Rezension von Cronn
Ich schwinge mich zu den dunklen Chören fremdartiger Mönche in die rauen Lüfte über der wild bewegten See. Mein treuer Falke trägt mich, mir kann nichts geschehen. Ich fühle mich frei und lebendig.
Über mir hängen die wild treibenden Wolken, zwischen denen die Sternbilder durchblitzen. Am Horizont ist ein Gewitter zu sehen. Blitze zucken zwischen den finsteren Wolkengebilden hin und her. Das ist meine Chance, die Waffen aufzuladen.
Ich halte auf die Gewitterfront zu und bin alsbald darin. Die Blitze laden die Waffensysteme auf, die am Falken montiert sind, so dass ich mich in gefährliche Kämpfe stürzen kann. Aber noch ist das nicht soweit.
Ich tauche wieder hinunter und sause knapp über den Wogen entlang. Ab und an ist dort unten eine Kiste zu finden. Dort könnten interessante Dinge für mich versteckt sein. Ich halte Ausschau danach.
Dann taucht eine zerklüftete Klippenlandschaft vor mir auf. Beim Näherkommen erkenne ich, dass es sich um einen Außenposten der Imperialen handelt. Ich fliege einen Kreis und lande. Sie haben für mich einen Auftrag, der mich eine Route fliegen lässt. Ich soll die einzelnen imperialen Außenposten besuchen.
Bald schon schwinge ich mich erneut nach oben in die Luft und suche nach eventuellen Piraten-Falken. Ich muss nicht lange suchen.
Da! Mehrere der Piraten haben ein imperiales Luftschiff angegriffen. Ich fliege über ein Boot in den Wogen hinweg und stürze mich nach oben in die Schlacht. Mein treuer Falke legt sich in die Kurve, dreht eine Rolle und ich feuere das Bordgeschütz gegen den ersten Piraten ab. Doch der entkommt mit einem blauen Auge, obgleich sein Lebensbalken schon abgenommen hat.
Aber ich werde ihn gleich wieder in Reichweite meiner Feuerwaffen haben!
So ähnlich spielt sich The Falconeer, das brandneue Spiel des Indie-Entwicklers Tomas Sala. Herausgebracht wird das Game von Wired Productions. Es ist erstaunlich, was ein einzelner Entwickler hier auf die Beine gestellt hat.
Hintergrund:
»The Falconeer« spielt in einer Fantasy-Umgebung, genannt »Die Ursee«. Ein Ozean nimmt fast das gesamte Oberflächenareal des Planeten ein und hat die Relikte der Zivilisation überdeckt. Verschiedene Fraktionen sind darüber verteilt und leben auf Inselketten. Die wichtigsten Persönlichkeiten schweben in Luftschiffen darüber. Piraten gibt es ebenfalls, welche für Händler vor allem eine Gefahr darstellen, die mit Booten die Ursee bereisen.
Als »Falconeer« sucht man bei verschiedenen Fraktionen Aufträge und erkundet die Welt.
Die Story ist interessant, da mehrere Wege durch das Spiel führen. Wirklich packend ist sie allerdings nicht inszeniert, da lediglich mit den Off-Stimmen der unterschiedlichen Fraktionsquestgeber und im Ladescreen mit einer mysteriösen Lady. Immerhin sind alle Sprecher professionell vertont.
Gameplay:
Im Kern ist »The Falconeer« ein Arcade-Flieger, der an Games wie Hawx oder Blazing Angels erinnert, allerdings mit dem Unterschied, dass man in »The Falconeer« in einem anderen Universum unterwegs ist, das der Fantasy.
Diese Art von Spielen sind derzeit Mangelwaren, daher stößt der Indie-Entwickler Tomas Sala in eine Nische. Doch wie gelungen ist »The Falconeer«?
Im Kern dreht sich alles beim Gameplay von »The Falconeer« um das Erkunden und den Dogfight. Das Erkunden macht am meisten Spaß. Es gibt immer wieder Inseln zu entdecken, die man umrunden und betrachten und oft darauf landen kann. Auch im Wasser gibt es Dinge zu sehen, wie Wale, Treibgutkisten und Boote. In Gewittern lädt man seine Waffenenergie auf. Insgesamt ist das Erkunden ein befriedigendes Spielelement.
Etwas anders sieht es beim Actiongameplay des Dogfights aus: Hier ist die Steuerung recht fummelig geraten. Es ist schwer, den Gegner im Fokus zu halten, auch wenn es eine Taste dafür gibt. Allzu schnell entwischen die gegnerischen Falken aus dem eigenen Angriffsradius und man kann kaum hinterher manövrieren. Schade, dass gerade das Kern-Gameplay so Probleme bereitet.
Spannender ist es da, sich auf die Erkundung der Spielwelt zu freuen. Auch ist die Abwechslung der Gegner nicht gegeben. Sie haben auch keine erkennbaren Eigenheiten, neue Angriffsmuster oder dergleichen.
Grafik und Sound:
Es ist imposant zu sehen, was Tomas Sala mit One-Man-Power in diesem Bereich geleistet hat. Die Grafik ist sehr stilsicher und eigenständig. Auf dem Grafikgerüst der Unity-Engine aufsetzend ist »The Falconeer« hinsichtlich der Grafik ein Augenöffner. Das liegt nicht an einer hochtexturierten Polygonvielfalt, im Gegenteil. Die Polygone sind gar nicht oder sehr sparsam texturiert, und werden von der Umgebung eingefärbt, welche wechselnden Farbstimmungen durch Wettereffekte unterliegt.
Im Endergebnis setzt sich damit »The Falconeer« von anderen Grafikstilen bewusst ab und wahrt seine Eigenartigkeit im positiven Sinn. Eine Entscheidung, die sicher auch durch die Besonderheiten der Entwicklung im Einmann-Betrieb beeinflusst wurde.
Auch im Bereich des Sounds gibt sich »The Falconeer« keine Blöße. Die Sprecher wurden vertont und die Musik ist sehr stimmungsvoll geraten. Mehrstimmige Chöre, die an tibetische Obertongesänge erinnern, geben dem Spiel eine meditative Note. Wenn man auf Erkundungsflug ist und diese Musik hört, wirkt das sehr atmosphärisch.
Fazit:
Das Projekt »The Falconeer« ist als Indie-Einmann-Werk beeindruckend und bietet eine interessante Story mit gelungener Welt, eigenständigem Grafikstil und meditativer Musik. Die Erkundung der Welt macht Spaß und trägt über weite Strecken das Gameplay. Schade, dass gerade das Fluggefühl so frickelig geraten ist, weil das im Kern doch das Wichtigste an einem Arcade-Fluggame ist. Da »The Falconeer« aber weit und breit allein die Nische dieses Subgenres besetzt, kann es für Fans eine Empfehlung sein.
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