The Big White - Immer Ärger mit Raymond (DVD)
Rezension von Stefan Sasse
Robin Williams spielt in einem Thriller den Bösewicht, der in Alaska spielt? Hatten wir das nicht schon mal? Richtig, anno 2002 lag er in „Insomnia“ – im Deutschen mit dem Untertitel „Schlaflos“ versehen – mit Al Pacino im Clinch und bewies den Kritikern, dass er nicht nur den flachen Kiddie-Comedian mimen kann, sondern dass die Tage schauspielerischer Höhenleistung seit „Club der Toten Dichter“ noch nicht vorbei sind.
Einen plumpen Abklatsch versucht er dabei nicht, wird „The big white“ (Auf Deutsch: Immer Ärger mit Raymond) doch als „Thriller-Komödie“ angepriesen. Das verwundert. Gut, auch bei „King Kong“ wurden die spannenden Sequenzen durch lustige aufgelockert, aber das ist wohl kaum gemeint. Tatsächlich offenbart sich später auch, dass das Konzept nicht aufgeht. Doch zuerst die Story:
Paul Bernett (Robin Williams, „Hook“) hat einen ganzen Haufen Probleme: seine Frau leidet an einer seltenen Krankheit, für deren Behandlung das Geld fehlt, ein Haufen unbezahlter Rechnungen und deren Gläubiger machen das Leben schwer und das Reisebüro steht kurz vor dem Bankrott. Auf Bruder Raymond (Woody Harrelson, „Wag the dog“) läuft eine Lebensversicherung von einer Million Dollar, und der ist ohnehin seit fünf Jahren verschollen. Was läge also näher…? Aber die Versicherung ist zickig. Ohne Leiche keine Versicherungspolice. Als Paul im Mülleimer eine Leiche findet, die zwei übereifrige Killer dort entsorgt haben, ergreift er die Konsequenz, inszeniert eine Rückkehr und den tragischen Tod des Bruders. Versicherungsagent Ted (Giovanni Ribisi, „Lost in translation“) glaubt dem Spuk nicht, doch Polizei und Chef wollen den Fall endlich abschließen. Zu allem Überfluss tauchen die beiden Killer wieder auf und wollen die Leiche haben…
Die Story hört sich konfus an? Ist sie auch. Das ist per se kein Problem; viele Filme haben eine konfuse Story und funktionieren prächtig, man sehe sich nur einen beliebigen Tarantino an. Aber hier kommt das Komödienelement hinzu, ein explizites Komödienelement, kaum zu vergleichen mit dem Humor eines Tarantino. Die an sich interessante und spannende Story wird so ständig durch den Kakao gezogen: die beiden Killer stellen an amateurhafter Dummheit sogar die Einbrecher aus „Kevin – Allein zu Haus“ in den Schatten, Raymond ist ein stupider Irrer, der ständig debil grinst, und dauernd wird jemand zusammengeschlagen. Für letzteren Fall muss man es dem Regisseur schon hoch anrechnen, dass er konsequent Verletzungen auf die Darsteller schminkt; doch auch dieses Stilelement wird wieder durch den Kakao gezogen. Die Charaktere sind allesamt ungemein schrill und überzeichnet und spielen auch dementsprechend. Dies ist zwar für Komödien typisch, aber in dieser Zusammensetzung will so gar nichts richtig zusammenpassen.
Übrig bleiben somit viele gute Versatzstücke, die zusammengenommen ein Werk ergeben, bei dem man sich ständig fragt, ob man im buchstäblichen falschen Film ist. Was wollte der Regisseur eigentlich machen? Gesellschaftskritik? Slapstickshow? Thriller? Komödie? Groteske? „The big white“ ist gleichzeitig alles und nichts.
