Tristopolis (Autor: John Meaney)
 
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Tristopolis von John Meaney

Rezension von Christian Endres

 

John Meaneys »Tristopolis« - das ist weder Dystopie, noch Utopie. Solche Muster sind fremd in Meaneys innovativ-eigenständigem Roman über seine Stadt der Zukunft, die ihre Kraft von den Gebeinen der Toten bezieht und auch sonst noch einige Verbindungen zu Geistern und scheinbar verlorenen Seelen hat: Maschinen werden von Geistern – mal gezwungen, mal aus freien Stücken – betrieben, Todeswölfe halten vor dem Polizei-Hauptquartier Wache, und überhaupt kann die gesamte Gesellschaft von Tristopolis ihre starke Verbindung zur knochenweißen bis schwarzen Welt der Verblichenen nicht leugnen.

 

Wahrlich, ein außergewöhnliches Setting für einen Science Fiction-Roman, zu dem sich dann auch noch Magie samt Nekromantie, Zombies, halblebendige Knochenmotorräder und zwergische Leichenräuber hinzugesellen, um die Kulisse für Meaneys düsteren SF-Krimi zu vervollständigen. Doch was großartig beginnt und mit einem prächtigen Cover seinen scheinbar perfekten Einstieg hat, bekommt nach 100 Seiten einen ersten Dämpfer, als sich der erste Bruch in der Geschichte zeigt. Danach fängt sich Meaneys Krimi zwar, und Meaney spielt das Setting auch wieder besser aus – aber ein fader Beigeschmack bleibt dennoch, zumal sich zwischenrein immer wieder die eine oder andere zähe Stelle mogelt und die Ermittlungen stellenweise auch nicht gar so interessant sind und rein von starken Charakteren wie Donal Riordan und eben vor allem der interessanten Kulisse Tristopolis’ getragen werden.

 

Stilistisch hingegen tut sich Meaney angenehm hervor, während er den Leser auf Ermittlungstour durch seinen beeindruckenden Moloch der Zukunft nimmt. Tristopolis, das ist der eigentliche Star dieses stellenweise ziemlich morbiden und schwermütigen Romans. Fast wünscht man sich, Meaney würde eher das Punktown-Konzept nutzen und seine urbane Schöpfung mehr in den Mittelpunkt rücken, sie von mehr Seiten beleuchten, die Gesellschaftsschichten, die Geister, die Struktur – hier wäre noch so viel Potential!

 

Die Qualität und der Drive der ersten gut hundert Seiten hätten Meaney und seinem »Tristopolis« für einen Platz auf dem Olymp zeitgenössischer SF-Klassiker genügt, ja vielleicht sogar einen modernen, innovativen Klassiker aus Stadt und Story gemacht. Einige Wendungen in der Geschichte sowie einige Längen untergraben diese Ambitionen und diesen Anspruch allerdings, und so bleibt nach 500 Seiten zwar ein über weite Strecken gutes, solides und wahrlich innovatives Werk zwischen schwarzer Technomagie und morbider Seelenpein in einer faszinierenden Stadt – jedoch auch ein Roman, der die Tiefe seines außergewöhnlichen Hintergrunds und das Potential seinen furiosen Beginns leider nicht ausschöpfen kann.

 

Dennoch ist »Tristopolis« definitiv einen Blick, Meaneys korrupter urbaner Energiefriedhof der Zukunft ohne Frage eine Reise wert. Und trotz der Allgegenwart des Todes bleibt die Hoffnung, dass das nicht der letzte Ausflug nach Tristopolis gewesen ist ...

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240329130246239f106c
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Tristopolis

Autor: John Meaney

Taschenbuch, 508 Seiten

Heyne, September 2007

ISBN-10: 3453522958

ISBN-13: 9783453522954

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 21.08.2007, zuletzt aktualisiert: 13.08.2022 14:14, 4720