Toledo (Brettspiel)
 
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Toledo

Rezension von Björn Backes

 

Als Spielautor muss sich Martin Wallace längst nichts mehr beweisen. Mit Titeln wie „Railroad Tycoon“ und „Age Of Steam“ revolutionierte er das Eisenbahnspiel auf dem Brett und sicherte sich vorzeitig einen Patz in der verspielten Ruhmeshalle. Und trotz kleiner Zwischenfälle wie das durchschnittliche „Tempus“ geht der britische Autor und Geschichtslehrer bei seinen frischen Projekten immer noch mit großen Ambitionen an die Sache heran. Für seine letzte Entwicklung „Toledo“ reiste Wallace sogar selbst in die spanische Großstadt, um sein historisches Wissen um die Schmiede-Hauptstadt Spaniens zu erweitern. Der Autor verführt sein Publikum nämlich dieses Mal in die Blütezeit der Kunst und in eine politisch brisante Phase, als die Mauren die Stadt besetzten. Damals wurde der berüchtigte Toledo-Stahl geschmiedet – und um eben jenen geht es hauptsächlich in der Neuheit aus dem Hause Kosmos.

 

Spielidee:

In „Toledo“ schlüpfen die Spieler in die Rollen von Händlern, die in den Geschäftsvierteln der Stadt ihre kleinen Gewerbebetriebe errichten und mit den Erlösen Metalle und Edelsteine erwerben, die in den Schmieden der Stadt zu Schwertern verarbeitet werden. Die Aufgabe der Spieler besteht darin, die Schwerter zum Alcazar, der Residenz des Herrschers zu bringen, und dort für ihre Arbeiten Ruhm und Ehre zu erlangen. Gleichermaßen sollte man ein Auge auf die Portraits der spanischen Maler werfen, die beim Herrscher ebenfalls hohes Ansehen genießen und letztendlich ebenso Ruhmespunkte bringen wie die unterschiedlich dotierten Schwerter. Allerdings haben die Schmiede nicht sonderlich viel Zeit; sobald ein Spieler nämlich drei seiner Figuren zum Alcazar gebracht hat, endet das Spiel recht bald – und wer darauf spekuliert, seine Finanzen zurückzuhalten, um die Prachtstücke der Schmiede zu bekommen, gerät hier recht schnell ins Hintertreffen.

 

Ausstattung:

Das Spielmaterial zu „Toledo“ ist wirklich top. Griffiger Karton bei den Spielplättchen, stilvolle Holzpöppel, ein grafisch wirklich prächtiger Spielplan und sehr übersichtliches, stimmig aufgearbeitetes Kartenmaterial. Optisch kann sich der neue Wallace-Titel fraglos sehen lassen. Aber auch auf die Spielbarkeit bezogen lässt „Toledo“ keine Wünsche offen: Denn trotz der reizvollen Optik ist die Strukturierung nahezu optimal und auf Anhieb leicht nachzuvollziehen. Die Balance zwischen Übersicht und visuellen Reizen ist jedenfalls super.

 

Spielregel:

Leicht nachzuvollziehen ist ferner auch das Regelwerk. Auf gerade mal drei detailreich aufgebauten Seiten ist der Spielinhalt schon erklärt, ohne dass weitere Fragen aufkommen sollten. Lediglich die Zugmöglichkeiten sind in der Theorie, plump formuliert, sehr theoretisch dargestellt, ergeben sich aber schon in der ersten Runde wie von selbst. Da die Spielregel an den gegebenen Stellen aber auch mit regelmäßigen Beispielen aufwartet, erfüllt sie ihren Zweck wahrlich sehr gut.

 

Spielvorbereitung:

Bevor die Spieler nun ihre Reise zum Alcazar antreten, verteilen sie zunächst einmal das Spielmaterial. Die Fechtmeister- und Schwert-Plättchen wandern offen in die jeweilige Ablage, die Gemäldekarten werden nach Werten sortiert auf einen eigenen Stapel gelegt und auch die Geldkarten bilden eine separate Ablage. Nachdem die Metall-Plättchen sowie die Edelsteine auf den Warenvorrat gelegt werden, bekommt jeder Spieler seine fünf Spielfiguren, acht Geschäftetafeln und fünf Geldkarten. Anschließend beginnt das Spiel mit dem jüngsten Spieler.

 

Spielablauf:

Innerhalb der Partie sollten die Spieler nun versuchen, möglichst viele Geschäfte auf dem Spielplan unterzubringen (es besteht lediglich Raum für 16 kleine Gewerbe), dort Edelsteine und Metalle zu erwerben, Schwerter zu schmieden und letztendlich mit mächtigen Waffen und prächtigen Bildern beim Herrscher vorstellig zu werden. Der Spielablauf verfolgt dabei jedoch eine gewisse Chronologie was die Prioritäten betrifft. Gerade zu Beginn sollte man nämlich sehen, dass man seinen Zug dazu nutzt, ein neues Geschäft aufzusetzen, bevor die hierfür vorgesehenen Flächen endgültig vergeben sind. Wer dies nicht schwerpunktmäßig berücksichtigt, gerät in späteren Spielrunden schnell ins Hintertreffen und sollte bei der Siegvergabe keine bedeutsame Rolle mehr spielen. Erst danach sollte man dafür sorgen, dass die Schwertproduktion läuft und man die Gegner in Duellen und mit Raffinesse bei den Bewegungen aussticht.

