Todessumpf von F. Paul Wilson

Rezension von Carsten Kuhr

 

Repairman Jack, oder, wie er eingedeutscht heisst Handyman Jack ist wieder unterwegs. Diesmal aber muss er sein heimisches New York verlassen. Nach einem Unfall mit Fahrerflucht liegt sein Vater am Rande der Everglades in Florida im Koma und ringt mit dem Tod. Im Hospital lernt Jack Anya, eine seltsame Alte kennen. Die Nachbarin seines Vaters scheint eine ganze Menge über seinen introvertierten Vater, aber merkwürdigerweise auch über Jack zu wissen. Jack zieht zunächst in das leerstehende Haus seines Vaters im Rentnerparadies Gateways ein. Nur allzu bald entdeckt er, dass am Unfall seines Dads einiges ungewöhnlich ist. So wurde der Vorfall 20 Minuten bevor er überhaupt stattfand der Polizei gemeldet - wer konnte im Voraus davon wissen? Betuchte, alleinstehende und kerngesunde Bewohner des Rentnerparks wurden von Tieren im Abstand von jeweils drei Monaten getötet. Jacks Dad wurde genau drei Monate nach dem letzten Toten angefahren - ein wenig viele Zufälle für Jack. Tief in den Evergaldes, am Spundloch, haben sich seit Jahren Mutanten unter der Leitung einer lasziven, gleichzeitig aber verletzlich wirkenden jungen Frau gesammelt. Haben diese etwas mit den Vorgängen zu tun? Nur allzu bald findet Jack heraus, dass die »Andersheit« auch in den Everglades ihre Hände im Spiel hat, und es gibt nur Einen, der etwas dagegen unternehmen kann - doch da hat Jack seine Rechnung ohne seinen aus dem Koma aufgewachten Vater gemacht, der für seinen Sohn so einige Überraschungen auf Lager hat..

 

Dieser Roman berstet fast schon vor interessanten Unikaten. Da ist zunächst einmal Jacks Vater, von dem wir bislang, ausser dass er als Wirtschaftsprüfer gearbeitet hat kaum etwas erfahren haben. Die Art und Weise, wie die beiden ungleichen Männer zueinander finden, ihr ihnen bis dato unbekanntes Gegenüber entdecken hat etwas rührendes, zugleich aber auch faszinierendes an sich. Hierbei vermeidet Wilson es geschickt zu sentimental zu werden, lässt beiden Männern ihre rauen Ecken und Kanten die sich aneinander reiben und stossen.

Dann Semelee die Anführerin der Mutanten. Mit ihren speziellen Gaben führt sie nicht nur die wilden Tiere ihrer Umgebung und ihren Clan, sondern will sich auch Jack gefügig machen. Die Zurückweisung durch Jack verletzt sie zutiefst, weckt trotz ihrer Handlungen mein Verständnis und Mitgefühl für das missbrauchte, ausgegrenzte Mädchen. Anya, die rätselhafte Frau mit Hund die viel zu viel über die Hintergründe im Kampf der Andersheit mit dem Verbündeten weiss ist eine geheimnisvolle Hexe, deren Lebensweise – ausgedehnte Sonnenbäder, der Genuss von guten gekühltem Rotwein und starken Zigaretten - sie als zutiefst menschlich charakterisiert. Der geistig etwas minderbemittelte Carl, der als lokaler Gärtner, zufrieden mit seiner Welt von einem grösseren Fernseher in seinem Wohnwagen träumt bleibt ebenso im Gedächtnis wie der korrupte Leiter der Anlage. Und schliesslich die eigentliche Hauptperson schlechthin, die Everglades. Ein Naturwunder ohnegleichen, fälschlich oft als Sumpf bezeichnet, beschreibt uns Wilson diese exotische Naturkulisse mit grossem Enthusiasmus aber auch fundiertem Wissen. Hier siedelt er seine Kreaturen - weltliche wie übersinnliche Höllenraubwespen - an, hier befindet sich das Schlundloch, die Verbindung zu den Welten der Andersheit. En passant beleuchtet Wilson noch die Lebensweise im Rentnerstaat Florida, tut seine mehr oder minder fundierte Meinung zu Country Music und Lou Reed kund, und brennt ein Feuerwerk an Spannung und Gewalt ab. Von allen bislang sieben Handyman Jack Romanen die in Übersetzung vorliegen ist dieses Werk das vielleicht spannendste, auch weil Wilson Jack aus seiner normaler Umgebung, aus dem üblichen Handlungsaufzug herausnimmt, und ihn einer ihm fremden Umwelt aussetzt in der der urbane Mensch Jack mehr über sich preisgibt und lernt, als er dies im Betondschungel jemals könnte.

 

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