Vier Vögel am Galgen (DVD)
 
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Vier Vögel am Galgen

Rezension von Björn Backes

 

Richard Fleischer ist als Regisseur eine der verdientesten Persönlichkeiten der Kinogeschichte. Mehr als 60 Produktionen gehen auf seine Kappe, darunter Meilensteine wie der zweite „Conan“-Streifen und die Adaption des Jules Verne-Abenteuers „20.000 Meilen unter dem Meer“. Im Laufe seiner bis 2006 anhaltenden Laufbahn widmete sich Fleishcer auch intensiv dem Western-Segment. Sein 74er-Streifen „The Spikes Gang“, hierzulande unter dem Titel „Vier Vögel am Galgen“ publiziert“, gehört zu seinen bedeutsamsten Werken und wird dieser Tage nun endlich auch im digitalen Format veröffentlicht.

 

Story:

Die ländliche Tristesse macht den drei Jugendfreunden Les, Will und Tod mächtig zu schaffen. Ihr Abenteuerdrang wird auf den Farmen nicht annähernd befriedigt, und als die Geschichten aus dem Wilden Westen immer spannender werden, ist dem Trio klar, dass es eines Tages auch ein spektakuläreres Leben führen möchte. Die Ankunft des in die Jahre gekommenen Banditen Harry Spikes kommt den drei Kompagnons gerade recht; Spikes plant einen großen Bankraub und sucht noch nach Mitstreitern für sein waghalsiges Unternehmen. Nachdem es den drei Burschen gelungen ist, ihn für längere Zeit zu verstecken, entschließen sie sich, ihn zu begleiten. Doch Spikes, der bereits vorzeitig die Flucht antreten musste, ist nicht mehr aufzufinden. Erst auf dem Weg nach Mexiko kann sich der Schwerstverbrecher für die Hilfe der drei erkenntlich zeigen. Ein gemeinsamer Bankraub ist beschlossene Sache, avanciert aber zur unmittelbaren Katastrophe: Ein Unbeteiligter wird erschossen, und der Vorfall bringt die drei bislang namenlosen Freunde auf die Fahndungsliste der Sheriffs. Les, Will und Tod bleibt nur die Flucht – die Flucht vor dem Galgen!

 

Rezension:

Man muss manchmal staunen, welche irreführenden Titel man den amerikanischen Western hierzulande verpasst hat. Es dürfte jedenfalls nicht wenige geben, die hinter „Vier Vögel am Galgen“ einen unbekannten Streifen um das dynamische Duo Spencer/Hill vermutet hätten, da die Überschrift gewissermaßen auch einen Western/Comedy-Mis suggeriert. Um dies also direkt mal zu entkräften: Nein, es geht weder um die schlagkräftigen Hauptdarsteller aus Italien, noch um Klamauk oder dergleichen innerhalb der Handlung.

 

Stattdessen greift „The Spikes Gang“ ein Thema auf, das im Western immer nur leicht berührt wurde, aber nie zum zentralen Inhalt eines Streifens aus der Prärie gemacht wurde: Die Einsamkeit und das rückständige Leben auf dem Land. Während andernorts spektakuläre Raubüberfälle, Saloon-Partys und Grabenkämpfe zwischen Rothäuten und Cowboys die Szenerie erschüttern, ist es auf den Farmen stets ruhig, sollte nicht zufällig ein Ganoventreck vorbeiziehen und sich am Vieh bereichern. Diesen Punkt als Inspiration zu nehmen, war für Fleischer sicherlich ein gewagtes Unterfangen, da es letzten Endes darum ging, Klischees bewusst aufzuheben ohne dabei in neue Klischees hineinzustürzen. Doch siehe da: Der spätere Workaholic hat diese Situation blendend gelöst.

Natürlich war seinerzeit die Verpflichtung von Lee Marvin ein Schlüsselereignis, welches der Crew dabei half, die Produktion direkt in die richtige Spur zu lenken. Was den drei jugendlicheren Kollegen hier und dort noch an Ausstrahlung fehlt, macht der alte Haudegen, der den Verbrecher Spikes sehr authentisch und treffend mimt mit seiner ganzen Erfahrung wieder wett und reißt mit einem Ruck sofort die komplette Initiative an sich. Was für ein Gewinn für diesen träge beginnenden, später aber sehr actionreichen Western!

 

Die Story an sich fußt natürlich auf einigen unkonventionellen Ansätzen, entwickelt sich aber auf diesem alternativen Weg ebenfalls nach und nach zum Reißer im klassischen Format. Es gibt Auseinandersetzungen mit dem Schießeisen, verwegene Verfolgungsjagden, flotte und freche Dialoge und zuletzt auch einige typische, wenn auch nicht immer erahnte Wendungen im Verlauf des Plots. Das Tempo stimmt, das Setting ist gleichsam prima gewählt, und auch wenn manche Charaktere in den ersten Szenen noch ein wenig farblos wirken, so löst sich auch diese Schwierigkeit im weiteren Verlauf von selbst, weil vor allem die drei jungen Protagonisten von Szene zu Szene souveräner in ihre Rolle hineinwachsen. Mit der Schlusssequenz steht jedenfalls der Eindruck, dass „Vier Vögel am Galgen“ gerade aufgrund seiner inhaltlichen Eigenwilligkeit und der darin immer wieder spürbaren Tendenz zum Klassischen zu den wertvollsten, mitunter am meisten unterbewerteten Streifen seiner Gattung gehört.

 

Die Aufbereitung der zugehörigen DVD schließt sich dem ordentlichen Gesamtbild. Der Transfer des Bildes ist weitestgehend verschmutzungsfrei und für die Zeitspanne von 35 Jahren in gewisser Weise zeitgemäß. Beim Ton ist hingegen hervorzuheben, dass die Spuren ohne Nebengeräusche wiedergegeben werden und ebenfalls keine Kritik rechtfertigen. Lediglich bei den Extras muss man Ein bußen in Kauf nehmen. Neben dem Trailer, einer Bildergalerie und den standesgemäßen Infos im Booklet gibt es keinen Bonusstoff auf dem Silberling.

 

Fazit:

Es bleibt zu hoffen, dass sich niemand vom Titel dieses erstklassigen Westerns verwirren lässt. „Vier Vögel am Galgen“ ist nämlich ein relativ ernster, spannender, in vielerlei Hinsicht auch ungewöhnlicher Beitrag zum amerikanischen Genre und einer der wertvollsten Releases im Katalog des renommierten deutschen Vertriebs Koch Media.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240425165748c02a3649
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DVD:

Vier Vögel am Galgen

Originaltitel: The Spikes Gang

USA 1973

Regisseur: Richard Fleischer

Komponist: Fred Karlin

Format: Dolby, PAL

Sprache: Deutsch (Dolby Digital 2.0), Englisch (Dolby Digital 2.0)

Region: Region 2

Bildseitenformat: 16:9 - 1.77:1

FSK: 16

Koch Media, 21. August 2009

Spieldauer: 93 Minuten

 

ASIN: B002AKD3W0

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Darsteller:

Lee Marvin

Gary Grimes

Ron Howard


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Erstellt: 15.11.2009, zuletzt aktualisiert: 12.09.2023 16:21, 9525