Wächter der Nacht (Autor: Sergej Lukanienko; Bild am Sonntag & Weltbild – Fantasy-Bibliothek, Bd. 8)
 
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Wächter der Nacht von Sergej Lukanienko

Band 8 der Bild am Sonntag und Weltbild Fantasy-Bibliothek

Rezension von Christel Scheja

 

Fantasy ist in den Ländern des ehemaligen Ostblocks im Gegensatz zu der Science Fiction eher ein wenig beachtetes Genre, da es mit den Gedanken des Sozialismus durch die feudale Struktur vieler Welten kollidierte und in die Vergangenheit, nicht die Zukunft gerichtet war. Schon allein das Märchen passte nicht in die von kommunistischen Idealen geprägte Welt. Und da noch weniger Werke jenseits des eisernen Vorhangs veröffentlicht wurden, glaube man im Westen lange Zeit, dass Fantasy als Teil der russischen Phantastik gar kein Thema sei.

Der Fall der ideologischen und auch sichtbaren Grenzen veränderte jedoch vieles. Nun wurden auch Fantasy und Horror interessant. Die neuen Autoren ließen sich vielleicht von westlichen Einflüssen inspirieren, erschufen aber dennoch ganz eigenständige Werke.

 

Zu diesen gehört Sergej Lukanienko. Seine Romantrilogie ist in Russland wesentlich bekannter als „Der Herr der Ringe“ oder „Harry Potter“ und wurde international durch die aufwendige Verfilmung des ersten Bandes „Wächter der Nacht“ bekannt. Auch die Nachfolgeromane „Wächter des Tages“ und „Wächter des Zwielichts“ sollen noch ins Kino gebracht werden.

 

Seit ewigen Zeiten leben die „Anderen“ unerkannt zwischen den ganz normalen Menschen. Sie allein sind dazu fähig, das Zwielicht wahrzunehmen und zu nutzen. In dieser übersinnlichen Welt können sie Magie und Gefühle wahrnehmen, Wege abkürzen und so manches andere bewirken – sich aber auch für immer in ihr verlieren. Einige von ihnen sind bereits als Magier, Hexen, Vampire oder Gestaltwandler geboren worden, andere jedoch wachsen zunächst als Menschen heran und lernen unbewusst, das Zwielicht zu berühren. Wenn sie dann nicht rechtzeitig initiiert werden und lernen mit ihren Kräften umzugehen, könnten sie jämmerlich zugrunde gehen.

Aufgrund ihres Charakters und ihrer Fähigkeiten wenden sich die einem dem Licht, die anderen dem Dunkel zu – Gut und Böse unterliegen aber Regeln, auf deren Einhaltung seit langer Zeit zwei Organisationen achten: die „Tagwache“ und die „Nachtwache“. Argwöhnisch belauern sich die Magier des Dunkels und des Lichts und versuchen das zerbrechliche Gleichgewicht der Kräfte in der Waage zu halten.

Doch nun zieht ein Serienmörder durch Moskau und hinterlässt eine Spur des Todes in der Stadt. Die Nachtwache ist aufgeschreckt, denn der Täter scheint ihnen immer einen Schritt voraus zu sein. Gibt es einen Verräter in ihren Reihen, der die Dunklen dezimiert und diese zu Gegenreaktionen provoziert?

Anton ist eher ein schlechter Magier und durchschnittliches Mitglied der Nachtwache, aber er steht bald im Mittelpunkt des Geschehens. Muss er zunächst noch einen seltsamen und gefährlichen Fluch von einer Frau nehmen, so wird ihm bald die Beobachtung eines Jungen anvertraut, der erst vor kurzem in Berührung mit dem Zwielicht gekommen ist, aber schon verspricht ein großer Magier zu werden – leider weist alles darauf hin, dass man ihn nicht für die gute Seite gewinnen werden kann. Und auf diesen richtet sich schließlich der Zorn des Unbekannten. Doch warum – das weiß niemand zu sagen.

 

All dies wird aus der Sicht Antons erzählt, einem ganz normalen Typen, der trotz seiner besonderen Gaben nicht übermütig wird und seine Chancen realistisch einzuschätzen weiß. Von der Atmosphäre her fühlt man sich in ein Ermittlerteam versetzt, wie man es zur Zeit aus Serien wie „Navy CIS“ oder sogar „CSI Las Vegas/New York“ kennt. Die Helden betätigen sich als Ermittler, um dem Mörder auf der Spur zu kommen. Dabei klingen immer wieder Probleme und Gefahren an, die mit Sicherheit in den kommenden Bänden thematisiert werden.

Und man bewegt sich nicht zuletzt in einem Umfeld, dass durch die oben genannten Serien vertraut geworden ist, in den dunklen Hinterhöfen, Ghettos und Gassen einer längst zum Sumpf gewordenen Metropole. Nur besitzen die Täter hier viel mehr Fähigkeiten und ganz andere Motive als menschliche Psychopathen. Die Atmosphäre aber ist die gleiche und macht „Wächter der Nacht“ zu einer interessanten Lektüre, die einen zunächst leicht irritiert, dann aber in den Bann schlägt.

Dank den sympathischen und eigenwilligen Charakteren der „Nachtwache“ fiebert man den Abenteuern des in Episoden aufgeteilten Romans bald gespannt nach und möchte mehr erfahren. Das macht den Roman zu einem unterhaltsamen und ungewöhnlichem Leseerlebnis.

 

„Wächter der Nacht“ spielt nicht in einer archaischen und fremden Welt, sondern im Moskau der Jetztzeit. Diese Ausprägung des Genres nennt man „Urban Fantasy“. Durch die Welt des Zwielichts ist eine mystisch-magische Umgebung geschaffen.

Horrorelemente wie Vampire und Gestaltwandler oder die mehr an übersinnliche Phänomene erinnernde Magie und nicht zuletzt auch die düstere Handlung rücken Sergej Lukanienkos Roman in die Nähe der „Dark Fantasy“.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024042423343620d3a836
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Wächter der Nacht

Reihe: Bild am Sonntag & Weltbild – Fantasy-Bibliothek, Bd. 8

Autor: Sergej Lukanienko

gebunden, 502 Seiten

Weltbild Verlagsgruppe, erschienen 04. Dezember 2006

ISBN 3-89897-524-X

Übersetzung aus dem Russischen von Christiane Pöhlmann

Titelbild und Innenillustrationen von Jan Patrick Krasny

Erhältlich bei: Amazon

 


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Erstellt: 09.12.2006, zuletzt aktualisiert: 11.04.2024 08:46, 3185