutter aller modernen Military-SF-Filme gibt der Geschichte auch eine stimmige Atmosphäre.
„Tentakelwacht“ mag zwar deutlich machen, dass die „Tentakel“-Saga im zweiten Zyklus eine andere Richtung einschlägt, ist aber dennoch spannend und unterhaltsam geschrieben und bietet handfeste Sci-Fi-Action für alle Fans, die Military-SF lieben, in der nicht nur sinnfrei wie in Egoshootern herumgeballert wird.
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