Totentier von Nicole Siemer
Rezension von Christel Scheja
Die 1991 in Papenburg im Emsland geborene Nicole Siemer arbeitet hauptberuflich als Hörgeräteakustikerin und lebt zusammen mit ihren beiden Katzen in Lingen an der Ems. Schon in der Grundschule liebte sie es, fantastische Geschichten zu schreiben, aber richtig losgelegt hat sie erst nach 2017 und ihrem Belletristik-Fernstudium. Sie schreibt sehr gerne unheimliche Geschichte mit philosophischen Einschlag, das ist auch bei ihrem Psychothriller Totentier zu merken.
Ein Serienkiller geht in Grubingen um, zumindest lässt sich das durch die Art der Morde vermuten und nicht zuletzt auch das Motiv. Denn so unterschiedlich die Toten auch sein mögen, sie hatten alle etwas miteinander gemeinsam – sie haben mindestens ein Tier zu Tode gequält.
Während die Polizei die Ermittlungen aufnimmt und Aktivisten den Mörder feiern, weil sie ihn für einen Rächer mit edlem Motiv halten, kämpft Kriminalhauptkommissar Markus Penning immer noch mit seinen inneren Dämonen und dem Alkohol, die ihn seit dem gewaltsamen Tod seiner Frau nicht mehr los lassen.
Vor allem muss er sich nach den letzten Ereignissen fragen, ob er nicht vielleicht der Killer ist, denn er hat immer wieder Blackouts und Aussetzer, aus denen er wie in einem Traum erwacht, aber mit Dreck an den Händen und Füßen oder anderem …
Die Geschichte nimmt sich Zeit, um den Protagonisten aber auch das Thema einzuführen. Markus Penning hat die Liebe seines Lebens auf brutale Art und Weise verloren und kommt auch nach einem halben Jahr nicht darüber hinweg, tut das, was wohl viele Männer tun, wenn so etwas passiert – er betrinkt sich. Das ebnet den Boden für Halluzinationen und Blackouts, die er zwar meistens noch vor seiner Umgebung verbergen kann, ihn aber immer mehr verunsichern.
Als bekennender Tierliebhaber weiß er durchaus die Motive des Täters nachzuvollziehen und stellt sich mehr oder weniger halbherzig den Ermittlungen, an denen er wieder teilnehmen muss, als seine Suspendierung vorbei ist.
Die Spannung jedenfalls bleibt hoch, da sich die Autorin nicht scheut, die Dinge auch beim Namen zu nennen und gelegentlich brutal zu werden. Sie beschönigt nichts, was dafür sorgt, dass das, was passiert, sehr realistisch wirkt und die Leser gelegentlich auch einmal schlucken lässt.
Es gibt immer wieder überraschende Wendungen, denn nichts ist so, wie es scheint, die Psyche spielt vor allem Markus immer böse Streiche. Das ein oder andere ahnt man bereits früh, dennoch ist die Auflösung anders als erwartet, denn mehr Figuren haben Dreck am Stecken als man vermutet. Denn Gewalt gegen Tiere ist weiter verbreitet als man denken mag und nicht leicht zu erkennen, weil vieles unter den Tisch gekehrt wird.
Heraus kommt ein Roman, der immer wieder zu überraschen weiß, mit facettenreichen Figuren und bitterbösen Enthüllungen, aber auch einem Gewaltpotential, dass vielleicht nichts für zarte Gemüter ist.
Wen das nicht stört, der kann eine interessante Geschichte genießen, die geschickte Fäden zwischen dem persönlichen Weg der Hauptfigur und dem Fall spinnt und den Leser am Ende mit einem fiesen Grinsen zurück lässt.
Fazit:
»Totentier« verdient seine Bezeichnung, denn der Psychothriller hat es in sich und weiß von Anfang bis Ende spannend zu unterhalten und immer wieder zu überraschen, was nicht zuletzt am Umfeld des Helden und seiner Vorgeschichte liegt.
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