The Complex – Das Böse in dir (DVD; Horror; FSK 16)
Rezension von Christel Scheja
Japanische und asiatische Horrorfilme werden seit „The Ring“ auch im westlichen Ausland wesentlich mehr beachtet und sind nun nicht mehr nur durch ihre westlichen Adaptionen bekannt. Der Regisseur des erfolgreichen Vorreiters der Asia-Horror-Welle, Hideo Nakata, legt nun mit einem weiteren Film nach: „The Complex – Das Böse in dir“.
Die junge Krankenschwester Asuka ist mit ihren Eltern und ihrem Bruder in einen großen Gebäudekomplex eingezogen, weil die Mieten erschwinglich sind. Doch nicht nur die Umgebung ist trist, grau und wirkt anonym, auch die Bewohner des Hauses machen einen Bogen umeinander und tun so, als würden sie sich nicht kennen (wollen).
Da das junge Mädchen jeden Morgen um halb sechs durch das schrille Klingeln eines Weckers aus der Wohnung nebenan aus dem Schlaf gerissen wird und auch immer wieder seltsame Geräusche hört, beschließt sie eines Tages mit dem Nachbarn zu sprechen. Doch der alte Mann ist tot – und sein Ableben sieht ganz und gar nicht natürlich aus.
Die Polizei nimmt sich der Sache an, die Untersuchungen verlaufen aber im Sande. In dieser Zeit lernt Asuka im Park einen kleinen Jungen kennen, der sie ein wenig durch seine muntere Art ablenkt, gleichzeitig versucht auch der nette Tatortreiniger mit ihr anzubändeln. Letztendlich steht aber keine der neuen Bekanntschaften unter einem wirklich guten Stern, wie sich schon bald zeigen wird, geht doch das Böse in dem Gebäude um...
Seit „The Ring“ haben rachsüchtige Geister ihren Platz in der Horror-Mythologie, denn die Asiaten können durch ihren animistischen Glauben auf einen großen Schatz an Mythen und Geschichten zurückgreifen, die gerade im Westen niemand wirklich kennt. Meistens sind die ruhelosen Seelen weitaus mächtiger als die Weißen Frauen oder Poltergeister, die in den Häusern Europas und Amerikas spuken.
Davon ist aber in gut der ersten Hälfte des Films nichts zu merken. Der Macher lässt sich sehr viel Zeit, Asuka vorzustellen und ihr alltägliches Leben mit Arbeit, Freunden und Familie zu zeigen. Als Gegensatz dazu steht die triste Anlage, in der sie nun lebt. Auch der Tod des Nachbarn scheint mit den Mitteln der Wissenschaft erklärbar zu sein. Erst nach und nach schleichen sich merkwürdige Entwicklungen ein, die Atmosphäre beginnt in frostigen Horror zu kippen und am Ende in einen Gewaltexzess.
Leider ist schon früh zu erkennen, wer das Böse in der Geschichte verkörpert und warum. Die Heldin hat ihm auf typisch japanische Art erst einmal nichts entgegen zu setzen und bedarf männlichen Schutzes, sie reagiert eher, als dass sie selbst handelt. Hilfe kommt von Außen – da ist auf einmal der blasse Tatortreiniger, der Rat und Hilfe durch Hexen und ihre magischen Kräfte weiß. Doch können diese den Geist rechtzeitig exorzieren?
Auch das Ende bietet keine Überraschungen, ist es doch sehr genretypisch und lässt gerade einmal eine Person am Leben, die letztendlich mit den Folgen des ganzen Dilemmas leben muss und daran zerbricht.
Alles in allem ist die Geschichte zwar etwas langatmig, aber durchaus solide aufgebaut, wenngleich auch in Teilen vorhersehbar. Gerade Fans des Asia-Horrors werden eher enttäuscht als begeistert sein, Einsteiger können sich zumindest einen Eindruck über Stil und Bildsprache machen.
Die Gestaltung des Films passt zum Inhalt, auf Spezialeffekte und Masken wird weitestgehend verzichtet, und wirklich brutal wird es nur zum Ende hin. Bild und Ton sind in Ordnung, Extras gibt es allerdings keine.
Fazit:
„Complex – Das Böse in dir“ kann mit Hideo Nakatas erfolgreichen Erstlingswerk absolut nicht mithalten, da der Regisseur den Fehler macht, sich zu sehr auf seinen Lorbeeren auszuruhen und das Erfolgskonzept mit etwas veränderten Variablen zu wiederholen. Dabei übersieht er aber, dass in einen Film auch Spannung und Überraschungen gehören, ebenso wie Figuren, mit denen man mitzittern möchte. Der Film ist deshalb gerade einmal Durchschnitt, ist zwar solide gemacht, hinterlässt aber keinen sonderlichen Eindruck, gerade wenn man schon mehrere Filme mit dem Geisterthema gesehen hat.
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