Verschwunden (Autor: Roderick Anscombe)
 
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Verschwunden von Roderick Anscombe

Rezension von Julia

 

Roderick Anscombe ist nicht nur Gerichtspsychiater, sondern auch Professor für Psychiatrie, was ihm natürlich ein gewisses Hintergrundwissen haben lässt, das optimal für Krimis verwendet werden kann. Das er auch durchaus auf seine Arbeit zurückgreift, um sich Ideen und Anregungen zu holen, kann man nach der Lektüre dieses Buches annehmen.

 

In Boston gibt es eine Sozialstation für minderjährige Schwangere und Mütter. Hier wird die dort lebende achtjährige Danielle einkaufen geschickt, doch sie kehrt nicht zurück, wird stattdessen entführt. Von dem Mädchen fehlt jede Spur, nur eine Obdachlose alte Frau hat die Entführung mitangesehen, doch da sie schizophren ist, kann man ihrer Aussage wohl nicht unbedingt trauen, jedenfalls nimmt man sie nicht für voll. Abby, die diese Sozialstation leitet, wendet sich hilfesuchend an ihren Mann, den Psychiater Doctor Paul Lucas, damit er ihr helfend unter die Arme greift und sich die Obdachlose einmal anhört. Abby hat den Tod ihres gemeinsamen Sohnes noch nicht verkraftet und sich gefühlstechnisch weit von Paul entfernt, sodass dieser gar nicht anders kann, als Abby zu helfen, versucht er doch beständig seine Ehe zu retten. So erfährt er, dass das Mädchen in einem weißen Van verschleppt worden ist.

Als er diesen Hinweisen nachgeht und die Polizei unterstützt, stößt er auf den Fahrzeugbesitzer, einen vorbestraften Mann. Dieser scheint jedoch ein wasserdichtes Alibi zu haben und kann offenbar aus diesem Grund nicht der Täter sein, außer wenn das Alibi gefälscht sein sollte. Abby ist auf jeden Fall überzeugt davon, dass der Verdächtige lügt und der wahre Täter ist, immerhin spricht auch sein Vorstrafenregister dafür. Sie beginnt Paul psychisch zu zusetzen, bis sich dieser dem Einfluss seiner Frau nicht mehr länger entziehen kann und alle Register zieht, um an die Wahrheit und vor allem den Aufenthaltsort des Mädchens zu kommen. Die Zeit wird zudem knapp, denn die Temperaturen steigen und das Mädchen ist schon längere Zeit über verschwunden und womöglich irgendwo alleine eingesperrt, was dazu führen könnte, das sie an Flüssigkeitsmangel sterben muss.

 

Dieses Buch schließt man mit sehr gemischten Gefühlen. Es gibt wenige Autoren, die diese Fähigkeit besitzen Leser von Anfang an in ihren Bann zu ziehen. Roderick Anscombe gehört aber eindeutig zu ihnen. Rasend schnell ist man tief in seiner Geschichte versunken, kann sich weder ihrem Verlauf noch den Charakteren entziehen und erlebt ein spannendes und kompliziertes Abenteuer der Extraklasse. Man fiebert bis zum Schluss, obwohl man recht schnell weißt, wer der Täter ist, ist entsetzt über all die dunklen Schatten der Seele, die hier offenbart werden und ist dann tief enttäuscht vom Schluss. Aber davon später mehr.

Abby ist verzweifelt und an ihrem Verlust fast zerbrochen, weswegen sie manchmal kaum bei klarem Verstand zu sein scheint. Ihr Mann kann sich gegen ihr eindringliches Flehen nicht erwehren und ist schließlich bereit gewisse Grenzen zu überschreiten und seinem Gefangenen, dem potentiellen Täter auf Gewalt anzutun, was nicht legal ist. Hier wird die Frage aufgeworfen, ob es in Ordnung ist so etwas zu tun, wenn man damit das Leben eines Kindes retten kann. Auch die Problematik des Kindesmissbrauchs wird thematisiert.

Gelegentlich wirken die Charaktere etwas schwach, fast schon archetypisch, aber sie tragen ihren Teil zur Spannung der Geschichte zu und passen zu ihrem Umfeld. Die angewandten Methoden zur Auffindung und des Verhörs sind mehr als fragwürdig und beginnen irgendwann sich zu wiederholen, bleiben jedoch noch im Rahmen.

Dem Verlag muss man an dieser Stelle leider den Vorwurf machen, das er schon wieder nicht darauf aufmerksam gemacht hat, das hier ein Teil einer Serie vorliegt und kein einfacher Krimi. Es ist einfach ärgerlich, wenn man das bemerkt, auch wenn man das Buch versteht, ohne den Vorgänger gelesen zu haben.

Das wirklich enttäuschende an diesem Buch ist aber der Schluss, der nicht nur viel zu plötzlich daherkommt, sondern auch sehr naiv und unwirklich ist. Das macht die Geschichte ein gewisses Stückweit leider kaputt, obwohl man ansonsten nur wenig auszusetzen hat.

 

Alles in allem liegt hier ein weiterer (2.?) Teil einer Krimi-Reihe vor, der wieder einmal nicht als solcher gekennzeichnet war. Die Geschichte ist in sich selbst abgeschlossen und überzeugt durch Gewissenskonflikte und ethische Fragen, die nach wie vor aktuell sind. Die Geschichte ist spannend, der Schluss schwächelt, dennoch ist das Buch für ein paar Lesestunden geeignet.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404251209238d66c1b5
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Verschwunden

Autor: Roderick Anscombe

Broschiert: 432 Seiten

Verlag: Droemer/Knaur (1. März 2009)

Sprache: Deutsch

ISBN-10: 3426638304

ISBN-13: 978-3426638309

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 22.04.2009, zuletzt aktualisiert: 25.01.2024 16:01, 8602