Thaddeus und der Februar von Shane Jones
Rezension von Christian Endres
Der Februar will nicht böse sein, aber er ist kalt – so kalt, dass die Grizzlybären ihre Hirschmäntel enger um den Körper zurren – und bringt Unmengen an Schnee mit sich, die die Welt unter sich begraben. Er ist so kalt, dass die Menschen dem Februar den Krieg erklären. Ihm, der die Kinder entführt und das Fliegen abschafft. Alles fängt mit den Männern an, die sich Der Ausweg nennen. Sie tragen schwarze Zylinderhüte und bunte Vogelmasken – und sie haben es satt, dass ihre Ballons am Boden bleiben müssen, gefesselt von Kälte, Eis und Schnee. Der Schnee fällt weiter, der Himmel kennt nur noch Flocken, keine Ballons mehr, keine Flugmaschinen. Das kann nur eines bedeuten: Krieg dem Februar!
Thaddeus fragt sich derweil, ob ihm ein Krieg seine Tochter zurückbringen wird, die wie viele andere Kinder auch in diesem scheinbar ewig währenden Februar verschwunden ist. Letztlich zieht Thaddeus wie alle anderen auch in den Krieg – den Schmerz und die Kälte nimmt das vorerst aber nicht. Und auch der Februar bleibt hartnäckig, egal ob man sich nun den Sommer gegen ihn erdenkt oder ihm mit kochend heißem Wasser zu Leibe rückt...
„Thaddeus und der Februar“ ist ein sehr schönes modernes Märchen, das gerade im letzten Drittel geradezu brilliert. Nicht immer leicht zu lesen, nicht so verträumt und geradlinig wie verhofft – aber trotzdem ein Kleinod für alle, die das Träumen und Fantasieren noch nicht verlernt haben und sich an außergewöhnlichen und poetischen Geschichten erfreuen können. Ria Brodells schöne Bilder fangen die Absurditäten des Geschehens in greifbaren Momentaufnahmen ein, ja unterstreichen den surrealen Ton der Geschichte, die ein einziger Abgesang auf Fantasie und Vorstellungskraft ist, stilistisch hier und da aber ein bisschen übers Ziel hinaus schießt.
Mal sehen, was Hollywood draus macht, falls Spike Jonze (der sich die Rechte gesichtert hat) wirklich Hand an das Büchlein legt und den Krieg einer Stadt gegen den Februar in einem Film einzufangen versucht.