Druckversion: The Expendables (BR; Action; FSK 18)

The Expendables (BR; Action; FSK 18)

Rezension von Torsten Scheib

 

Rezenseion:

Je oller, je doller? Auf manche Vertreter der schauspielernden Zunft scheint dieser Spruch sicherlich zu passen. Nehmen wir nur Harrison Ford, der mit 67 Jahren im vierten Indiana Jones-Abenteuer nochmals beherzt zur Peitsche griff. Oder Liam Neeson, der an der Schwelle zu seinem 60. Lebensjahr in Taken (2009) beeindruckende Leistungen im Action-Fach dargeboten hatte. Einer darf, nein, er MUSS sogar nicht vergessen werden: Sylvester Stallone. Eine Ikone, welche zusammen mit Arnold Schwarzenegger und Bruce Willis den modernen Actionfilm, wie wir ihn kennen, maßgebend mitgeprägt hat. Ein Mann, der bis in alle Ewigkeit wohl mit Rocky und natürlich Rambo assoziiert werden wird (letztgenannter Name hat übrigens sogar Einzug ins englische Wörterbuch gefunden). Kinogänger rund um den Globus lechzten in den 80er und 90er Jahren förmlich nach den neuesten Stallone-Outputs und beschieden demzufolge den zahlreichen Streifen (keineswegs unverdientermaßen) traumhafte Einspielergebnisse.

 

Bis das neue Millennium kam – und Stallones Karriere zu stagnieren begann. Erst das misslungene Remake von Get Carter (2000), gefolgt von dem lahmen Mafia-Drama Avenging Angelo (2001), dem bestenfalls durchschnittlichen Rennfahrerstreifen Driven (2001) und schließlich dem missratenen Versuch eines Psychothrillers, D-Tox (2002) – auf einmal war aus dem älteren Sohn eines New Yorker Friseurs ein Kassengift geworden; mussten selbst beinharte Fans zugeben, dass es vielleicht doch ratsamer für ihren »Sly« wäre, wenn er sich allmählich aus dem Filmgeschäft zurückziehen würde.

Was er auch größtenteils tat. In den folgenden Jahren gab es, wenn überhaupt, nur sehr sporadische Lebenszeichen von Stallone. Etwa sein Cameo in Taxi 3 (2003) oder die Rolle als Bösewicht in Robert Rodriguez’ Spy Kids 3D: Game Over (ebenfalls 2003). Doch in Wahrheit feilte der rastlose Stallone heimlich, still und leise an seinem Comeback, welches 2006 durch die Rückkehr einer von ihm geschaffenen Legende schließlich wahr wurde. Satte 16 Jahre nachdem Rocky V weder Fans noch Kritiker überzeugen konnte, ließ er mit Rocky Balboa sein Alter Ego phönixgleich wiederauferstehen. Mit Erfolg. Trotz des eher bescheidenen 24 Millionen-Dollar-Budgets spielte der Film (Drehbuch und Regie: Sylvester Stallone übrigens) satte 155 Millionen Dollar weltweit ein und wusste Kritiker und Kinogänger gleichermaßen zu überzeugen. Das Comeback war gelungen!

 

Doch das reichte Stallone nicht. Jener Mann, von dem behauptet wird, dass seine Entschlossenheit einzigartig sei, entschied, noch einen Schritt weiter zu gehen. Und dieser Schritt hörte auf den Namen Rambo (2008). Eigentlich ein klassischer Anachronismus in einer Zeit, in der Helden nicht zwangsläufig stahlharte Muskeln und stoisches Einzelgängertum offenbaren, sondern eher verletzlich und alles andere als perfekt sind. Doch Stallone ging bewusst und mit besagter Entschlossenheit seinen Weg; fungierte erneut als Hauptdarsteller, Regisseur, Drehbuchautor und diesmal sogar zusätzlich als Produzent in einer Person. Das Resultat? Ein Actionfilm der alten Schule. Und womöglich einer der brutalsten und stellenweise nihilistischsten Vertreter seiner Art. Doch so gnadenlos John Rambo mit seinem Gegner umsprang; so bedrückend die Kernaussage des Films war, verpasst Stallone seiner Paraderolle inmitten dieser Reise ins Herz der Finsternis überraschenden Tiefgang, der besonders in den beiden Vorgängern schmerzlich vermisst wurde. Und noch etwas erstaunte: die Versatilität des Regisseurs Sylvester Stallone. Sicher, nüchtern betrachtet ist »Rambo« klassisches Action-Handwerk. Stringent und überschaubar. Ein geradliniger Pfad, der mit jeder Menge Leichen gepflastert ist (236 um genau zu sein). Doch wurde sich keinesfalls nur an klassischen Werten orientiert. Neben jeder Menge Kunstblut entdeckte Stallone ferner die Macht der computergenerierten Spezialeffekte und machte sie sich ebenso zu Eigen wie überraschend moderne, wenngleich manchmal einfach zu rasante Schnitttechniken. Die perfekte Verbindung zwischen vergangenen Heldentaten und dem Aufbruch hin zu neuen Ufern. Was den Kritikern und besonders den Kinogängern gefiel. Das Resultat waren 150 Millionen Dollar Einspielergebnis weltweit; das Dreifache dessen, was »Rambo« gekostet hatte – und die Gewissheit, dass der wohl letzte Action-Superstar wieder da war. Blieb nur die Frage, was wohl als nächstes kommen würde.

