Vater, Mutter, Tod von Siegfried Langer
Rezension von Ralf Steinberg
Verlagsinfo:
Wenn dir das Liebste genommen wird – was würdest du tun?
Ein Vater, der große Schuld auf sich lädt.
Eine Mutter, die alles tun würde, um ihren Sohn zurückzubekommen.
Ein Junge, der tot in einer Berliner Wohnung liegt.
Eine Frau, deren Erinnerungen sie betrügen.
Kommissar Manthey sucht nach den Zusammenhängen. Er will ein Kind retten – um jeden Preis. Und stößt auf einen Abgrund aus Verzweiflung und Wahn.
Rezension:
Vater, Mutter, Tod von Siegfried Langer beginnt mit einer harten Szene. Der Leser wird direkt mit häuslicher Gewalt, Angst und sozialem Abgrund konfrontiert. Obwohl am Ende ein totes Kind steht, spürt man sofort, dass es damit nicht zu Ende sein kann, zu bedrohlich ist die aufgebaute Stimmung.
Was der Autor aus der beklemmenden und schockierenden Anfangsszene zaubert, ist aber zunächst nicht das Erwartete. Vielmehr stürzen wir in eine schnelle Abfolge von Verschachtelungen die sowohl zeitlich als auch von ihrer Realitätsnähe schwer einzuordnen sind. Dann aber verteilen sich die Figuren. Die Mutter des toten Kindes, die Mutter des entführten Kindes und etwas später der Polizist.
Langer präsentiert seine Puzzleteilchen schnell und mit sachlicher Schärfe. Die in den Kapitelüberschriften angekündigte Katharsis nähert sich mal schnell, springt wieder zurück, es werden Informationen präzisiert oder durch die geistig verwirrte Jaqueline neu dargestellt, bis man ungefähr in der Hälfte des Romans alles beisammen hat. Aber erneut ist es nicht zu Ende. Denn nun nimmt sich Langer die Zeit, das Geschehen zu unterfüttern. Motive auszubauen, die Lebensläufe der Figuren miteinander zu verknüpfen und ihnen eine Rolle in der Umwelt zuzuweisen.
Dadurch gelingt es ihm, die eher stereotypen Charaktere mit Leben anzureichern. Es gibt Verknüpfungen zum Mauerfall, zum sozialen Abstieg, zu Gegenentwürfen - jedoch ohne Be- oder Verurteilungen. So wie der Psychologe im Roman sich auch für die Täter einsetzt und damit im Kontrast zum aufbrausenden Polizisten steht, bleiben auch die anderen Konflikte unkommentiert. Der Leser wird mit Beobachtungen konfrontiert, Schlüsse muss er selbst ziehen.
Diese teilnahmslose Beschreibung erinnert an die präzisen Milieustudien französischer Krimis und hinterlässt gerade wegen ihrer Unaufgeregtheit ein größeres Schaudern als selbstgefällige Boulevardschlagzeilen. Langers Figuren sind betroffen. Sie agieren innerhalb ihrer Möglichkeiten, versuchen mit dem Leben klarzukommen, einige auf der Gewinnerseite, andere gegenüber. Sind in ihren Möglichkeiten ganz normal. So wie Leid und Wahnsinn ständig in unserer Nähe lauern.
Das gelungene Cover von Maria Dorner weist den thematischen Weg, ohne etwas zu verraten und gibt die Stimmung des Romans exakt wieder.
Fazit:
»Vater, Mutter, Tod« ist ein schneller und eindringlicher Thriller. Er konfrontiert uns mit dunklen Seiten und berührt eine Stufe unseres Alltags, die nur wenige Schritte entfernt ist. Ein kurzes, aber nachhaltiges Lese-Erlebnis.
Nach oben