The Paradise (DVD; TV-Serie; FSK 12)
 
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The Paradise

Rezension von Christel Scheja

 

Kostümdramen aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert scheinen in Großbritannien offensichtlich wieder einmal im Trend zu sein, denn nach „Parade’s End“ oder „Downtown Abbey“, präsentiert die BBC nun einen weiteren Einblick in die gute alte Zeit des Empire, wenn auch aus einem ganz anderen Blickwinkel.

„The Paradise“ spielt nicht auf einem hochherrschaftlichen Anwesen oder nur unter der feinen Gesellschaft, sondern inmitten von kleinen Geschäftsleuten und beschäftigt sich mit einem der ersten Kaufhäuser Englands. Die Serie basiert dabei auf Motiven aus einem Roman von Emile Zola.

 

Denise Lovett, ein Mädchen vom Lande kommt in eine kleine Stadt, um bei ihren Onkel als Verkäuferin zu arbeiten. Der altgediente Handwerker hat allerdings seit geraumer Zeit Absatzschwierigkeiten, weil auf der anderen Straßenseite ein Kaufhaus geöffnet hat – ein Laden, der nicht nur eine Spezialität für die feine Gesellschaft anbietet, sondern alles, was man für ein luxuriöses Leben braucht, angefangen mit Kleidung, Parfüm und unterschiedlichsten Accessoires, bis hin zu Geschirr und anderen Haushaltswaren für Alltag und besondere Anlässe.

Als der Onkel sie nicht mehr bezahlen kann, beschließt Denise nach einer Stelle im „Paradise“ zu fragen, um nicht mehr zurück nach Hause zu müssen. Tatsächlich bekommt sie eine Stelle mit Probezeit gewährt und gewinnt im Laufe der nächsten Tage sogar einige Freunde unter den Verkäuferinnen.

Mit der Zeit fällt sie durch ihre fröhliche und unkomplizierte Art auch dem Besitzer des Kaufhauses ins Auge. John Moray ist fasziniert von der jungen Frau, die sich auch von ihrer Vorgesetzten Miss Audrey nicht einschüchtern lässt und trotzdem immer wieder neue Ideen hat.

Er selbst steckt in einer Zwickmühle. Auf der einen Seite trauert er immer noch seiner ersten Frau nach, die er einfach nicht vergessen kann, auf der anderen Seite weiß er, dass auf Dauer nur die Heirat mit der Tochter seines Gläubigers das Haus retten kann. Die Affäre mit der jungen Clara, die ebenfalls im Laden arbeitet, ist dagegen nur Ablenkung.

Denise lernt sich in die Gemeinschaft und Hierarchie des Kaufhauses einzufügen, ohne sich dabei zu verleugnen. Allerdings kann sie auf Dauer ihre Gefühle für John Moray nicht verstecken, was nicht nur ihre Kollegin Clara gegen sich aufbringt. Als sie dem Witwer gesteht, dass sie ihn liebt, zieht sie allerdings auch gleich die Konsequenzen. Doch ist damit ihre Zeit in „The Paradise“ wirklich vorbei?

 

Die acht Folgen der erste Staffel erzählen zunächst von den ersten mutigen und manchmal etwas übermütigen Schritten des Landmädchens in der Kleinstadt, sei es nun im Laden ihres Onkels oder im Kaufhaus selbst.

Dabei zeigt Denise schon früh, dass sie nicht nur eine positive, manchmal naiv wirkende Weltsicht hat, sondern auch Weitblick und einiges an ungewöhnlichen Ideen besitzt, etwas, was in der strikt hierarchisch aufgebauten Gesellschaft nicht gerne gesehen wird.

Allerdings kennt sie auch die Spielregeln gut genug, dass sie nicht ständig und überall aneckt, nimmt sich oft genug selbst zurück, um nicht alles zu verlieren. So ist sie in einem gewissen Sinne emanzipiert, auch wenn sie sich mehr oder weniger gehorsam in den kleinen Kosmos einfügt.

Dieser gibt einen netten, wenn vermutlich auch romantischen verbrämten Einblick in die damalige Welt, in der „shoppen“ noch eine eher anstrengende Angelegenheit für die oberen Klassen war und ein Kaufhaus, dass gleich mehrere Dinge unter einem Dach versammelte, ein absolutes Novum, das interessiert beäugt wurde.

Die Handlung deutet zwar an, dass die Verkäuferinnen und Laufburschen eines Geschäftes nicht unbedingt besser behandelt wurden als das Personal der Herrenhäuser, und in einer ähnlichen Abhängigkeitsbeziehung zu ihren Arbeitgebern lebten – inklusive der Tatsache, dass sie auch im Haus lebten, aber die Schwierigkeiten und gesellschaftlichen Probleme werden nicht in den Vordergrund gestellt.