Die Inspiration von The Expendables kam schließlich von einem, wenn nicht DEM Vertreter der neuen, aufregenden Generation von Filmemachern: Quentin Tarantino. Dessen Weltkriegs-Farce Inglorious Basterds gefiel Stallone so gut, dass er sich schließlich für »seine« Version des »Man on a Mission« – Themas entschied. Leicht abgewandelt, versteht sich. So spielt seine Fassung in der Gegenwart, ist um einiges brutaler und macht dank des schier atemberaubenden Casts längst aufgegebene Jugendträume von DEM ultimativen Actionfilm war. Welcher Fan hatte es sich nicht schon immer gewünscht, die besten Vertreter ihres Fachs in einem Film zu sehen?

 

Doch welchen Grund, welchen Anlass könnte es geben, so viel Power in einem Film frei herumlaufen zu lassen – ohne dass dieser zum sinnfreien Schaulaufen verkommt? Die Antwort: Söldnertum. Ein bunt zusammengewürfelter Haufen stahlharter Kämpfer, angeführt von Veteran Barney Ross (Sylvester Stallone), dessen neuester Auftrag auf den Inselstaat Vilena führt; irgendwo zwischen Südamerika und dem Golf von Mexiko gelegen und wohl alleine schon dank seiner geographischen Lage ein Fleckchen Erde, dass durchaus Stirnrunzeln hervorrufen kann. Und tatsächlich erweist sich Vilena als handliche Bananenrepublik, dessen Bevölkerung von dem skrupellosen General Garza (David Zayas) unterdrückt wird. Insofern ist das Ziel der bevorstehenden Mission klar: den General erledigen und den Frieden auf Vilena wiederherstellen. Klingt verhältnismäßig einfach, erweist sich dann allerdings schon bei der ersten Inkognito-Erkundung wesentlich problematischer als angenommen. Nicht nur, dass Ross’ Kontakt ausgerechnet Garzas Tochter, Sandra (Giselle Itié) darstellt, müssen der Söldnerchef und der zweitbeste Mann der Truppe, der ehemalige SAS-Mitstreiter Lee Christmas (Jason Statham) feststellen, dass Garza im Grunde nur eine Marionette für den ehemaligen CIA-Agenten James Munroe (Eric Roberts) ist, der auf dem Eiland seinen eigenen, höchst illegalen Geschäften nachgeht. Nur mit sehr viel Glück und sehr viel geballter Feuerkraft gelingt Ross und Christmas die Flucht. Wieder in der Heimat angekommen, erfahren die beiden Männer schließlich die ganze Wahrheit: nicht Garza, sondern Munroe ist das eigentliche Ziel und ihr mysteriöser Kontaktmann, »Mr. Church« (Bruce Willis) ist in Wahrheit ein CIA-Beamter, der, anstelle seiner eigenen Leute Ross’ Team angeheuert hatte. Immerhin sind die entbehrlich (»expandable«) – seine eigenen Leute gewiss nicht. Doch statt die Sache einfach ad acta zu legen, entschließt sich Ross dafür, Church und Munroe zu zeigen, was eine Harke ist. Gemeinsam mit seinem kompletten Team und bis an die Zähne bewaffnet kehrt er nach Vilena zurück …

 

