Totenreigen (Autor: Wilhelm Klotz)
 
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Totenreigen von Wilhelm Klotz

Rezension von Ramona Schroller

 

Klappentext:

Phantastisch-makabre Erzählungen in der Tradition von Poe, Ewers und

Strobl. Erster Nachdruck der extrem seltenen Ausgabe von 1920.

 

Mit Illustrationen von Faezeh Bergh-Golshan.

 

Rezension:

Wenn auch gern übersehen, gibt es in Deutschland einen kleinen Verlag,

der es sich auf die Fahnen geschrieben hat, neben neuen Autoren auch

die alten Werke wieder aufzulegen. Ja, der sich inzwischen sogar auf

diesen Bereich eher spezialisiert hat. Denn auch, wenn viele kaum an

ein Leben vor Stephen King und Co. glauben, Horror und Phantastik sind

älter - auch im deutschsprachigem Raum.

 

Natürlich, da gab es einen gewissen Herrn Poe, der neben seiner

Revolution der Kriminalgeschichte auch etwas gruseliges schrieb. Oder,

ebenfalls sehr bekannt, auch einen Mister Lovecraft, dessen Werk

offensichtlich bis heute noch nicht zum Ende gekommen ist und immer

noch auf junge, aufstrebende Autoren nachwirkt. Doch, wie gesagt,

kamen diese beiden Herren nicht aus unserem Sprachraum, sondern wurden

hierher importiert.

 

Dann aber fällt die Überlegung schon schwerer. E.T.A. Hoffmann fällt

ein, Gustav Meyerinck - darf man den überhaupt nennen? Wenn wir schon

dabei sind, fügen wir doch auch gleich noch Kafka hinzu. Das sind die

Autoren, über die heute noch gesprochen wird. Aber gab es da nicht

auch noch andere?

 

Der Verlag Lindenstruth sagt ja und bringt in seiner Reihe

„Bibliotheca Arcana" Werke von relativ unbekannten, meist

deutschsprachigen Autoren heraus. Gleich beim ersten Band bleibt der

interessierte, doch noch nicht wirklich in diesem Genre bibliophil

gewordenen Leser mit einem großen Fragezeichen zurück: Wilhelm Klotz.

 

Nun, wer dieser Herr war, diese Frage kann ich nicht beantworten. Wohl

aber, zumindest zum Teil, was er geschrieben hat. Denn Wilhelm Klotz'

Erzählband „Totenreigen" ist es, der hier besprochen werden soll. Und

wohin die literarische Reise führen wird, verrät schon einmal der

Untertitel „7 Mysterien des Grauens". Vielversprechend, oder? Sehen

wir uns diese Mysterien doch einmal näher an ...

 

In einem kleinen Vorwort meldet der Autor sich selbst zu Wort und

berichtet von einer unheimlichen Begegnung mit einem der weiter oben

genannten: E.T.A. Hoffmann. Ein wenig schmunzelnd liest sich diese

kurze Einführung in den Band, ist aber durchaus stimmungsvoll und

macht Laune auf mehr.

 

Das läßt auch nicht lange auf sich warten und trägt den Titel „Die

Prophezeiung des Magiers", in der ein Mann auf die Aufzeichnungen

seines Vaters stößt. Dieser war seinerzeit bei einem Magier und ließ

sich von ihm die Zukunft vorhersagen. Klassisches Thema, für eine

moderne Geschichte vielleicht schon etwas zu oft gebraucht, für die

damalige Zeit aber gut geschrieben, wenn auch etwas zu konstruiert für

meinen Geschmack.

 

In der „Andreasnacht" treffen Onkel und Neffe sich und reden über

unheimliche Begebenheiten und Aberglauben. Da kommt die alte

Ziegenliese hinzu und bereitet einen Zauber, der nicht ohne Folgen

bleiben wird. Interessant hier das Spiel zwischen alt und jung,

gläubig und ungläubig.

 

In „Hypnose", so der Sanitätsrat, wäre der Hypnotisierte gezwungen zu

tun, was der Hypnotiseur ihm befiehlt. Das glaubt natürlich nicht

jeder, und so wird die Probe aufs Exempel gemacht - mit nicht ganz dem

Ausgang, der erwartet wurde. Erinnert leicht an Poe, der ähnliche

Themen in einigen seiner Geschichten behandelte. In der Umsetzung

allerdings wirklich sehr gelungen.

 

„Die beiden Schatten" begleiten einen jungen Herrn, und der bemerkt,

daß nur einer dieser Schatten der seine ist. Was es mit dem zweiten

auf sich hat, kann er nur ahnen - und seine Ahnung ist wirklich

grauenvoll. Definitiv eines der Highlights des Geschichtenbandes.

Gerade das Thema Schatten wird in der Phantastik immer wieder zu wenig

beachtet, und die Umsetzung - gerade die Idee, den Erzähler seine

Erlebnisse selbst mittels Tagebuch berichten zu lassen - hervorragend

gelungen, wie auch der Abschluß. Da fühlt man wirklich Grauen.

 

„Das Erbe des Dr. Vicelius" will sein Neffe antreten. Doch da hat der

Verstorbene auch noch ein Wörtchen mitzureden - ein sehr überzeugendes

sogar. Ja, Geschwisterliebe, wo sie nicht überall hinführen kann ...

Wahrscheinlich gerade auch wegen persönlicher Belange hat mir diese

Geschichte sehr behagt und mich mit einem breiten Grinsen

zurückgelassen. Köstlich!

 

„Der rote Teich" ist eine Einrichtung von Fürst Enno. Der hat nämlich

eine Schwäche für Fischgerichte. Aber irgendetwas an der jüngsten

Mahlzeit war offensichtlich nicht mehr ganz frisch, jedenfalls hat

Enno Magengrimmen und will sich selbst überzeugen, was denn nun nicht

stimmt. Und darum macht er sich auf den Weg zu dem Teich, der ein ganz

bestimmtes Geheimnis hütet. Eine Geschichte, die sich selbst nicht so

ganz nimmt und damit auch das zweite Highlight dieses Bandes. Da

fielen mir doch glatt die Erzählungen meiner Mutter wieder ein ...

 

„Die weiße Maske" ist rätselhaft für Harry. Hat sie etwas mit den

merkwürdigen Anrufen zu tun, die ihn seit einigen Tagen verfolgen? Das

Rätsel wird nicht wirklich gelüftet, aber die Geschichte nimmt einen

anderen Ausgang als gedacht. Ups, wie konnte die sich denn hierher

verirren? So waren meine ersten Gedanken nach der Lektüre. Ein wenig

gruselig ja, aber dann läßt Klotz doch die Luft heraus mit seiner

Lösung. Schade.

 

Alles in allem ein Band, der sich lohnt zu lesen. Gerade, wenn man

sich auch für ältere Werke der Phantastik interessiert, sollte man die

Bibliotheca Arcana genau im Auge behalten. Der Auftaktband war

jedenfalls gelungen.

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024042012051664d8850f
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Titel: Totenreigen

Autor: Wilhelm Klotz

Taschenbuch, 92 Seiten

Lindenstruth, 2002

ISBN: 3934273017

Erhältlich bei: Amazon

 


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Erstellt: 11.01.2007, zuletzt aktualisiert: 02.12.2021 18:51, 3339