Tristopolis (Autor: John Meaney)
 
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Tristopolis von John Meaney

Rezension von Carsten Kuhr

 

Tristopolis – das ist eine der faszinierensten Metropolen der phantastischen Literatur.

 

Tristopolis – das ist die Stadt der Toten.

 

Tristopolis – das ist eine Stadt in der die Maschinen von den entfleischten Gebeinen der Toten mit Energie versorgt werden.

 

Tristopolis – das ist eine Stadt in der Geister Maschinen beleben, in der Zombis einem Beruf nachgehen.

 

Tristopolis – das ist der Ort, an dem der schwarze Zirkel seine infamen Pläne vorantreibt.

 

 

Alles beginnt damit, dass Inspektor Donal Riordan einen neuen Auftrag bekommt. Er soll eine Opersängerin vor einem Attentat schützen. Ein Serientäter hat sich scheinbar auf Opernstars spezialisiert, doch warum der die Diven zuerst meuchelt, und später dann ihre Leichen stiehlt ist selbst in der Stadt der Toten ein Rätsel.

 

Die Diva selbst entspricht allen geläufigen Klischees. Sie ist eingebildet, imposant und bezaubernd. Damit nicht genug, verzaubert sie die Massen mit ihrer Kunst. Auch Riordan fällt ihrer stimmlichen Wucht und Ausstrahlung zum Opfer. Doch auch wenn er als Einziger dem magischen Bann, der auf den Zuschauern des Operhauses liegt abschütteln kann, den Tod der Diva kann auch er letztlich nur verzögern, nicht verhindern.

 

Schwer verletzt wird Riodran ins Krankenhaus eingeliefert, und noch am Krankenlager von einer Spezialeinheit rekrutiert. Die Leiterin der geheimen Einsatztruppe, ein Zombi und gleichzeitig eine der reichsten und begehrtesten Frauen Tristopolis´ verfolgt den schwarzen Zirkel, einen magischen Geheimbund dem die mächtigsten Honoratoren der Metropole angehören, und der es auf die Gebeine herausragender, genialer Künstler abgesehen hat, deren Berührung orgiastische Wonnen auszulösen vermag ...

 

 

 

Es ist selten, dass es einem Autoren gelingt etwas wirklich eigenständig Neues zu schaffen. John Meaney ist es mit diesem Auftaktband einer projektierten Trilogie gelungen mich zu überraschen.

 

Mit Witz, morbidem Einfallsreichtum und bizarrer Phantasie schafft er eine Welt, wie wir sie so noch nie gesehen haben. Dabei hält er für jedes Mysterium eine Erklärung bereit, alles ist in sich logisch verzahnt. Geschickt vermeidet er es, seine Welt pseudo-wissenschaftlich erklären zu wollen, er lässt seine Schöpfung für sich selbst sprechen, ihre Wirkung auf den Leser ausüben.

 

Immer tiefer zieht uns die eigentlich einfach gestrickte Grundhandlung, der Suche nach dem Täter, dem Motiv und den Verantwortlichen in ihren Bann. Dabei bewirkt insbesondere die düstere Ausstrahlung Tristopolis´, die mich sehr an die Städte Philip K. Dicks oder China Miéville erinnerten, und die ihre Gassen, heruntergekommene Hafenviertel und hochherrschaftliche Anwesen bevölkernde geschundene Gestalten ein Hineintauchen in die Handlung.

 

 

Neben den faszinierenden Figuren, einige davon sind gar nicht materiell, sondern reine Geister, die ihren Dienst voller Hingabe erfüllen, aber auch einen eigenen Willen haben, andere gescheiterte Existenzen, jeder eigentlich mit einer nüchtern zum Teil erst nach und nach sich offenbarenden Macke ausgestattet, sind es insbesondere die aussergewöhnlichen Ideen, die das Werk zu etwas Besonderem machen.

 

Energie für eine ganze Stadt aus den Knochen Verstorbener zu ziehen, künstlerische Potenz, den Geist des Genies über die Knochen längst Verstorbener zugänglich zu machen, Städte, die in gigantischen Glasebenen über- und untereinander angeordnet sind, intelligente Fahrstühle, morphende Motorräder – der Erfindungsreichtum Meaneys ist scheinbar unerschöpflich und verblüfft ein ums andere Mal.

 

Einzig das zu schnell abgehandelte Finale, das den Grundstein für die Handlung des folgenden Bandes legen muss und entsprechend gestaltet wurde stört den durchweg guten Eindruck des Buches ein wenig.

 

Ansonsten ein Titel, der durch die Wucht seiner Bilder beeindruckt, dessen äussere Gestaltung von Franz Vohwinkel preisträchtig ist und der Appetit auf den folgenden Teil macht.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240419210218e8455628
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Tristopolis

Autor: John Meaney

Broschiert: 508 Seiten

Verlag: Heyne (September 2007)

Sprache: Deutsch

ISBN-10: 3453522958

ISBN-13: 978-3453522954

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 16.08.2007, zuletzt aktualisiert: 13.08.2022 14:14, 4691