Viel mehr dreht sich alles um die Beziehungen der Figuren untereinander. Da ist Denise, die gleichermaßen geliebt wie gehasst wird, weil sie vor Ideen nur so sprüht und diese auch immer wieder ausspricht, ohne sich von Rückschlägen beeinflussen zu lassen. Sie verärgert damit sehr oft auch Miss Audrey, die Angst davor hat, ihre privilegierte Stellung als Abteilungsleiterin zu verlieren, fasziniert aber einen der Besitzer des Landes.

John Moray sympathisiert viel mehr mit seinen Angestellten, als er zugeben und zeigen will, stammt er doch selbst aus einfachsten Verhältnissen und hat sich mit eigener Kraft nach oben gearbeitet. Gerade Denise mit ihrer sprühenden Intelligenz spricht ihn an, scheint sie doch eine Seelenverwandte zu sein.

Allerdings liegt der Schatten seiner verstorbenen Frau über ihm, so dass er sich seine Gefühle nicht eingestehen will, zudem weiß er, dass seine nächste Ehe aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden muss. Doch ist das wirklich der richtige Weg?

Dazu kommen die Kollegen von Denise, die kleinen Geschäftsleute der Einkaufsstraße, deren Geschichten alle irgendwie miteinander verwoben sind. Aus diesem Grund spielt sich die Serie auch überwiegend im Kaufhaus und den es umgebenden Läden ab, benötigt keine weiteren Schauplätze. Wenn, dann kommen neue Elemente einfach dazu, so wie das Findelkind, das auf der Schwelle des „The Paradise“ entdeckt wird, die Waisenkinder, die man in karitativem Sinne betreut, die zahlreichen Kunden.

Die Dramen des täglichen Lebens bleiben in diesem kleinen Kosmos, dessen Wohl und Wehe von den Kunden bestimmt wird. Dabei folgen die Episoden einem bewährten Schema. Neben Alltäglichkeiten, kommen auch immer wieder die kleinen Intrigen ins Spiel, große Gefühle wie Liebe, Eifersucht und Neid werden ausgelebt – wenn auch im Flair und Stil der unterkühlt scheinenden viktorianischen Ära.

Dazu kommt die strenge Hierarchie in der Gesellschaft, die für zusätzlichen Zündstoff sorgt und vor allem der großen Liebe Steine in den Weg legt. Man merkt den Schauspielern an, dass sie Erfahrung mit dieser Art von Geschichten haben und sich sicher in der Ära und dem Setting bewegen.

Alles in allem dürfte „The Paradise“ wohl vor allem die Zuschauer ansprechen, die kleine aber feine Liebesgeschichten mit einem guten Schuss Gesellschaftsdrama aus der guten alten Zeit mögen, in der das Empire noch groß und erfolgreich war, Adel und wohlhabendes Bürgertum weit über dem Rest der Bevölkerung standen und der Ruf oder die Reputation alles waren.

Bild und Ton sind auf der Höhe der Zeit, die Ausstattung der Serie wirkt authentisch. An Extras gibt es leider nur ein Making-of.

 

 

Fazit:

 

Wer ein Faible für moderne Kostümdramen wie „Parade’s End“ und Downton Abbey“ hat und auch einmal ein anderes Szenario genießen will, als Liebe und Leid im Haushalt einer adligen oder reichen Familie, sollte ruhig einmal einen Blick in „The Paradise“ werfen, denn er bekommt all die geliebten Elemente geboten, inklusive dem gelungen Zeitkolorit, sehr unterschiedlichen, aber nicht unbedingt übertrieben wirkenden Menschenschicksalen und fein dosiertem Herzschmerz.

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MEDIUM:

The Paradise

The Paradise, GB 2012

Regisseur(e): Marc Jobst, David Drury, Susan Tully

Format: Dolby, PAL, RC 2

Sprache: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 2.0)

Untertitel: Deutsch, Englisch

Bildseitenformat: 16:9 - 1.77:1

Anzahl Disks: 3

FSK: Freigegeben ab 12 Jahren

Studio: Polyband/WVG

Erscheinungstermin: 30. August 2013

Spieldauer: 400 Minuten

ASIN: B00D6UUXNK

Erhältlich bei: Amazon

Weitere Infos:

  • Darsteller:

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  • Joanna Vanderham

  • Emun Elliott

  • Elaine Cassidy

  • Sarah Lancashire

  • Patrick Malahide

  • Peter Wight

  • Matthew McNulty

  • Ruby Bentall

  • Stephen Wight

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202403281915166a324dfb
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Erstellt: 08.09.2013, zuletzt aktualisiert: 07.02.2024 17:01, 13243