 

Das Spiel ist derweil in vier unterschiedliche Optionen unterteilt, aus denen die Spieler während ihres Zugs wählen können. Reihum können sie sich entweder mit Geldkarten verstärken, ihr Gewerbe expandieren lassen, Geschäfte machen oder den Rückzug antreten, falls die Produktion nicht ganz so gut läuft. Je nach aktueller Spielsituation ist man jedoch häufig darauf angewiesen zu reagieren, statt zu agieren. Gerade dann nämlich, wenn ein Spieler bereits einen entscheidenden Vorteil herausgeschlagen hat, läuft man zumeist nur noch hinterher…

 

Die Zugoptionen sind dabei folgende:

 

a) 2 Geldkarten nehmen

Statt aktiv zu handeln, kann man schlicht und einfach auch neue Geldkarten vom Nachziehstapel ziehen, um seine finanzielle Ausgangssituation ein wenig aufzubessern.

 

b) 1 Geschäftstafel legen

Der Spieler nimmt eine seiner Geschäftstafeln und legt diese auf ein freies Feld auf dem Spielfeld. Hierbei ist zu beachten, dass die eigenen Tafeln gut verteilt sind, da man auf dem Weg von der Kathedrale zum Alcazar möglichst eigene Felder betreten sollte, um so den Wegzoll zu sparen. Am Ende einer Bewegung sollte man nämlich versuchen, noch zusätzlich Edelsteine oder Metall zu produzieren. Und sofern man dies nicht auf einem eigen Feld erledigt, muss man weitere Geldkarten abgeben – abhängig davon, wie nah man bereits am Ziel ist sogar in unterschiedlichem Wert.

Andererseits ist es gerade zu Beginn wichtig, sich mit vielen Geschäftstafeln eine gute Ausgangsposition zu verschaffen; einmal um später Geld und unnütze Spielzüge zu sparen, andererseits aber auch um von den Gegnern zu kassieren, die auf einer eigenen Geschäftstafel landen.

 

c) 1 oder mehrere Spielfiguren bewegen und Spielfeld nutzen

Wer eine Spielfigur bewegen möchte, legt eine Geldkarte ab und setzt den Pöppel genau so viele Felder wie der eingereichte Geldwert. Natürlich sollte man hierbei versuchen, auf einem eigenen Feld zu landen, um Geld und natürlich auch Spielzüge zu sparen, die man später eventuell zur Geldbeschaffung verwenden muss. Allerdings ist es manchmal auch erforderlich, die Rohstoffauswahl im Auge zu halten und dabei auch schon mal auf ein gegnerisches Geschäft zurückzugreifen.

Wer nun eine Spielfigur bewegt hat, darf auch noch weitere Figuren bewegen, falls er Geldkarten vom gleichen wert wie die erste Karte besitzt und ausspielen möchte. Man darf nun die gleiche Figur weiter bewegen oder eine neue Figur um ebenso viele Felder verschieben. Eine Ausnahme bildet hier das Sonderplättchen ‚Bewegung’, welches dem Besitzer ermöglicht, eine Zusatzbewegung mit einer unterschiedlichen Karte zu tätigen.

Sobald eine Bewegung abgeschlossen ist, kann man nun das Geschäft, auf dem man gelandet ist nutzen – es sei denn, das Zielfeld ist bereits besetzt. Jedes Geschäft verfügt nämlich über ein oder zwei Stellplätze für die Spielfiguren. Und sollten dies bereits belegt sein, kommt es zu einem Duell mit den Inhabern dieser Figuren. Der aktive Spieler wählt nun einen Gegner aus und zieht eine Geldkarte vom Nachziehstapel. Auf diesen Karten ist immer eines der drei Fechtmeister-Plättchen abgebildet, welches nun über den Sieg entscheidet. Wer es besitzt, geht im Duell in Führung. Sollte es hingegen niemand besitzen, entscheidet sich der Kampf darüber, ob der verteidigende oder der angreifende Spieler auf der Karte dick abgedruckt ist. Ein Duell endet genau dann, wenn ein Spieler mit zwei Siegen in Front liegt. Der Verlierer muss nun den Weg zurück in die Kathedrale (Startfeld) antreten.

Sollte der Weg in eines der Geschäfte unterdessen ohne Zwischenfälle verlaufen, kann man die individuellen Vorteile nun nutzen. Metalle oder Edelsteine werden bei den Händlern erworben und beim Schmied später gegen Schwerter eingetauscht. Wer beim Fechtmeister landet, nimmt eines der vier Plättchen an sich und kann von dessen Vorteilen in späteren Duellen profitieren. Sollte ein Spieler tatsächlich alle vier Plättchen in Besitz nehmen, muss er eines wieder zurückgeben. Dies ist insofern wichtig, dass man zum Ende das Bewegungs-Plättchen dringend wieder loswerden sollte, da es drei Minuspunkte einbringt – und loswerden kann man es nur mit dieser Methode.