Stallone, Statham, Jet Li, Dolph Lundgren, Mickey Rourke, Bruce Willis, Arnold Schwarzenegger – in diesem Falle dürften die Namen alles sagen. Es ist eine wirklich beeindruckende Riege zusammengekommen, wenngleich Stallone letztlich doch nicht alle auf seiner Wunschliste hatte kriegen können (Van Damme, Kurt Russell, Steven Seagal und <wm>Wesley Snipes gehörten unter anderem dazu). Trotzdem schwitzt dieses Konglomerat aus purer Maskulinität mindestens genau so viel Testosteron aus wie eine Lagerhalle voll altem Dynamit Nitroglyzerin. Ja, hier dürfen Männer noch Männer sein; wird das klassische Konterfei des Cowboys von einst ins Hier und Jetzt übertragen – freilich mit einem Augenzwinkern. Gerade jene Momente, in denen sich »The Expendables« beziehungsweise deren Macher Stallone nicht allzu ernst nehmen, sorgen dafür, dass der Film trotz aller nicht jugendfreier Garstigkeiten (und davon gibt es reichlich) Laune macht und zugleich wunderbar flüssig bleibt. Ohnehin muss man Stallone abermals attestieren, einen handwerklich einwandfreien Action-Kracher fabriziert zu haben, der sich plottechnisch zwar durchaus an den 80er Jahren orientiert, aber mit modernsten Mitteln fabriziert wurde. Wobei die relativ simple und erneut sehr geradlinige Story im Vergleich zu der nicht selten ziemlich konfus daherkommenden Konkurrenz einfach erfrischend ist; ja sogar unkonventionell. Liegt die Zukunft des modernen Actionfilms in den Wurzeln der Vergangenheit? Gut möglich. Stallone zeigt auf jeden Fall, wie man(n) es richtig macht. Keine Kompromisse, kein Rückzug, immer mit dem Kopf durch die Wand. Überlebensgroß, aber keineswegs ins Lächerliche abdriftend; eine Kunstform, die Stallone meisterhaft beherrscht. Dabei vergisst Stallone keineswegs, seinen Helden auch ein wenig Verletzlichkeit zuzumuten, meist in weiblicher Form, wie Christmas’ Probleme mit seiner Freundin Lacy (Charisma Carpenter) und die zarten Bande zwischen Ross und Sandra beweisen. Eignet sich »The Expandables« dadurch auch, ein weibliches Publikum anzulocken? Ganz ehrlich: nicht unbedingt. Wie bereits erwähnt, sind die knallharten Fights, die Schießereien und Explosionen ebenso wie die Andeutungen von Selbstironie dank ihrer, die Skala sprengenden Testosteronwerte überwiegend für den männlichen Teil zugeschnitten.

 

Doch ganz gleich, wer sich für den Film entscheiden wird – die wahre Wucht entfacht der Film erst auf Blu Ray. Die Bildqualität ist schlichtweg überragend; messerscharf, plastisch und herrlich flüssig. Auch in Sachen Ton spielt das noch relativ neue Medium sämtliche Trümpfe aus. Kristallklar und auch ohne Heimanlage ein Genuss. Wobei empfohlen wird, den Ton nicht allzu laut aufzudrehen. Spätestens, wenn der Söldner Hale Ceasar (Terry Crews) mit seiner Lieblingswaffe die Schergen des Gegners umnietet, sollte man – entgegen dem Drang – die Lautstärke in vertretbare Stärken lenken, ehe der Nachbar unfreundlich wird. Der Rezensent weiß, wovon er spricht … Neben den üblichen Extras und Audiokommentaren beglückt die »Limited Special Edition« außerdem durch die 90-minütige Dokumentation Inferno: The Making of the Expendables, welche neben hochinteressanten Einblicken in Stallones Arbeitswelt und Privatleben ferner einen Blick auf die Produktion von »The Expendables« gewährt, der manchmal genauso mitreißend ist, wie das eigentliche Resultat. Spätestens danach dürfte wohl auch dem letzten klar sein, wofür der Name Sylvester Stallone generationenübergreifend steht: Für einen getriebenen Mann, der selbst sein eigenes Wohlsein aufs Spiel setzt, um seine Vision wahr werden zu lassen. Für einen geborenen Geschichtenerzähler, gefangen im Körper eines durchtrainierten Machos. Für einen Mann, der gerne für dumm gehalten wird, jedoch smarter ist, als die meisten. Eben für Sylvester Stallone. Hoffen wir, dass er uns auch weiterhin mit seiner Klasse beehren wird.

 

Fazit:

»The Expendables« – das steht für ein Klassentreffen unter Action-Titanen, Rasanz und mörderisches Tempo und jeder Menge verbrannter Erde. Männliche Hormone außer Rand und Band, aber stets mit einem Augenzwinkern. Ein Genre-Film, der sich an klassischen Werten orientiert und gleichermaßen modern daherkommt. Mit Sicherheit DER Actionreißer des Jahres 2010 und für Fans absolut unverzichtbar.

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404180717538d269f90

BR:

The Expendables

(Limited Special Edition, Steelcase)

Originaltitel: The Expendables

USA 2010

Regie: Sylvester Stallone

Format: Special Limited Edition, Widescreen

Sprache: Deutsch (DTS-HD 5.1), Englisch (DTS-HD 5.1)

Untertitel: Deutsch

Bildseitenformat: 16:9 - 2.40:1

Umfang: 1 BR

FSK: 18

Splendid, 28. Januar 2011

Spieldauer: 104 Minuten

 

ASIN: B00483CW06

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Darsteller:

Sylvester Stallone

Jason Statham

Jet Li

Dolph Lundgren

Randy Couture

Steve Austin

Eric Roberts

Charisma Carpenter

Mickey Rourke

Bruce Willis

Arnold Schwarzenegger

, zuletzt aktualisiert: 10.09.2023 10:58