Territories (DVD; Horror; FSK 18)
 
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Territories (DVD; Horror; FSK 18)

Rezension von Torsten Scheib

 

Rezension:

»Willkommen in den Vereinigten Staaten von Amerika« lautet der Untertitel von Territories, dem man zu Beginn auch durchaus Glauben schenken mag. Schließlich scheint die Rückreise der fünf Mitt- bis Endzwanziger von Kanada in die USA reichlich unbeschwert zu verlaufen. Kunststück, hat doch einer ihrer Freunde gerade den Bund fürs Leben geschlossen. Zufrieden, müde und sicherlich immer noch leicht alkoholgeschwängert, werden demnach die üblichen Nichtigkeiten konversiert. Bei so viel guter Laune fällt sogar der überfahrene Hirsch kaum ins Gewicht. Oder Michelles (Cristina Rosato) ausstrahlende Schmerzen, die sich verdächtig nach einem beginnenden Zahnproblem anhören …

Bis die Gruppe unvermittelt von zwei Herren gestoppt wird. Nun ja, den freundlichsten Eindruck machen die zwei Grenzbeamten (Roc LaFortune und Sean Devine) zwar nicht unbedingt, aber irgendwie kann man es ihnen auch nicht wirklich verdenken. Immerhin ist es spät, und draußen ziemlich kalt. Doch spätestens nach dem der Fahrer, Jalii Adel Kahlid (Michael Mando) aufs Korn genommen wird, wird auch das Klima rauer und die Psychospielchen von Samuel Torrance (LaFortune) immer gemeiner – und abstoßender. Der Zwischenfall mit dem Hirsch wird von ihm dankbar aufgegriffen und führt schließlich zu einer demütigenden Leibesvisitation, welche die junge Anwältin und Verlobte von Jalii, Leslie Goldberg (Nicole Leroux) über sich ergehen lassen muss und dem Auffinden einer kleinen Tüte Marihuana. Bingo! Nicht lange, und die fünf Freunde finden sich in orangefarbenen Overalls wieder und müssen barfuß den eisigen Wald durchqueren. Doch damit sind die Erniedrigungen längst nicht vorbei; bekommt jeder Gefangene ein Brandzeichen auf den Hals und muss in Käfigen vegetieren – vorerst. Denn der einstige Guantanamo-Folterer Torrance hat gerade erst angefangen …

 

Grob analysiert, mag die kanadische Produktion aus dem Jahre 2010 wie ein weiterer, kleiner Beitrag zur weiterhin lebendigen Torture Porn-Welle anmuten. Sicherlich hat sich der französische Regisseur und Drehbuchautor Olivier Abbou Werke vom Schlage Hostel (2005) gründlich angesehen, bevor er zu Werke ging. Aber wo Eli Roth einzig und allein auf Terror aus war, verfolgt sein Kollege Abbou andere Ziele. Allerspätestens, wenn der Charakter des dominierenden Roc LaFortune – der übrigens grandios vom deutschen Gary Oldmann-Sprecher Udo Schenk synchronisiert wird – zum ersten Mal seine wahre Natur aufblitzen lässt, spürt man, dass hier nicht nur der bloße Unterhaltungszweck verfolgt wird. Vielmehr hinterfragt »Territories« das Amerika nach dem Elften September und die weiterhin wilde Blüten treibende Paranoia. Xenophobie, gepaart mit Hilflosigkeit, die letztlich dank der mitunter unmenschlichen Verhörmethoden in Guantanamo innerhalb des amerikanischen Volks Nahrung erhält. Bewusst spielt Abbou mit Bildern und Handlungssträngen, die sich nicht nur ins Gedächtnis des gemeinen US-Bürgers eingeprägt hat. Ferner wird überdeutlich, dass die psychologischen Foltermethoden oftmals drastischer sind als jene, die dem Körper des Opfers Schaden zufügen sollen. Ob einem US-Regisseur eine solche, fraglos nüchterne und distanzierte Auseinandersetzung mit derlei gegenwärtigen Zuständen geglückt wäre, darf angezweifelt werden. Und besagte Beherrschung ist es auch, die »Territories« ein sich konstant steigerndes Gefühl von Unwohlsein beschert – und zugleich die Sinnlosigkeit der beiden Antagonisten deutlich werden lässt. Wird ein näherer Blick auf die einstigen Irak-Soldaten geworfen, so könnte man beinahe so etwas wie Mitleid empfinden. Etwa für den etwas naiv daherkommenden Walter Sotos (Devine), der eigentlich ein guter Kerl zu sein scheint, aber trotzdem genau hasszerfressen ist wie sein Kumpel und früherer Mitstreiter Torrance, den mehrere Ereignisse aus der geistig labilen Umlaufbahn geworfen haben.

Zusammen stehen die beiden für ein traumatisiertes Volksempfinden, welches die eigene Hilflosigkeit mittels Gewalt und Fremdenfeindlichkeit zu kaschieren versucht. Trotz allem lässt Abbou sein Werk nicht zur reinen Sozialkritik verkommen. Die Story von »Territories« mag simpel sein, verliert sich aber dank der Überschaubarkeit nicht in weitere Nebenschauplätze. Spektakuläres kann und darf man zwar nicht erwarten, doch wird auch in diesem Bereich sauber und überzeugend gearbeitet. Ähnlich wie John Carpenter seit Jahrzehnten, vertraut auch Abbou – mit Erfolg – nur auf das Allernötigste. Mehr braucht er auch nicht. Die stringente Story bezieht ihre Spannung nämlich aus sich selbst. So sind die beiden einzig nennenswerten Schwachpunkte auch erst gegen Ende auszumachen, als unmittelbar eine außenstehende Person eingeführt wird, deren Erscheinen zwar logisch, aber eben fremdkörperhaft anmutet, wenngleich auch dahinter ein gewisser Symbolismus zu vermuten ist. Fast noch ärgerlicher ist daraufhin das Ende ausgefallen, das durchaus für Ratlosigkeit sorgen kann. Wäre dies ein ganz gewöhnlicher Slasher gewesen, man hätte es goutiert. In diesem Falle jedoch wirkt die Exposition einfach unbefriedigend und verleiht dem ansonsten sehr guten Film einen leicht faden Nachgeschmack. Nichts desto trotz zählt »Territories« definitiv zu den besseren und intelligenteren Vertretern des Genres. Ein Blick lohnt allemal.

 

Fazit:

Kluger Polit-Terror aus Kanada – »Territories« wirft einen unbeschönten Blick auf ein, nicht nur in den USA herrschendes Problem. Trotz mittlerer Mängel zum Ende hin weiß dieses kleine, bitterböse Filmchen durchaus zu überzeugen.

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240329165949f4e5c23f
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DVD:

Territories

Originaltitel: Territories

Kanada, 2010

Regisseur: Olivier Abbou

Format: Dolby, PAL

Sprache: Deutsch (Dolby Digital 5.1), Englisch (Dolby Digital 5.1)

Region: Region 2

Bildseitenformat: 16:9 - 1.77:1

Umfang: 1 DVD

FSK: 18

Universum, 7. Oktober 2011

Spieldauer: 92 Minuten

 

ASIN (DVD): B005BZ6N78

ASIN (Blu Ray): B005BZ6N2S

 

Erhältlich bei Amazon

 

Darsteller:

Cristina Rosato

Michael Mando

Roc LaFortune

Sean Devine

Nicole Leroux

Alex Weiner

Stephen Shellen


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Erstellt: 12.03.2012, zuletzt aktualisiert: 10.09.2023 10:58, 12389