Wer seine Bewegung auf dem Alcazar beendet, kann nun eines der erworbenen Schwerter unter diese Figur legen und es später werten. Jede Figur darf allerdings nur ein Schwert mitbringen. Weitere Ausnahmen sind die bereits fest im Spielplan verankerten Tavernen und die Galerie. In der Kneipe bekommt man sofort drei neue Geldkarten, während man in der Kunstausstellung eines der Gemälde bekommt.

 

d) eigene Spielfigur auf die Kathedrale setzen

Im Ausnahmefall darf man eine Figur, die noch nicht den Alcazar erreicht hat, noch einmal zur Kathedrale zurückbewegen. Dies ist gerade dann sinnvoll, wenn man keine Gelegenheit mehr hat, in den noch folgenden Geschäften auf dem Weg zum Alcazar an bestimmte Rohstoffe heranzukommen. Aber in der Regel ist dies ein Ausnahmefall.

 

Spielende:

Sobald ein Spieler drei Figuren zum Alcazar gebracht hat, wird die letzte Spielrunde eingeläutet. Jeder Spieler hat nun noch die Möglichkeit, ein letztes Mal Punkte zu sammeln, bevor dann die Schlusswertung folgt. Hier gibt es nun Punkte für alle Schwerter (diejenigen, die nicht im Alcazar liegen, zählen nur die Hälfte), je zwei Edelsteine und Gemälde. Abzüge gibt es für denjenigen, der das Bewegungsplättchen besitzt, und zwar zwei Punkte. Derjenige, der nun die größte Summe zusammentragen konnte, darf sich nicht nur ins Historienbuch der Stadt eintragen, sondern gewinnt auch die aktuelle Partie.

 

Spielspaß:

Toledo ist auf den ersten Blick ein simples Strategiespiel, entpuppt sich langfristig aber dennoch als ein Titel mit einer gewissen taktischen Tiefe – sofern es sich vermeiden lässt, dass man zu sehr vom Spiel selbst gespielt wird. Einige Mechanismen sind nicht bis zuletzt

ausgereift, so zum Beispiel die Wahl der Zugoptionen. Es erweist sich beispielsweise als weniger günstig, dass man sofort seine Geschäfte aufbauen kann, da diese Option letztendlich ein wenig beliebig wirkt und den Spielfluss schon zu Beginn ein wenig durcheinander bringt. Aber auch das Siegpunkt-System ist nicht optimal abgestimmt, da ein Spieler hier viel zu schnell entscheidende Vorteile erringen kann und somit die Balance deutlich beeinflusst. Gerade nach den ersten Partien geht dadurch ein Teil des Reizes verloren, zumal „Toledo“ auch noch nicht so recht preisgeben mag, worauf es nun wirklich ankommt.

Nach einiger Zeit haben sich diese Umstände aber dann doch ein wenig ausgeglichen. Die Krux ist aufgedeckt, und besonders im Spiel zu viert entsteht dann doch noch die Dynamik, die man nach der anfänglichen Spielübersicht eigentlich erwartet hätte. Zwar lassen sich Glücksfaktoren wie die Duelle oder generell die nachgezogenen Geldkarten nicht beeinflussen, aber da insgesamt immer noch eine bestimmte strategische Raffinesse vonnöten ist, um bei der Siegpunktaufstellung als bester Spieler zu enden, geht dies noch in Ordnung.

Dennoch: Es bedarf einiger zäherer Runden, bis man mit „Toledo“ warm geworden ist. Dann aber entwickelt sich ein ganz ordentliches, wenn auch nicht richtungsweisendes Strategiespiel, das aber trotz der scharfen Kritik sicher noch einmal auf den Tisch kommen wird.

 

Fazit:

“Toledo“ ist ein solides, in letzter Instanz aber nicht komplett überzeugendes Strategiespiel, das in Wallace persönlicher Chronik sicher nicht die Stellung eines Highlights annehmen wird, durchaus aber mal einen Test wert ist. Zwar ist die Mechanik partiell noch ausbaufähig, aber als Familienspiel mit nicht ganz so hohem Anspruch taugt der neue Kosmos-Titel auf jeden Fall.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240419173335a3abd1d3
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Toledo

Autor: Martin Wallace

Verlag: Kosmos

Genre: Strategie-/Familienspiel

Spielerzahl: 2-4 Spieler

Altersempfehlung: ab 10 Jahre

Spieldauer: 45-60 Minuten

Erhältlich bei: Amazon

 

Ausstattung:

* 1 Spielplan

* 20 Spielfiguren

* 90 Spielkarten

* 32 Geschäftetafeln

* 16 Fechtmeister-Plättchen

* 19 Schwert-Plättchen

* 23 Metall-Plättchen

* 20 Edelsteine

* 1 Spielregel


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Erstellt: 26.10.2008, zuletzt aktualisiert: 16.02.2018 17:50, 7582