Tochter des Löwen (Autor: Jennifer Roberson; Der Cheysuli-Zyklus, Band 3)
 
Zurück zur Startseite


  Platzhalter

Tochter des Löwen von Jennifer Roberson

Reihe: Der Cheysuli-Zyklus, Band 3

Rezension von Christian Handel

 

Zwanzig Jahre ist es her, dass die beiden Romane des Cheysuli-Zyklus, die im Sammelband „Tochter des Löwen“ vorliegen, im amerikanischen Original erschienen sind. Vor über zehn Jahren hatte Heyne beide Bücher einzeln unter den Titeln „Die Ehre der Prinzen“ und „Die Tochter des Löwen“ erstveröffentlicht. Aus diesem Grund ist der Titel der Omnibus-Ausgabe auch etwas irreführend, denn im ersten Abschnitt des Romans geht es mitnichten um Keely, die Tochter des Muhjars Niall, auch wenn sie dort einige kurze Auftritte hat, sondern um ihre drei Brüder Brennan, Hart und Corin, die ebenso Sprößlinge des sogenannten Löwenthrons von Homana sind. An der Grenze zum Erwachsenenalter haben sie noch immer recht viel Flausen im Kopf – und das ist etwas, wogegen ihr Vater unbedingt etwas tun möchte. Schließlich wird auf ihren Schultern schon bald nicht nur die Regentschaft über drei verschiedene mächtige Reiche ruhen, sondern auch die Erfüllung der schicksalhaften Prophezeiung des Gestaltwandlervolks der Cheysuli hängt von ihnen ab. Als Brennan und seine Brüder deshalb in eine Wirtshausschlägerei mit fatalen Folgen verwickelt werden, sieht Niall sich gezwungen, seine Söhne voneinander zu trennen und in verschiedene Länder zu schicken, wo sie lernen sollen, was es bedeutet, die Bürde der Verantwortung zu tragen.

 

Obwohl sich die Geschichte des ersten Buches des Sammelbands bald schon in drei separate Handlungsstränge teilt, wirkt sie trotz aller Verwicklungen etwas fad. Das mag daran liegen, dass Roberson mit ihrer Geschichte um die drei Prinzen nicht wirklich Neuland betritt. Die Geschichte eines jungen Cheysuli an der Schwelle zum Erwachsenwerden, der sich dagegen streubt, sein Thalmorra – sein Schicksal – anzunehmen, hat sie bereits mehrfach erzählt.

Darüber hinaus fehlt es dem Buch an signifikanten neuen Erkenntnissen, was die Welt der Cheysuli und ihrer Gegner, der Ihlini-Hexer angeht. Dies ist vor allem schade, weil die Autorin im Vergleich zu den vorherigen Bänden des Cheysuli-Zyklus sich stilistisch merklich weiterentwickelt hat. Das macht sich vor allem bei den Abschnitten bemerkbar, die aus Sicht der Gegenspieler des Gestaltwandlervolkes erzählt werden. Da es davon jedoch nicht allzu viele gibt, verpufft diese Wirkung recht schnell.

 

Etwas Abwechslung bring begrüßenswerter Weise der zweite Abschnitt des Sammelbandes, der den Roman „Die Tochter des Löwen“ neu auflegt und der zum ersten Mal im Rahmen des Zyklus aus Sicht einer weiblichen Hauptprotagonistin in der Ich-Form erzählt wird. Im Mittelpunkt steht hier die Schwester von Brennan, Hart und Corin. In Keely fließt das Blut der Cheysuli sehr stark: Das bedeutet nicht nur, dass sie nicht auf eine einzige Gestalt beschränkt ist und dadurch jede beliebige Tier-Gestalt annehmen kann, sondern vor allem, dass sie ein sehr unabhängiges, selbstbewusstes Wesen hat und vom Wunsch erfüllt ist, ihr Leben selbst zu bestimmen. Trotz der alten Cheysuli-Prophezeiung und der Befehle ihres Vaters ist sie deshalb nicht bereit, eine politische Ehe mit dem Erben des erinnischen Königreichs einzugehen.

 

Fast zwangsläufig drängt sich ein Vergleich zwischen Keely und einer anderen Figur aus der Feder von Jennifer Roberson auf: Del, die weibliche Hauptfigur aus ihrer „Schwerttänzer“-Reihe. Zwischen Del und Keely lassen sich sehr viele Parallelen ziehen. Bei beiden handelt es sich um extrem willensstarke junge Frauen, die nicht dazu bereit sind, andere über ihr Schicksal bestimmen zu lassen. Sie beide müssen ein traumatisches Erlebnis erdulden, das sie für immer verändern wird. Gerade weil diese Frauen ähnliches erleben, sich vom Wesen her gleichen und beides Robersons Geisteskinder sind, muss dieser Vergleich erlaubt sein. Es ist Keely, die dabei leider den Kürzeren zieht. Obwohl „Die Tochter des Löwen“ später geschrieben wurde als „Schwerttänzer“, kommt Del wesentlich glaubwürdiger daher.

Es ist annerkennenswert, dass die Autorin ihren Plot mit einem ernstem, realen Thema anreichern möchte – den Stoff hat sie jedoch bereits verwendet, und das schon besser.

 

„Tochter des Löwen“ ist für sich allein betrachtet sicher kein „Meisterwerk der Fantasy“, wie der Buchrücken dem Leser glauben machen will. Der Cheysuli-Zyklus selbst erfreut sich zwar sowohl diesseits als auch jenseits des Atlantiks sehr großer Beliebtheit und deshalb ist es sehr erfreulich, dass Heyne die Romane neu auflegt, ein bisschen wirken die beiden Geschichten des Sammelbandes jedoch wie ein Lückenfüller, da die Romanübergreifende Handlung nicht wirklich vorangetrieben wird.

 

Wer von „Dämonenkind“ und „Wolfssohn“ begeistert war, wird vermutlich auch hier auf seine Kosten kommen. Immerhin bekommt man für € 9,95 verhältnismäßig preiswert einen dicken Schmöcker von rund 900 Seiten. Wer jedoch auf der Suche nach aufregendem, neuen Lesestoff ist, kann „Tochter des Löwen“ getrost überspringen und, bei Interesse, auf den abschließenden Band des Zyklus warten, der den Titel „Kind des Raben“ tragen wird.

 

Nach oben

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240424065041643f99f5
Platzhalter

Tochter des Löwen

Reihe: Der Cheysuli-Zyklus, Band 3

Autor: Jennifer Roberson

Originaltitel: A Pride of Princes / Daughter of the Lion

Übersetzung: Karin König

Broschiert: 896 Seiten

Verlag: Heyne (Juni 2008)

Sprache: Deutsch

ISBN-10: 3453524071

ISBN-13: 978-3453524071

Erhältlich bei: Amazon


Platzhalter
Platzhalter
Erstellt: 05.08.2008, zuletzt aktualisiert: 31.03.2024 20:18, 7073